Alessio fühlt sich im Wasser wohl – und mit seinen Schwimmflügeln geht der Dreijährige nicht unter, wie er seiner Mutter versichert. Bis sich der Junge ohne Hilfsmittel über Wasser halten kann, wird es noch eine Weile dauern. Aber dass er früh schwimmen lernt, steht wohl außer Frage. Seiner Mutter Julia Di Maiolo ist das wichtig: "Wir leben am Bodensee, da müssen Kinder schwimmen können."
Selbstverständlich ist dies nicht. Regelmäßig melden Medien: Immer weniger Kinder in Deutschland, auch in Baden-Württemberg und am Bodensee können sicher schwimmen. Aber stimmt das wirklich? Wie ist es in Konstanz um die Schwimmfähigkeiten der Jugendlichen bestellt?
Schwimmverein hat keine Wasserkapazitäten mehr
Ursula Klaußner, Vorsitzende des Schwimmvereins Sparta Konstanz, bestätigt den Trend – sie beobachte das in bestimmten Altersgruppen. Sechs- bis Zehnjährige hätten zunehmend Probleme mit dem Schwimmen. Dafür, dass Kinder sich auch in Konstanz, direkt am Bodensee, mittlerweile schwer tun, gebe es Gründe. Eine Ursache sieht sie im fehlenden Schwaketenbad. Seit dem Brand am Schwaketenbad im Juli 2015 müssten alle Kurse des Schwimmvereins sowie das Schulschwimmen ins Hallenbad am Seerhein verlegt werden.
"Wir kämpfen um jeden Quadratmeter", schildert sie die Situation. Schon zuvor habe es Standortprobleme gegeben. Einrichtungen, in denen Sparta Kleinkindschwimmen angeboten habe, hätten ihre Lehrschwimmbecken in den vergangenen Jahren für Vereine geschlossen – so etwa in der Rosenau und der Schmiederklinik. Der Bedarf hingegen sei riesig, sagt Klaußner: "Wir bieten den Kleinkindunterricht im 30-Minuten-Takt an. Die Kurse sind zwei Stunden, nachdem sie online stehen, ausgebucht."
Schulen bieten in der dritten Klasse Schwimmunterricht
Die Schulen bemühen sich um den Schwimmunterricht, das berichtet Elmar Mosbrugger, Rektor der Berchenschule. Regulär finde der Unterricht einmal wöchentlich in der dritten Klasse statt, die Kinder hätten etwa 45 Minuten reine Schwimmzeit zur Verfügung.
Am Ende des Schuljahrs legten sie das Schwimmabzeichen Seepferdchen ab. Ob der Unterricht nachhaltige Wirkung hat, kann Mosbrugger nicht sagen: "Wenn die Kinder danach drei Jahre kein Wasser mehr sehen, verlernen sie es natürlich wieder."
Sondertraining für die Nichtschwimmer
Regine Weidmann, Sportlehrerin an der Wallgutschule, hat die Erfahrung gemacht, dass etwa drei Kinder pro Klasse noch nicht schwimmen können. Die Wallgutschüler lernen es in der vierten Klasse, einmal pro Woche in zehn Unterrichtseinheiten. "Wir haben selbst gemerkt, dass das zu wenig war." Deshalb führte die Schule einen Schwimmtest zu Beginn des vierten Schuljahrs ein.
Die Schüler, die nicht schwimmen können, erhalten das ganze Jahr Schwimmunterricht. Unterstützt wird Weidmann von einer Lehrbeauftragten, die selbst bei Sparta Konstanz Trainerin ist. "So können wir die Kinder viel intensiver unterrichten", sagt Weidmann. Am Ende des Schuljahres konnten alle 200 Meter weit schwimmen.
Auch die DLRG kann nicht noch mehr Kurse bieten
Clemens Menge, Vorsitzender der DLRG Konstanz, bestätigt, dass auch bei der Lebensrettungsgesellschaft die Wartelisten für Anfängerschwimmkurse extrem lang seien. Wegen der fehlenden Wasserkapazitäten könne der Verein derzeit nicht noch mehr Kurse anbieten. Bei Rettungseinsätzen beobachte er, dass meist nicht Jugendliche gerettet werden müssten, sondern Erwachsene.
Häufig seien es Touristen, die Wind und Strömung unterschätzten, oder auch Flüchtlinge, die in ihrer Heimat nie schwimmen gelernt haben. "Die größte Zahl an Rettungseinsätzen haben wir im Juli, wenn viele Gäste da sind." Insgesamt passiere in Konstanz allerdings weniger als anderswo, berücksichtige man die Menge an Menschen, die sich am See aufhielten.
Kurse für Flüchtlinge
Sparta Konstanz bietet weiterhin Schwimmkurse für Flüchtlinge an. Zum Teil kämen ganze Vorbereitungsklassen, berichtet die Vorsitzende Ursula Klaußner. Auch über die Flüchtlingsorganisation Save me konnten sich Flüchtlinge gebündelt bei Kursen anmelden.
Die Nachfrage sei sehr groß gewesen, einige Kursteilnehmer seien danach Mitglieder im Verein geworden. Auch muslimische Mädchen seien mit Begeisterung dabei, berichtet Klaußner. Die DLRG habe derzeit keine Kapazitäten für Flüchtlingskurse, sagt Clemens Menge.