Im Januar 2015 war Carlos Horta noch ganz zuversichtlich. "Wir wollen mit unserer Ganzjahresmarkthalle ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis schaffen. Es soll etwas Besonders werden, durch die Gänge zu schlendern", sagte der Immobilienmakler damals. Im September 2015 sollte die Markthalle eröffnet werden. Auch fast ein Jahr später steht das altehrwürdige Haus noch immer leer. Etliche Anwohner hatten Widerspruch gegen die Einrichtung einer Markthalle in die frühere Kirche eingelegt. Der umfangreiche Genehmigungsprozess wurde auch dadurch in die Länge gezogen.
Inzwischen ist aber alles genehmigt, die Bau- und Nutzungsgenehmigung sei nach etlichen Änderungen am Ende ohne weitere Widersprüche der Anwohner genehmigt worden, bestätigen sowohl das städtische Pressebüro als auch der Eigentümer des Gebäudes. Letzerer hatte sich bislang immer im Hintergrund gehalten und stellte sich nun erstmals dem Gespräch mit einem Reporter. Um aber auch hier gleich darauf hinzuweisen, dass er die Anonymität weiter schätze und keinesfalls namentlich genannt werden möchte. Dabei hätte der in der Schweiz lebende Unternehmer sicher viel zu erzählen. Vom einfachen Schreiner von der schwäbischen Alb hat er sich mit einem exklusiven Massivmöbel-Unternehmen ein beträchtliches Vermögen erarbeitet. So viel, dass es jetzt auch nicht darauf ankommt, ob das St Johann noch ein paar Monate leer steht oder nicht.
Markthalle soll spätestens Anfang 2017 eröffnen
Aber klar ist auch für ihn – früher oder später soll Leben in das Haus einkehren. Die Markthallen-Idee ist für ihn nicht gestorben, es gehe nun vielmehr darum, die zueinander passenden Mieter zu finden. Carlos Horta kümmert sich derzeit darum. "Wir sind in der Feinabstimmung, führen Gespräche mit möglichen Mietern. Spätestens Anfang 2017 wollen wir eröffnen", sagt Horta gegenüber dem SÜDKURIER.
Zur Überbrückung soll nun die Kunst einziehen. So könnte das St. Johann zumindest temporär zur Kunsthalle der Niederburg werden. Wie das aussehen könnte, kann man ab heute in den immer noch eindrucksvollen Räumen des alten Kirchenschiffs besichtigen. Der rührige Kunstsammler Frieder Knittel ließ sich nicht lange bitten und zeigt nun für zwei Monate Werke aus seiner umfassenden Hans-Breinlinger-Sammlung. Zu sehen sind Arbeiten aus den verschiedenen Schaffensperioden des Konstanzer Künstlers (1888 – 1963). Pünktlich zum Gassenfreitag soll die noch etwas improvisiert wirkende Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden. Nicht wenige Menschen dürften die Gelegenheit nutzen, um auch mal wieder das Gebäude von innen zu sehen. Ab der nächsten Woche soll die Schau dann von Donnerstag bis Samstag, jeweils von 10 bis 18 Uhr, bei freiem Eintritt geöffnet sein.
Der Eigentümer selbst versteht sich freilich nicht nur als Kunstmäzen. Er nutzt die entstehende Öffentlichkeit nun auch, um die Nobel-Produkte seines Unternehmens auszustellen. Für ihn sei die ganze Aktion auch eine Marketingmaßnahme, räumt er ein.
Ein Gebäude mit bewegter Geschichte
Das St. Johann ist eines der prominentesten Gebäude der Niederburg. Es hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich.
- 7./8. Jahrhundert: Die Stiftskirche St. Johann wird auf den Trümmern eines römischen Bauwerks errichtet. Der Heilige Konrad, Bischof von Konstanz, weiht sie zur Taufkirche.
- 1819: Im Zuge der Säkularisation wird die Kirche geschlossen. Der Kirchenschatz wird verteilt und versteigert. Im Chor entsteht eine Bierbrauerei, aus dem Kirchenschiff werden Stallungen und Scheune. Der Kirchenturm wird 1830 abgetragen.
- 1888: Das Gebäude wird zu einem katholischen Vereinshaus umgebaut. Ab 1889 wird es als Hotel- und Gaststättenbetrieb geführt.
- Nach 1945: Die Katholische Gesamtkirchengemeinde übernimmt das Haus und führt es als Hotel- und Gaststättenbetrieb weiter. Mitte der 1960er Jahre gibt es einen Eigentümerwechsel: Alfred und Eva Wiedemann steigen ein und bauen das Gebäude zum Dom-Hotel um.
- Ab 1991: Das St. Johann schließt, es finden keine Veranstaltungen mehr statt. Eine Balinger Immobiliengruppe wird neuer Eigentümer, ein jahrelang angekündigtes Markthallenkonzept scheitert nach kurzer Zeit.
- 1996 zieht eine Markthalle in die Kirchenmauern ein, das Konzept scheitert. Auch weil der damalige Geschäftsführer untertaucht und offene Rechnungen hinterlässt. (lün)