„Alerta, Alerta, Antifaschista“ – die Rufe der Demonstranten schallen an diesem Samstagmittag über die Konstanzer Marktstätte. Etwa 60 von ihnen, so wird die Polizei am Montagmorgen mitteilen, haben sich spontan dort versammelt.
Mit einer Menschenkette blockieren sie einen Infostand der Identitären Bewegung (IB), einer vom Verfassungsschutz beobachteten und als rechtsextrem eingestuften Gruppierung.
Gerangel zwischen Identitären und ihren Gegnern
Auch die Polizei ist an diesem Tag vor Ort. Mindestens drei Streifenwagen stehen in der Konstanzer Fußgängerzone; mindestens sechs Beamte sorgen dafür, dass die Situation nicht eskaliert. Zuvor soll es zu einem Gerangel zwischen Identitären und ihren Gegnern gekommen sein. Antifaschisten hätten versucht, Propagandamaterial der IB mit Essigessenz unbrauchbar zu machen und dabei den Infostand beschädigt, heißt es vonseiten der Polizei und der IB.
Ein Mitglied der Bewegung verständigte deshalb gegen 12.50 Uhr die Polizei.
Die herbeigerufenen Beamten, heißt es am Montag, hätten vor Ort eine „weitgehend ruhige Stimmung“ ausgemacht. Dennoch hat mittlerweile der Staatsschutz die Ermittlungen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung aufgenommen, so ein Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz.

„Die Spontandemo hat angefangen mit Menschen, die wissen, dass diese Form des Protests legal ist“
Laura, eine junge Gegendemonstrantin, die nicht erkannt werden möchte, zeigt dem Stand der IB friedlich den Rücken. Sie hält ein Banner in die Höhe, auf dem in fetten blauen Lettern „Gemeinsam und solidarisch gegen rechte Gewalt“ prangt.
„Die Spontandemo hat angefangen mit Menschen, die wissen, dass diese Form des Protests legal ist.“ Nach und nach hätten sich auch Passanten mit Einkaufstüten dem Protest angeschlossen – etwa 50 an der Zahl, wie die Polizei bestätigt. „Das ist selten“, sagt Laura.
Die junge Demonstrantin spricht von verbalen Entgleisungen seitens einiger IB-Anhänger: „Ein Mann hat gesagt, dass wir die Meinung auch nur so lange hätten, bis uns selber der Hals aufgeschlitzt würde“, erzählt sie – und deutet auf einen Herren, der sich unweit mit einem Paar unterhält.
Der Mann streitet den Vorfall ab, betont jedoch. „Ich wähle rechts!“ Er unterstütze die IB immer wieder, sei aktives Mitglied in der Alternative für Deutschland (AfD), „aber kein Funktionsträger.“ Mittlerweile jedoch führt selbst seine Partei die Identitäre Bewegung auf einer so genannten Unvereinbarkeitsliste.
Keine Handhabe ohne ein Verbot der Organisation
Die Konstanzer Stadtverwaltung, die der IB die Genehmigung für den Infostand erteilte, sagt, ihr seien die Hände gebunden. „Solange eine Partei oder Gruppierung nicht verboten ist, haben wir keine Handhabe, einen solchen Antrag abzulehnen. Dies gilt für alle politischen Richtungen“, heißt es auf Nachfrage vonseiten der Pressestelle.
Allein die Tatsache, dass die Organisation durch den Verfassungsschutz beobachtet werde, rechtfertige noch keine andere Vorgehensweise.

„Ich finde es schrecklich dass rechten Hetzern auf diese Weise Platz gegeben wird“, sagt Laura. Es ist 13.20 Uhr. Noch immer hält sie das Banner in die Höhe. Und während sie sich freut, dass die Mitglieder der Identitären Bewegung frühzeitig den Platz mit ihrem Hab und Gut räumen, beklagen deren Anhänger die „Einschränkung der Meinungsfreiheit“.