Fünf Monate ist es jetzt her, dass die kleine Louise in Konstanz das Licht der Welt erblickte. Für ihre Mutter, Constanze Störk, war bei der Entbindung vor allem eins wichtig: "Die Geburt ist etwas Natürliches und ich wollte sie so selbstbestimmt, wie möglich erleben", sagt die 29-Jährige.
Deshalb war sie gegenüber einer Geburt im Krankenhaus zunächst skeptisch und zog stattdessen eine Hausgeburt in Erwägung. "Oft erhält man im Klinikum direkt Schmerzmittel, aber das wollte ich nicht." Letztlich entschied sie sich dennoch für eine ambulante Geburt am Klinikum Konstanz. Ihre Begründung: "Falls es Komplikationen gibt, ist es gut, im Krankenhaus zu sein."
Großer Anstieg bei der Zahl der Geburten
Louise ist eins von 957 Babys, die im Jahr 2018 im Konstanzer Klinikum zur Welt kamen. "Das ist für uns natürlich eine super Zahl", kommentiert Andreas Zorr, Chefarzt der Frauenklinik.

Die Zahl der Geburten ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. "Der Anstieg ist hier weit mehr als im bundesweiten Trend." Der Anstieg der Geburten in Konstanz sei aber nicht auf die Schließung der Geburtshilfe am Radolfzeller Klinikum zurückzuführen.
2016 kamen dort noch 527 Babys zur Welt, im März 2017 wurde diese geschlossen. "Wir haben eine lineare Steigung, die durch die Schließung in Radolfzell nicht plötzlich angestiegen ist", sagt Zorr. Es gebe Frauen, die aus Radolfzell oder Allensbach nach Konstanz kämen, entscheidend für den Anstieg sei aber ein anderer Grund: "Frauen entscheiden sich wieder mehr für die Familie", sagt die leitende Hebamme Magdalena Fien. Der Baby-Boom ist also auch in Konstanz angekommen.

15 Kinder an einem Wochenende
Für Constanze Störk und ihren Partner ist Louise das erste Kind. Auf die Geburt hat sie sich deshalb gut vorbereitet: bei einem Vorgespräch am Klinikum und einem Geburtsvorbereitungskurs. "Es war mir wichtig, zu sagen, was ich bei der Geburt möchte und was nicht", sagt Störk. Die Geburt von Tochter Louise dauerte sechs Stunden und verlief ohne Probleme.
Die drei Kreißsäale im Klinikum sind mit der Zahl der Geburten gut ausgelastet. "Es gab auch schon Tage, an denen wir mit vielen Geburten gleichzeitig überrannt wurden", sagt Zorr und meint ein Wochenende, an dem 15 Kinder zur Welt kamen. "Dann ist hier natürlich Halligalli", sagt Zorr. Fien hat schon Schichten erlebt, in denen sie innerhalb von acht Stunden bei der Geburt von vier oder fünf Kindern unterstützen musste.
"Im besten Fall kommen die Kinder alle nacheinander", sagt Fien, das sei aber nicht immer planbar. Dann muss das Team reagieren: "Die ideale Lösung ist der Kreißsaal, aber ich kann mit einer Frau überall ihr Kind bekommen", sagt Fien. Anna Pelova, Oberärztin in der Konstanzer Geburtshilfe, ergänzt: "Wir haben noch kein Kind auf dem Flur bekommen."
Konstanzer Mütter wollen natürlich entbinden
Constanze Störk ist mit ihrer natürlichen Geburt am Konstanzer Klinikum keine Ausnahme. "In Konstanz sind die Frauen motiviert, ihre Kinder so natürlich, wie möglich zur Welt zu bringen", sagt Fien. Das bedeutet: Schmerztherapien wie die Periduralanästhesie (PDA) waren 2018 nur in rund 16 Prozent aller Geburten notwendig. Hier liegt der bundesweite Schnitt bei 25 Prozent.
Störk bekam von der Hebamme homöopathische Schmerzmittel. "Bei einer natürlichen Geburt ist der Einfluss der Hebamme der primäre", so Zorr. Die Aufgabe der Ärzte und Hebammen sei es, gemeinsam mit dem Paar den richtigen Weg für die Geburt zu finden. Für Constanze Störk war es die Wassergeburt. "Das war nicht geplant, sondern hat sich spontan ergeben", sagt Störk. Die Wanne habe dazu beigetragen, dass die Geburt entspannter verlief.
Immer mehr Wassergeburten
102 Frauen entschieden sich im vergangenen Jahr für eine Geburt im Wasser. Das sind mehr als zehn Prozent der Geburten im Konstanzer Klinikum. Der bundesweite Schnitt liegt bei vier Prozent. In Konstanz werden Wassergeburten seit etwa zehn Jahren angeboten. Eine Wassergeburt bedeute für die Hebammen zwar nicht mehr Aufwand, sei aber körperlich anstrengender: "Eine Wassergeburt fordert uns Hebammen mehr."
Fien merkt, dass sich die Arbeit als Hebamme in den vergangenen Jahren verändert habe. "Wir sind wieder präsenter bei den Frauen", sagt sie. "Auch dadurch sind die Wassergeburten bei uns so angestiegen." Technische Neuerungen können die Arbeit der Hebammen zwar erleichtern, "in dem ganzen Neuen ist das traditionelle Hebammenwissen aber total wichtig", sagt Zorr.
Hebammenwechsel bei der Geburt
Das Hebammenteam besteht aus 18 Hebammen inklusive Teilzeitkräften und Aushilfen. Trotzdem können die Hebammen die Frauen nicht immer von der ersten Wehe bis zur Geburt begleiten. "Das ist ein Problem des Schichtsystems", sagt Fien. Constanze Störk war froh über den Schichtwechsel bei ihrer Geburt. Die zweite Hebamme kannte sie bereits aus dem Geburtsvorbereitungskurs. Zudem ging diese auf Störks Wünsche für die Geburt ein.
So hat Constanze Störk Louise auf natürliche Weise und ambulant entbunden. Nach einem Frühstück ging es für die frischgebackene Familie Störk nach wenigen Stunden wieder zurück in die eigenen vier Wände. "Ich bin total stolz auf mich und fand die Geburt nicht schlimm", sagt Störk. Rückblickend sei sie zufrieden mit der Geburt am Konstanzer Klinikum.