Es ist die beste Lösung, um in Konstanz von A nach B, vom Paradies zur Universität, von der Altstadt nach Wollmatingen zu kommen: das Fahrrad. Radler stehen weder im Stau noch suchen sie lange nach einem Stellplatz. 17 000 Zweiräder queren an Spitzentagen die Fahrradbrücke, 8000 passieren die Achse zwischen Ebertplatz und Zähringerplatz. Doch es gibt einige Lücken und Gefahrenstellen im Konstanzer Radwegenetz. Diese soll das Handlungsprogramm Radverkehr ab diesem Jahr schließen.
Gregor Gaffga, Radverkehrsbeauftragter der Stadt, hat in der jüngsten Sitzung des Technischen und Umweltausschusses die wichtigsten Maßnahmen des Handlungsprogramms präsentiert – ein Arbeitspapier, das für Änderungen offen bleibe, erklärte er: "Wir haben die Prioritätenliste erst einmal so konzeptionell festgesetzt. Doch es kann immer sein, dass etwas vorgezogen oder zurückgestellt werden muss." 510 000 Euro sind für die Umsetzung im Doppelhaushalt 2017/18 eingestellt. Ganz oben auf der Maßnahmenliste steht die Verwirklichung der zweiten Fahrradstraße vom Ebertplatz zum Zähringerplatz. Radler können künftig auf der gesamten Breite der Fahrbahn der Petershauser und der Jahnstraße fahren. Zugleich dürfen Autos die Strecke weiter nutzen, müssen aber ihr Tempo dem Radverkehr anpassen. Die Radwege an der Seite bleiben vorerst bestehen.
Die Planung der zweiten Fahrradstraße hat bereits begonnen, die Umsetzung soll zwischen April und Juni folgen. "Es ist ermutigend, dass die Fahrradstraße Petershausen bis Sommer Realität sein könnte", erklärte Stephan Kühnle (FGL) und fragte, wie die Verkehrsführung am Zähringerplatz aussehen soll. Jürgen Ruff (SPD) will zwar erst an die Fahrradstraße glauben, wenn er selbst darüber fährt, doch auch er wies auf die Gefahren am Zähringerplatz hin. An dieser Stelle, an der die Fahrradstraße enden soll, hakt es nämlich noch. Während am Ebertplatz Radfahrer in Zukunft gerade über die Straße geleitet werden, bleibt die Kreuzung am Seerhein-Center wie sie ist. Zweiradfahrer sollen ab der Steinstraße in die bestehenden, mit Schutzstreifen erweiterten Radwege einfädeln. "Der Knoten Zähringerplatz ist relativ komplex. Es macht nur Sinn, das gesamt zu betrachten, doch dafür sind die Mittel nicht eingestellt", sagte Gaffga. Gisela Kusche (FGL) wollte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. "Da müssen wir mutiger sein, das funktioniert so nicht", erklärte die Stadträtin. Gaffga versprach, sich nach praktikableren Lösungen umzuschauen.
Ebenfalls auf der Vorrangliste der Sofortmaßnahmen für 2017 stehen: Tempo 30 in der Mainaustraße 160 bis 196, Untersuchung von Unfällen in Kreisverkehren, Neubau des Bahnradwegs, Querungshilfe und Schutzstreifen in der Max-Stromeyer-Straße sowie die Verbreiterung des Radwegs am Wollmatinger Bahnhof. Außerdem sollen die Ketten entfernt werden, die die Schottenstraße vom Lutherplatz trennen. Auf die Ausdehnung der Fahrradstraße in die Schützenstraße müssen Radler noch bis 2018 warten, da die Straße einfach stark sanierungsbedürftig sei, sagte Gaffga. Anne Mühlhäußer (FGL) wollte zudem wissen, warum am Döbele-Kreisel die Markierungen für Fahrradfahrer entfernt wurden. "Die haben viel Sinn gemacht", sagte sie. Das habe einen rechtlichen Hintergrund, erklärte Frank Conze, Leiter der Straßenverkehrsbehörde, da die Radfahrer aufgrund der zweiten Spur nicht mehr bevorrechtigt seien.
Viel Lob gab es für das Engagement des Radverkehrsteams um Gregor Gaffga. "Die Freude ist groß, dass das Handlungsprogramm endlich in die Umsetzung geht", sagte Stadtrat Stephan Kühnle. Heinrich Fuchs (CDU) lobte die Intensität und die schnellen Ergebnisse. "Alle Achtung, bleiben Sie dran", sagte er. Auch Jürgen Ruff fand nur positive Worte: "Wenn wir Informationen anfragen, kommen die jetzt deutlich schneller, konkreter und substantieller. Es ist gut zu wissen, dass Personal in dieser Kompetenz da ist."
Langer Weg zur zweiten Radstraße
- Das Handlungsprogramm definiert eine Reihe von Sofortmaßnahmen, die über einen Zeitraum von zehn Jahren umgesetzt werden sollen. Der Gemeinderat hat das Programm im April 2016 beschlossen. Zuvor war es zwangsweise auf Eis gelegt, weil im Rathaus die Stelle eines Verkehrsspezialisten lange nicht besetzt war.
- Das Gutachten: Die Entscheidung für die Fahrradstraße fiel auf der Grundlage eines Gutachtens. Auf dem Höhepunkt des Fahrradstraßen-Konflikts mit Ratsbeschluss und Widerspruch durch Oberbürgermeister Uli Burchardt beauftragte der Gemeinderat am 4. Dezember 2014 in Gutachten.
- Das Ergebnis: Das Verkehrsplanungsbüro R+T stellte fest, dass die von der Stadtverwaltung für nötig erklärten Durchfahrtssperren nicht notwendig sind. Auf der Achse werden laut den Experten so viele Radler unterwegs sein, dass der Autoverkehr automatisch ausgebremst wird. Das Büro ermittelte, dass innerhalb von 24 Stunden bis zu 8000 Fahrräder zwischen Ebertplatz und Zähringerplatz unterwegs sind, aber nur 4500 bis 5500 Autos. Damit ist die Umwidmung zur Fahrradstraße rechtlich haltbar.
- Einschränkung: Eine Durchfahrtssperre für Autos an der Bahnschranke wird es nicht geben, allerdings eine für Lastwagen, die dann künftig über die Spanierstraße und Mainaustraße oder über die Schneckenburgstraße ausweichen müssen.