Alex Schroff schiebt mit dem rechten Zeigefinger seine Brille etwas nach oben, fährt sich mit der Hand über den Mund und lächelt. „Nein, nein“, sagt er schließlich. „Mir graut es nicht vor dem Schmotzigen Dunschtig. Das wäre falsch. Ich gehe mit einem positiven Gefühl in diesen Tag hinein.“ Der 44-Jährige ist Bereitschaftsleiter und Verbandsführer beim Ortsverein Konstanz des Deutschen Roten Kreuzes.
„Wir lieben es zu helfen“
Wenn andere Menschen sich amüsieren, schiebt er seinen ehrenamtlichen Dienst. Wobei das zu negativ klingt. Das hört sich an wie bei der Bundeswehr, als es noch die Wehrpflicht gab. Die Rekruten damals haben Dienst geschoben. Alex Schroff und die anderen Mitarbeiter sind mit Begeisterung dabei. „Wir lieben es zu helfen“, erklärt der studierte Software-Fachmann. „Ansonsten würden wir unsere Freizeit nicht für diese Beschäftigung opfern.“

Hobby, Familie, Urlaub? Fehlanzeige
Hobbys? „Habe ich eigentlich nicht. Nur das Rote Kreuz.“ Familie? „Habe ich nicht. Nur das Rote Kreuz.“ Urlaub? „Der geht fürs Rote Kreuz drauf.“ Zu Hochzeiten hat Alex Schroff 1500 Stunden pro Jahr als Retter gearbeitet, derzeit sind es rund 800. „Eine ganze Menge“, wie er selbst sagt. „Wenn man bedenkt, dass man 2000 Stunden pro Jahr für seinen eigentlichen Arbeitgeber im Einsatz ist und das noch oben drauf kommt...“ Er unterbricht den Satz und schüttelt dezent den Kopf. So, als würde er eben erst realisieren, wie viel Zeit er im Ehrenamt verbringt.
Am Wochenende ist Alex Schroff mit seinen Kollegen auf großen oder kleinen Veranstaltungen vor Ort. Seenachtfest, Oktoberfest, Campus Festival, Fasnachtveranstaltungen oder Turniere aus dem Bereich des Sports. „Überall, wo zum Beispiel Sanitätsdienst dabei sein muss“, erklärt er.

Organisatoren, die nicht mal Danke sagen...
Mit den Organisatoren hat er unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Die einen sind dankbar, die anderen halten es nicht für nötig, bei den freiwilligen Helfern vorbeizuschauen. „Xhavit Hyseni, der Chef vom Campus Festival, ist großartig. Die Zusammenarbeit mit im und die Vorbereitung auf das Festival sind toll.“
Bei der Konstanzer Version eines großen Bierfestes Münchner Ursprungs ist ihm der Spaß bei der Arbeit jedoch vergangen. „Da gibt es Politiker oder andere hohe Tiere, die halten es nicht mal für nötig, Grüß Gott zu uns zu sagen. Das ist echt desillusionierend.“
Wertschätzung sieht anders aus
Er habe sich mittlerweile damit abgefunden. Wertschätzung der Auftraggeber? „Das ist ein ständiges Thema bei uns“, sagt er. „Wir freuen uns, dass wir so eine super Stimmung im Team haben und dass wir uns so gut verstehen. Das treibt uns an.“
Am Schmotzige werden rund 50 freiwillige Helfer vom Roten Kreuz und von den Maltesern bereit stehen, wenn tausende von Mäschgerle auf den Straßen unterwegs sind. Alkohol ist eine der Hauptursachen für Hilferufe. Nicht der übermäßige Konsum alleine – auch und vor allem die Folge davon: Stürze, übermütige Aktionen oder dadurch hervor gerufene Aggressionen. „Schön ist es, wenn Patienten sich hinterher bei uns bedanken“, erzählt Alex Schroff. „Oder wenn Personen zu uns kommen und Danke sagen.“
Einsatz von neun bis zwei Uhr
Um 9 Uhr beginnt er mit der Einsatzleitung und Koordination, die Hilfestelle am Fischmarkt beim SÜDKURIER-Stand ist ab 9 Uhr besetzt, der Posten am Bürgersaal ab 10 Uhr. Das geht dann bis tief in die Nacht hinein. „Da einige Kollegen ebenfalls Fasnachter sind und selbst feiern gehen, kommen schon mal 16-Stunden-Einsätze an diesem Tag zusammen“, berichtet der Bereitschaftsleiter.
Professionell sind sie alle
„Dazu kommt ja auch noch der Regelrettungsdienst.“ Das ist die so genannte professionelle präklinische medizinische Hilfe für Notfallpatienten. Professionell bedeutet in diesem Fall, dass diese Personen ihren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit verdienen. Professionell im Sinne von sehr gut und ausgebildet sind auch die, die in ihrer Freizeit helfen.
100 Kurse pro Jahr alleine in Konstanz
„Unsere Ausbildungen sind sehr Zeit intensiv und qualitativ sehr gut“, so Alex Schroff, der selbst regelmäßig Lehrgänge leitet. 100 solcher Kurse finden alleine in Konstanz statt. „Die teilen wir uns auf.“ Während bei der Feuerwehr eine Freistellungspflicht besteht, sind die Rot-Kreuz-Mitarbeiter auf kulante Arbeitnehmer angewiesen. „Das funktioniert meistens ganz gut“, weiß der 44-Jährige. Alles andere wäre unverständlich – immerhin geht es hier um einen eminent wichtigen Dienst an der Gesellschaft.

Bereits als Fünfzehnjähriger kam der Dingelsdorfer zum Roten Kreuz. Zuvor war er als Pfadfinder unterwegs und lernte den Wert einer guten Kameradschaft kennen und schätzen. „Das hier ist für mich wie Heimat“, sagt er. „Wenn wir nach Einsätzen zurückkommen und darüber reden, haben wir ein gutes Gefühl.“ Auch die Geselligkeit darf nicht zu kurz kommen. Vor allem nach dem Dienst am Schmotzige Dunschtig. „Dann sitzen wir hier im Aufenthaltsraum in der Luisenstraße noch länger und lassen den Abend ausklingen.“