Dieser Fall klingt kurios, ist aber kein Einzelfall. Der Vorstand der Evangelischen Kirchgemeinde Kreuzlingen muss handeln und dafür sorgen, dass die Glocken der Stadtkirche zwischen 22 und 7 Uhr nur noch zur vollen Stunde läuten. Diesen Beschluss hat die Kreuzlinger Stadtspitze gefasst. Zur Umsetzung hat die Kirche drei Monate Zeit.
Ernst Zülle, im Kreuzlinger Rathaus für Bauangelegenheiten zuständig, bestätigt dies auf Anfrage. Er möchte auf den Inhalt aber nicht detailliert eingehen, weil es sich um ein laufendes Verfahren handle. Den Parteien bleiben zwanzig Tage, um die Entscheidung anzufechten. Wirklich überraschen dürfte die Nachricht aus dem Stadthaus die Kirchenvertreter allerdings nicht.
Evangelische Kirche weigerte sich bislang zur Umsetzung der Vorgaben
Schließlich verlangt die Stadtverwaltung nichts anderes, als vor zwei Jahren am Verhandlungstisch mit allen Beteiligten abgemacht worden war. Nur hat die Leitung der Evangelischen Kirche die damals beschlossenen Abmachungen bis heute nicht umgesetzt.
Dies, obwohl ein Lärmgutachten unmissverständlich belegt hatte, dass das Geläut gemäß Umweltschutzgesetz tatsächlich zu laut ist. Verwiesen wurde stets auf die Kosten, die der technische Eingriff in den Läutmechanismus zur Folge habe. Im Raum stand die Zahl von 10.000 Franken. Eine Bearbeitung von Glocke oder Klöppel würde wohl noch teurer kommen. Bauliche Maßnahmen am Turm sind aus Gründen des Denkmalschutzes offensichtlich kein Thema.
Kirchenmitglieder diskutieren das Thema Anfang Dezember
Kirchenpräsident Thomas Leuch hatte zudem stets betont, die Läutevorgaben müssten gemäß Kirchenordnung von der Versammlung geändert werden. Ein Termin hierzu wurde jedoch nie angesetzt. Nun ist klar: Die Kirchbürger in Kreuzlingen werden am 3. Dezember über die Glocken diskutieren. Kirchenpflegerin Marianne Pfändler erklärt, dass dieses Thema dann auf der Tagesordnung stehe.
Abgestimmt werden soll „über eine Lösung, die hoffentlich beiden Parteien entspricht“. Was genau der Kirchenvorstand anstrebt, möchte Pfändler nicht verraten. „Die Kirchbürger sollen das aus der Botschaft, die aktuell erarbeitet wird, erfahren – und nicht aus der Zeitung.“
Auch die Stundenschläge überschreiten Lärmgrenzwerte
Naheliegend wäre, die evangelischen Kirchbürger würden sich damit einverstanden erklären, den nächtlichen Viertelstundenschlag auszulassen. Das Problem bei diesem Ansatz ist aber, dass die verbleibenden Stundenschläge die Lärmgrenzwerte immer noch überschreiten. Dies könnte die Kläger, die sich mehr Ruhe wünschen, erneut auf den Plan rufen. Sie wollten bislang keine Stellung nehmen.
Auch Kirchen-Nachbarn aus Mönchweiler fühlen sich von Geläuf gestört
Eine ähnliche Diskussion wie in Kreuzlingen läuft derzeit in Mönchweiler nahe Villingen. Alle Viertelstunde schlägt die große Vater-unser-Glocke der evangelischen Antoniuskirche, 24 Stunden am Tag an sieben Tage der Woche.
Vom nächtlichen Klang des Stundenschlags fühlen sich aber mehrere Bürger, die im unmittelbaren Umfeld der Kirche wohnen, gestört. Der Gemeinderat Mönchweilers entschied deshalb im Juli, nachts von 22.01 Uhr bis 5.59 Uhr das Zeitläuten verstummen zu lassen.
Bürgerentscheid in Mönchweiler?
Mit diesem Beschluss sind etliche andere Bürger nicht einverstanden. Einer von ihnen ist Dennis Mattutat.

Er bekundete von Beginn an seine Enttäuschung über den Beschluss und möchte nun einen Bürgerentscheid herbeiführen, mit dem – gesetzlich legitimiert – ein Gemeinderatsbeschluss aufgehoben werden kann. Die Kirchturmuhr steht im Eigentum der politischen Gemeinde. Sie kommt für die Wartung und Pflege auf und darf auch über den Stundenschlag entscheiden.
Bereits im Jahr 2006 unternahm die evangelische Kirchengemeinde in Mönchweiler selbst einen ersten Vorstoß, die Glocken zwischen 22.01 und 5.59 Uhr schweigen zu lassen – damit schlafende Bürger nicht gestört werden. Das Ansinnen war vergeblich, der Gemeinderat lehnte den Antrag entschieden ab.