Asoziales Abkassieren von Mietern oder vernünftiges Modernisieren zu deren Wohl. Die Einschätzungen des Deutschen Mieterbunds Bodensee auf der einen, und der Baugesellschaft Doser und Partner auf der anderen Seite könnten unterschiedlicher kaum sein. Ersteres sagt Winfried Kropp, Pressereferent des Mieterbundes. Letzteres sagt Timo Doser, Geschäftsführer des gleichnamigen Konstanzer Unternehmens. Es geht um Wohnungen im Stadtteil Petershausen, deren Mieter ihre Existenz bedroht sehen und Angst vor dem Sturz in die Altersarmut haben.

51-Quadratmeter-Wohnung kostet jetzt 220 Euro mehr

Die Kaltmieten sind nach der Modernisierung der Gebäude teils um mehr als 50 Prozent gestiegen. So kostet eine 51-Quadratmeter-Wohnung in der Markgrafenstraße 45 künftig statt 430 rund 654 Euro kalt. Weil die im Zuge der Sanierung angebauten Balkone zur Hälfte als Wohnfläche gelten, beträgt die Steigerung auf den Quadratmeter gerechnet rund 41 Prozent – oder 11,90 Euro statt 8,46 Euro.

Die Warmmiete beträgt nun knapp 790 Euro. Laut Winfried Kropp handelt es sich dabei um eine "mehr als unverhältnismäßige" Steigerung, die in Richtung Luxus-Sanierung weise.

Balkone angebaut, Fenster ausgewechselt und Dach gedämmt

Neben dem Anbau der Balkone wurden im betroffenen Haus, das aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammt, unter anderem moderne Fenster eingesetzt und das Dach gedämmt. Zu elf Prozent hat die Firma Doser und Partner die Kosten dafür auf die Mieter umgelegt. Das ist die gesetzliche zulässige Maximalgrenze.

Mieterbund spricht von "asozialem Abkassieren der Mieter"

Der Deutsche Mieterbund sieht deshalb einerseits dringenden Handlungsbedarf der Bundesregierung. In Richtung Doser und Partner hat Winfried Kropp dennoch deutliche Worte: "Bauträger, die diesen gesetzlich möglichen Spielraum voll ausnützen, betreiben asoziales Abkassieren ihrer Mieter." Die Stadt solle daher prüfen, "inwieweit Doser und Partner noch ein geeigneter Partner für die Stadtentwicklung ist". 

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Geschäftsführer Timo Doser: Keine Luxus-Sanierung, sondern notwendige Maßnahmen

Geschäftsführer Timo Doser will daran keine Zweifel aufkommen lassen. Sein Unternehmen setze bei der Vergabe der Bauarbeiten in der Markgrafenstraße nicht nur auf Handwerker aus der Region. "Wir machen auch nur das, was der Gesetzgeber wünscht und haben uns sogar auf das beschränkt, was den Mietern auch wirklich etwas nutzt", erklärt Doser.

Von Luxus-Sanierungen könne daher "keine Rede sein". Nichts genutzt hätte seiner Einschätzung nach zum Beispiel eine Dämmung der Fassade. "Die hätten wir zwar voll umfänglich auf die Mieter umlegen können, aber bei einem Altbau mit einem solch dicken Gemäuer wäre das sinnfrei gewesen", erklärt Doser.

Zweifel an Ersparnis durch sinkende Energiekosten

Der Begriff Modernisierung erzeuge bei Menschen zunächst positive Assoziationen, sagt Winfried Kropp. "Für die Mieter bedeuten sie tatsächlich genau das Gegenteil", führt er aus. Die künftigen Mieten in der Markgrafenstraße 45, so sagt er auch, seien höher als die Summe, die Mieter durch die energetische Sanierung jemals einsparen könnten.

Er rechnet vor: Rund 135 Euro zahlen die Mieter in der Markgrafenstraße für die gesamten Betriebskosten monatlich voraus, mit zehn Prozent weniger Energiekosten werde gerechnet. "Die Einsparung wird sich also auf 15 Euro belaufen bei einer Mehrbelastung von 224 Euro", sagt Kropp.

Rentner haben sich mit Angst vor Altersarmut an Mieterbund gewandt

Das könnten sich etliche Mieter nicht leisten. "An den Mieterbund haben sich Rentner gewandt, die sich sicher sind, dass sie deshalb bald Grundsicherung beziehen müssen." Sie bezeichnet eine Sozialleistung, die so eben das Existenzminimum sichert. Angesichts steigender Fallzahlen in den letzten Jahren, lösen sie bei vielen Menschen Unbehagen aus. Im Landkreis Konstanz waren Ende 2017 rund 1500 Personen über 65 Jahre auf Grundsicherung angewiesen, vor zehn Jahren waren es rund 1250.

Timo Doser verspricht: Wohnungen sollen weiter vermietet, nicht verkauft werden

Kropp befürchtet zudem, das Unternehmen Doser und Partner könnte die fertig sanierten Wohnungen an neue Eigentümer verkaufen, die bisherige Mieter dann wegen Eigenbedarfs aus den Gebäuden drängten. Beim Neukauf einer bislang vermieteten Wohnung gilt bei dieser Form der Sonderkündigung eine Sperrfrist von fünf Jahren.

Timo Doser widerspricht vehement, den Verkauf der Wohnungen zu planen: "Wir haben überhaupt kein Interesse daran, geschweige denn, die Mieter dort nicht mehr wohnen lassen zu wollen", sagt er. Die sanierten Objekte gehörten demnach zum Bestand des Unternehmens, der weiter vermietet werde.