Es war ein Vorwurf, der saß: Zur Bürgersprechstunde im Gemeinderat waren Anwohner der Flüchtlingsunterkunft im Zergle gekommen, und mit dabei hatten sie eine Information, die sie beunruhigte: "Es heißt, die Verwaltung plant eine höhere Belegung der Unterkunft – über die Köpfe der Anwohner hinweg", sagte Birgit Denk in Richtung Sozialbürgermeister Andreas Osner. Der beschwichtigte: "In der Baugenehmigung stehen 67 Personen. Diese Zahl ist für uns bindend, und daran halten wir uns. Auch, wenn der Druck auf die Anschlussunterbringung größer wird." Am morgigen Dienstag, 21. Februar, kann die Unterkunft, über die von Anfang an heftig diskutiert wurde, besichtigt werden. Ab 17.30 Uhr ist die dreigeschossige Wohnanlage im Mühlenweg 15/17 geöffnet, und Fachpersonal beantwortet Fragen zu den Themen Unterbringung, Sozialer Dienst, Integration und Ehrenamt. Ab dem 1. März ziehen nach und nach die Menschen ein, die ein Bleiberecht haben.

"Uns wäre es auch lieber gewesen, dort nur 40 Personen unterzubringen", merkte Christiane Kreitmeier (Freie Grüne Liste) an. "Aber vor zwei Jahren war es wichtig, vorauszudenken." Denn während die Notunterkünfte des Landkreises langsam abgebaut werden oder leer stehen, fehlen zunehmend Plätze in der Anschlussunterbringung. Für die ist die Stadt zuständig, wenn die anerkannten Flüchtlinge auf dem freien Wohnungsmarkt nicht fündig werden. Das Problem dabei ist altbekannt: Es gibt kaum bezahlbaren Wohnraum, weder für Konstanzer noch für Neubürger. Anke Schwede von der Linken Liste verwies deshalb auch auf eine altbekannte Forderung: "Eine Neuausrichtung der städtischen Wohnungsbaupolitik".

Der eklatante Mangel an bezahlbarem Wohnraum in den unteren und zunehmend auch mittleren Einkommensbereichen sei durch den Zuzug der Flüchtlinge nur noch deutlicher geworden, so Schwede.

Auch Jürgen Ruff (SPD) bemerkte im Bezug auf die größeren Anschlussunterkünfte wie der im Zergle: "Natürlich wäre weniger besser für die Integration, das ist uns allen klar. Aber die Realität zeigt, dass wir sogar noch mehr Plätze brauchen, als wir bisher geplant und gebaut haben." In Zahlen zeigt diese Realität: Der Landkreis hat angekündigt, der Stadt bis 30. April 176 Personen zuzuweisen, die aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen. Konstanz kann dieses Jahr aber nur 123 neue Plätze in der Anschlussunterbringung anbieten. "Mehr geht nicht. Punkt", kommentierte Oberbürgermeister Uli Burchardt und machte damit ein Problem zwischen Kreis und Stadt deutlich: Konstanz sei in der besonders schwierigen Situation, dass es eine große Stadt sei, die kreisabhängig ist – und sich demnach in der Unterbringung immer abstimmen müsse. Freiburg oder Heidelberg etwa wechseln die Belegung zwischen den verschiedenen Quartieren, wie es gerade passt.

In Konstanz dagegen haben der Landkreis und die Stadt widersprüchliche Interessen – zwischen dem, was Konstanz leisten kann und was der Verteilungsschlüssel erwartet. "Und das kann nicht sein", so Burchardt. Fest steht: Nach aktuellen Prognosen bräuchte Konstanz 200 neue Wohnungen im Jahr – über das hinaus, was das Handlungsprogramm Wohnen vorsieht. Dabei betonte Burchardt zuletzt: "Wir dürfen nicht auf Kosten unserer eigenen Bevölkerung Flüchtlinge unterbringen, das ist nicht richtig und nicht angemessen und nicht klug, sondern wir müssen unsere eigenen Bürger unterbringen und die Flüchtlinge dazu."

Am besten alle unter einem Dach: So sieht es Gabriele Weiner (Junges Forum Konstanz): "Wir wollen möglichst keine reinen Anschlussunterkünfte, sondern eine Durchmischung." Auch hier stellte Bürgermeister Andreas Osner klar: "Die Wohneinheiten sollen über das gesamte Stadtgebiet verteilt und in sinnvolle, kleine Einheiten gegliedert werden, die weitestgehend sozial durchmischt sind." Einen entscheidenden Beitrag zur sozialen Durchmischung leistet nach wie vor das ehrenamtlich getragene Projekt des Vereins "83 Konstanz integriert", das inzwischen von der Stadt für ein Jahr mit 48 500 Euro gefördert wird. Der Verein konnte bislang 77 Flüchtlinge in privatem Wohnraum vermitteln und sucht weiter.