Jugendliche brauchen Räume und Möglichkeiten. Räume und Möglichkeiten, sich zu entwickeln und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Dass sie dabei hier und da über die Stränge schlagen, ist so logisch wie normal – und war in keiner Generation anders. „Wir haben alle als junge Menschen mal Blödsinn gemacht“, sagt Klaus Frommer, Leiter der Ortsverwaltung Litzelstetten. Das würde jeder unterschreiben. Den jungen Menschen in Litzelstetten wird seit 2014 ein Container neben dem Sportplatz Entengraben zur Verfügung gestellt, den sie autonom verwalten und organisieren dürfen. Sie verfügen über einen Schlüssel, müssen aber auch für Ordnung sorgen.

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Nach nicht unerheblichen Problemen im Jahr 2018 es nun eine gemeinsame Aktion zwischen Ortsverwaltung und den Jugendlichen, um gegenseitiges Verständnis auf- und Vorurteile abzubauen. „Wir haben Angst, dass wir diesen tollen Platz wieder verlieren“, sagt der 16-jährige Raphael Deggelmann, der in Dingelsdorf wohnt, aber seinen Freundeskreis in Litzelstetten hat. „Dabei ist das hier echt cool für uns. Hier treffen wir nur die Leute, die wir auch treffen wollen.“ Immerhin sagt er auch: „Es ist auch cool, dass Erwachsene zu Besuch sind. Wir fühlen uns ernst genommen.“

Karin Müller und Brigitte Momma-Lavall (hinten von links) tragen gemeinsam mit den Jugendlichen Raphael Deggelmann und Lukas Moser ...
Karin Müller und Brigitte Momma-Lavall (hinten von links) tragen gemeinsam mit den Jugendlichen Raphael Deggelmann und Lukas Moser (vorne von links) die Mülltonne zu ihrem Platz. | Bild: Oliver Hanser

Gemeinsam trafen sich Jugendliche und Erwachsene, um den Container porentief zu reinigen. Vielleicht war das nicht unbedingt notwendig in diesem Ausmaß – doch was mehr zählte als der Gebrauch von Besen oder Waschlappen waren die Gespräche untereinander und die Geste an sich. „Die Jugendlichen sind das Wichtigste, was es gibt“, sagt Ortsvorsteher Wolfgang Gensle. „Denn sie sind unsere Zukunft und sie brauchen unsere Unterstützung.“ Gleichzeitig sei das eine Gratwanderung, „denn sie testen ihre Grenzen aus und da kann es auch mal zu Konflikten kommen“. Er wünscht sich mehr Hilfe von Seiten der Stadtverwaltung. „Warum kommt nicht mal ein Sozialarbeiter vorbei und vermittelt der Jugend zwischenmenschliche Zusammenhänge?“

Ortsvorsteher, Ortschaftsräte und Jugendliche räumen gemeinsam den Jugendcontainer am Entengraben auf.
Ortsvorsteher, Ortschaftsräte und Jugendliche räumen gemeinsam den Jugendcontainer am Entengraben auf. | Bild: Oliver Hanser

Karin Müller und Brigitte Momma-Lavall sind so etwas wie die Leihmütter und Kummerkästen der Jugendlichen. Sie sind Ansprechpartner, Vermittler und auch mal Anwälte mitten in der Nacht, wenn es zu Problemen kommt. „Sie wissen, dass sie uns rund um die Uhr anrufen können, was sie auch machen“, sagt Karin Müller. „Das ist ein großes Zeichen von Vertrauen. Seitdem sie direkte Ansprechpartner haben, gibt es keine Probleme mehr und es läuft in die richtige Richtung.“

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Als 2017 die Mofas geklaut, demoliert und in die Wiesen neben dem Entengraben geschmissen wurden, erkannte Brigitte Momma-Lavall die Zeichen der Zeit: „Wir konnten die Jugendlichen nicht sich selbst überlassen“, sagt sie. „Wir mussten uns um sie kümmern. Seither gibt es keiner Verwüstungen und keine Exzesse mehr. So etwas sollte es in jedem Vorort geben. Das ist ein vorbildliches Projekt.“

Lorenz Löwe sortiert die Steine am Rande der Terrasse neu.
Lorenz Löwe sortiert die Steine am Rande der Terrasse neu. | Bild: Oliver Hanser

Justin Müller (16) hofft, dass es weiterhin ruhig bleibt rund um den Jugendcontainer. „Stunk haben eigentlich immer nur die Gruppen aus der Stadt gemacht, die hierher gekommen sind. Doch das hier ist unser Platz, wir wollen nicht, dass es hier Probleme gibt.“ Die Ortsverwaltung spendete zwei neue Biergarnituren sowie sämtliche Putzutensilien, der Ortsvorsteher lud alle Beteiligten zu Pizza ein. „Es scheint angekommen zu sein, dass das hier ein sehr gute Sache ist“, freut sich Karin Müller. Jetzt liegt es (auch) an den Jugendlichen, dass der positive Eindruck sich festsetzt. Eltern der Jugendlichen, obwohl eingeladen, erschienen übrigens nicht zur gemeinsamen Putzaktion.