Paukenschlag zum Wochenstart: Die Geschäftsführer des Herz-Neuro-Zentrums Bodensee (HNZB) in Kreuzlingen und damit auch des Konstanzer Herzzentrums müssen sich vor Gericht verantworten. Nach jahrelangen Ermittlungen hat die Thurgauer Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Verdachts auf Preistreiberei erhoben.

Freiheitsstrafen auf Bewährung und Millionen Euro Schadensersatz gefordert

Das bestätigten die Behörde wie auch das Bezirksgericht Kreuzlingen. Einen Termin für den Prozess gibt es noch nicht. Die Staatsanwaltschaft fordert für die drei leitenden Personen der Klinik, Martin Costa, Dierk Maas und Antoinette Airoldi, Bewährungsstrafen von zwei bis vier Jahren und Schadenersatz in Millionenhöhe.

Das HNZB bestreitet die Vorwürfe vehement. Klinik-Chef Martin Costa sagte am Montag: "Wir sind diametral anderer Auffassung als die Staatsanwaltschaft."

Vorwürfe wurden bereits vor Jahren von früheren Ärzten öffentlich gemacht

Die Vorwürfe wurden von einer Gruppe früherer Ärzte der Klinik vorgebracht. Mittels ihrer eigenen Briefkastenfirma namens Pro Ventis aus dem steuerbegünstigten Kanton Zug soll die Geschäftsführung unter anderem Implantate (sogenannte Stents) günstig von Herstellern gekauft und diese dann deutlich teurer nach Kreuzlingen und Konstanz weiterveräußert und bei Krankenkassen abgerechnet haben. Und das ohne Ermäßigungen und Rabatte zugunsten von Versicherten weiterzugeben, wie es das Schweizer Gesetz verlangt.

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Unterlagen, die dem SÜDKURIER vorliegen, erwecken den Anschein, dass so mehrere hundert Prozent an Gewinn erzielt werden konnten.

Geschäftsführer Martin Costa: "Niemals überhöhte Preise bezahlt"

Laut Martin Costa hat das HNZB allerdings "niemals überhöhte Preise an Pro Ventis bezahlt". Dieses Handelsunternehmen habe es stattdessen ermöglicht, dass die beiden Kliniken medizinische Produkte "deutlich günstiger einkaufen konnten als direkt beim Hersteller, wie das zuvor der Fall war", sagte Costa.

Vom Gewinn der Pro Ventis im fraglichen Zeitraum von 2005 bis 2011 – laut HNZB umgerechnet mehr als vier Millionen Euro – hätten "Klinik, Kassen und Patienten gleichermaßen profitiert", so Costa. Er sei von einer Einstellung des Verfahrens ausgegangen.

Mögliche personelle Konsequenzen erst nach einem möglichen Urteilsspruch

Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft bereits bis Ende April dieses Jahres die Ermittlungen abgeschlossen haben. Ihr Sprecher Marco Breu erklärte die Verzögerungen am Montag wie folgt: "Die Strafuntersuchung war mit aufwendigen Untersuchungshandlungen verbunden, was zu einem Aktenanfall von weit über 30 Bundesordnern führte."

Klinik-Rechtsanwalt Andreas Hebeisen wies zu Recht auf die Unschuldsvermutung hin. Erst nach einem Urteilsspruch werde sich das HNZB mit personellen Konsequenzen beschäftigen.