American Football: Frauen an Bord, das behaupten jedenfalls die Freibeuter im Hollywood-Streifen „Fluch der Karibik“, bringen Unglück! Aber die Piraten vom Bodensee sind nicht abergläubisch, ganz im Gegenteil. Denn während in vielen Sportarten wie etwa beim Boxen aktuell diskutiert wird, mit welchen Hormonwerten und Voraussetzungen man bei den Frauen-Konkurrenzen starten darf, geht Senta Goetsch einen ganz anderen Weg.

Sie spielt beim American-Football-Team vom Bodensee, den Konstanz Pirates. Ausgerechnet American Football, eine Sportart, in der muskelbepackte Athleten mit einer Körperfülle vielfach im dreistelligen Kilogramm-Bereich aufeinander losgehen, die intensiven Zweikämpfe von reichlich Testosteron geprägt sind.

Kontaktsport nichts neues

„Ich komme aus dem Kampfsport, habe also schon zuvor sehr viel Kontaktsport gemacht und das hat mir total viel Spaß gemacht. Bei Sportarten ohne diesen Kontakt fehlt mir etwas. Und dann habe ich mir so ein Spiel bei den Männern angeschaut und irgendwie fand ich die Mischung total cool. Ich komme aus Hamburg und da gab es eine Frauenmannschaft, bei der ich dann gespielt habe!“, beschreibt die 23-jährige Studentin ihren Einstieg in die kampfbetonte Sportart.

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Doch dann schien mit einem Umzug eine Fortführung des sportlichen Hobbys schwierig zu werden. „Als ich wegen des Masterstudiums nach Konstanz gezogen bin, dacht ich, das geht hier nicht, denn hier gibt es ja keine Frauenmannschaft. Aber ich habe es total vermisst und dann dachte ich, warum nicht einfach mal bei den Pirates nachfragen. Wenn es kein Frauenteam gibt, dann spiele ich halt bei den Männern.“

Aufnahme besser als erwartet

Und die Aufnahme in der bis dahin reinen Männermannschaft verlief besser als von Senta befürchtet. „Ich dachte, die gucken mich alle an und sagen ‚Mädchen, geh wieder nach Hause!‘ Aber die haben superlieb reagiert und ich habe keinen doofen Kommentar gehört.“ Nun ist „superlieb“ ja nicht gerade das Attribut, das den Ruf der harten Kerle mit Helm und Schulterschutz untermauert oder dem Gegner Respekt einflößt.

„Ich wurde herzlich aufgenommen. Ich wollte ja auch nur mittrainieren. Einsätze im Spiel waren gar nicht mein Anspruch.“ Und sie fasst ihre ersten Eindrücke zusammen: „Ich wurde hier nicht auf mein Geschlecht reduziert, sondern sehr schnell akzeptiert!“ Und nach einigen Trainingseinheiten, in denen sie auch von den Mitspielern gecoacht wurde, folgten die ersten Spieleinsätze.

Durch Trainingsleistungen verdient

Das Regelwerk lässt dies durchaus zu, denn in den nicht professionellen Ligen im American Football ist, so erläutert Pirates-Hesdcoach Michael Huber, von „Erwachsenen-Teams“ die Rede. Dennoch weiß auch der Konstanzer Trainer: „In der Oberliga ist sie die einzige Frau, und das ist keine Alltäglichkeit!“

Natürlich profitiert die beherzte Psychologie-Studentin auch ein wenig vom personellen Engpass beim Konstanzer Oberligisten, doch Huber betont: „Sie stand in den letzten Spielen vermehrt auf dem Feld. Das lag zum einen an den vielen Verletzungen, aber auch, weil sie es sich im Training verdient hat.“ Denn nach einigen Einheiten wusste auch der Coach: „Sie ist immer mit viel Herzblut dabei. Sie möchte einfach nur Football spielen und auch gar nicht anders behandelt werden.“

Neue Position für Goetsch

Zweifelsfrei hat sie in Sachen Masse, Geschwindigkeit oder Kraft im Vergleich zu Gegnern oder Mitspielern Defizite, aber Huber betont: „Im Football gibt es für jede Größe irgendeine Funktion auf dem Feld!“ Und so hat Senta Goetsch vom Runningback bei den Frauen zur Position des Wide Receiver bei den Männern gewechselt. „Das ist eine Position, die etwas weniger gefährlich ist. Hier kann ich meine Stärken ausnutzen. Körperliche Überlegenheit wird nie meine Stärke sein in einer Männermannschaft. Aber hier kann ich meine Schnelligkeit, Agilität und mein Spielverständnis einbringen!“, erklärt die Studentin.

Im Training ist längst Normalität eingekehrt, wie Huber beobachtet: „Es gibt keine Schonung. Im Tackle-Training wird sie genauso hart behandelt wie die anderen!“ Aber wie kommt es bei den Gegnern an, wenn eine „Piratin“ auf dem Feld steht? „Ich glaube schon, dass die zunächst ein wenig verwirrt sind, wenn sie einer Frau gegenüberstehen, aber die spielen dann doch ganz normal weiter!“, hat Senta Goetsch beobachtet.

Empfindet sie ihre Oberliga-Einsätze im American Football als Zeichen in Sachen Emanzipation? „Das war nicht als Statement geplant, denn meine Motivation ist das Spiel, ich liebe American Football. Aber ich sehe nicht ein, nur aufgrund meines Geschlechts nicht das Hobby betreiben zu können, das ich betreiben will. Aber ob ich will oder nicht – letztendlich ist es schon ein Statement, denn es wird registriert und das ist ein Resultat, auf das ich auch stolz bin!“