Von Rekordinvestitionen bei der Bahn ist derzeit die Rede. 86 Milliarden Euro bis 2030 sind es bundesweit allein für die Infrastruktur auf der Schiene und an Bahnhöfen. Ein Bruchteil davon fließt nach Konstanz, der Bruchteil eines Bruchteils wiederum in den Bereich Barrierefreiheit. Denn die Bahnsteige sollen endlich Aufzüge erhalten; das Reisen also nicht nur mit schwerem Koffer oder unhandlichem Kinderwagen bequemer, sondern für Menschen mit Behinderung erträglicher werden.

Nur: Warum verzögert sich die Inbetriebnahme der Aufzüge seit inzwischen vier Monaten? Ursprünglich sah der Zeitplan laufende Fahrstühle ab Juni 2019 vor. Ob sie noch ab Oktober genutzt werden können, darf zwar gehofft werden – sicher ist jedoch auch das nicht.
Absperrgitter versperren den Zugang zu den Aufzügen
Von außen betrachtet hat es den Anschein, als müsste eine unkomplizierte Fahrt zu den Bahnsteigen zwei und drei schon möglich sein – wenn da nicht weiß-rot gestreifte Absperrgitter die Zugänge verbieten würden.
Warten auf die Notrufgeräte für die Aufzüge
Das neuerliche Platzen des Zeitplans hängt mit Problemen mit den Notrufgeräten für die Aufzüge zusammen. Zuvor hatten bereits Lieferschwierigkeiten bei der technischen Ausrüstung zu einer Verzögerung bis Ende Juli oder Anfang August geführt.
„Die Aufzugsbaufirma hat nach wie vor Probleme mit den internen und externen Abnahmen„, teilt Anja Fuchs vom Pressebüro der Stadt nach Rücksprache mit der Bahn auf Anfrage mit. Die mit dem Bau beauftragte Firma habe mittlerweile Ersatz-Notrufgeräte erhalten, diese würden nun „umgehend eingebaut und aufgeschaltet“. Für Bahnhof-Aufzüge im Dauerbetrieb sei eine funktionierende Aufschaltung auf eine Notrufleitzentrale notwendig.
Die Stadt macht Hoffnung: Im Oktober könnte die Inbetriebnahme erfolgen
Nur wenn die Abnahmen erfolgreich verlaufen werden, kann laut Stadtverwaltung eine Inbetriebnahme noch im Oktober erfolgen. Für die Menschen in Konstanz – gleichsam Kunden der Bahn – sorgen die Verzögerungen im besten Fall für ein Schmunzeln über eine unendliche Baugeschichte. Nicht selten ist der fehlende Baustein in Sachen Barrierefreiheit aber ein echtes Ärgernis.
Kürzlich sagte eine Sprecherin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL): „Als Mensch mit Behinderung kann man eigentlich nicht flexibel Bahn fahren.“ Anlass war die Nachricht, dass knapp die Hälfte der rund 800 Bahnhöfe in Baden-Württemberg sanierungsbedürftig ist.
Vorläufig muss auf den Übergang am Schweizer Bahnhof ausgewichen werden
Vielfach mangelt es, wie in Konstanz, an der Barrierefreiheit. Das passt nur schwer zum Wunsch von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Bahnhöfe sollen Drehscheibe der Mobilität werden.“
Die Stadtverwaltung Konstanz verweist Menschen mit Behinderung einstweilen auf den barrierefreien Übergang auf Höhe des Schweizer Bahnhofs. „Dieser steht den betroffenen Reisenden weiterhin zur Verfügung“, stellt die städtische Sprecherin Anja Fuchs fest. Aktuell bleibe es am Bahnhof bei der Lage der vergangenen Jahre.