419 Kilogramm Müll sammelten die Entsorgungsbetriebe Konstanz (EBK) im Jahr 2018 ein – von jedem Einwohner. Zusammengerechnet sind das über 35.000 Tonnen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass weit mehr dahinter steckt, als nur die Tonnen zu leeren und gelbe Säcke einzusammeln. Die verschiedenen Abfallarten werden in unterschiedliche Himmelsrichtungen transportiert, um verbrannt, recycelt oder kompostiert zu werden.

Achim Lehle leitet die Abteilung Abfallwirtschaft bei den EBK. Wir haben ihn besucht und uns den Weg des Mülls von ihm zeigen und erklären lassen. Bei verschiedenen Gesprächen fragt er immer wieder: „Wie kompliziert wollen Sie es denn?“ Man merkt, dass er tief in dem Thema ist, das für die meisten Menschen mit dem Wurf des Müllbeutels in die Tonne endet. Eine Übersicht der Konstanzer Müll-Reise:

Bild 1: Was passiert mit dem Müll aus Konstanz? Wir haben uns bei den Entsorgungsbetrieben umgesehen
Bild: Müller/Orlowski

Restmüll

Die Müllfahrzeuge bringen den Restmüll auf das EBK-Gelände im Industriegebiet. Dort wird er in etwa fünf Meter lange, orangene Transportbehälter gepresst.

Auf dem EBK-Gelände drückt eine Presse den Restmüll in diese Behälter. Sie werden anschließend per LKW und Zug nach Weinfelden ...
Auf dem EBK-Gelände drückt eine Presse den Restmüll in diese Behälter. Sie werden anschließend per LKW und Zug nach Weinfelden transportiert. | Bild: Jonas Schönfelder

Damit tritt er eine Reise in die Schweiz an, genauer gesagt zur Kehrichtverbrennungsanlage in Weinfelden. „Restmüll wird ohne vorherige Sortierung direkt verbrannt“, erklärt Achim Lehle. Die Wärmeenergie, die durch die Verbrennung entsteht, wird zweifach genutzt: Ein Generator in der Anlage produziert damit laut Betreiber Strom für 9000 Haushalte und der restliche Teil der Wärme wird über Rohre an eine nahgelegene Papierfabrik und eine Schule geleitet. Etwa ein Drittel des Restmülls bleibt nach der Verbrennung als Schlacke übrig. Laut Peter Steiner, Geschäftsführer der Verbrennungsanlage in der Schweiz, besteht sie zu etwa zehn Prozent aus Metallen, „die man zu einem großen Teil in Sortieranlagen noch abtrennen kann“. Der deutsche Anteil der Schlacke werde dann in zwei Deponien in Heilbronn und Wiesbaden geliefert.

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Gelbe Säcke

Anders als bei Restmüll ist die Entsorgung der gelben Säcke keine kommunale Aufgabe. Das geht auf die 1991 eingeführte Verpackungsverordnung zurück. Diese besagt, dass die Hersteller und Verkäufer von Gütern die Verpackungen zurücknehmen müssen. Daraus entstand ein duales System der Privatwirtschaft, welches die öffentliche Müllentsorgung ergänzt. Der Preis eines Joghurts enthält also bereits die Kosten für die Entsorgung der Verpackung. Anfangs bestand das duale System ausschließlich aus dem Grünen Punkt. Mittlerweile gibt es mehrere Unternehmen, die miteinander um diese Aufgabe konkurrieren. „Im Landkreis Konstanz hat Remondis den Auftrag vom Grünen Punkt bekommen“, sagt Lehle, „und die EBK übernehmen als Subunternehmer die Sammlung der gelben Säcke in der Stadt Konstanz„. Remondis ist laut Bundeskartellamt „das mit Abstand größte deutsche Entsorgungsunternehmen“.

Ein EBK-Mitarbeiter verlädt mit einem Greifarm gelbe Säcke auf einen Lastwagen.
Ein EBK-Mitarbeiter verlädt mit einem Greifarm gelbe Säcke auf einen Lastwagen. | Bild: Jonas Schönfelder

Wenn die Müllautos die gelben Säcke einsammeln, bringen sie diese anschließend zur Umladestation Dorfweiher zwischen Wollmatingen und Litzelstetten, die gleichzeitig ein Wertstoffhof ist. Von hier fahren Lastwagen die Ladung drei- bis viermal pro Woche nach Rheinfelden zur Firma Vogt-Plastic, wo sie sortiert und teilweise direkt recycelt wird. „Bei Aluminium können durch Recycling gegenüber der Neuproduktion 95 Prozent Energie eingespart werden“, erklärt Lehle. Er macht aber deutlich, dass die Wiederverwertung trotzdem immer zusätzlichen Energieverbrauch und teilweise weite Transportwege bedeute: „Ein Freibrief für ungehemmten Konsum ist Recycling nicht“, sagt er.

Altpapier

Für den Inhalt der blauen Tonne sind verschiedene Akteure zuständig, denn es gehören sowohl Papierverpackungen (duales System) als auch sonstiger Papierabfall (kommunale Aufgabe) hinein. In Konstanz wird das Altpapier von den EBK eingesammelt. Das duale System beteilige sich finanziell daran, sagt Achim Lehle.

Eine Hälfte des Altpapiers werde, wie die gelben Säcke, auf der Umladestation Dorfweiher zwischengelagert. Von dort gehe es dann in eine Sortieranlage bei Ravensburg und weiter in verschiedene Papierfabriken. Die andere Hälfte, die vorwiegend aus gewerblichem Papiermüll bestehe, komme nach Weinfelden. Dort steht eine Papierfabrik unweit der Verbrennungsanlage, in die der Restmüll kommt. Sie nutzt die Wärmeenergie, die durch die Müllverbrennung entsteht.

Biomüll

Organische Abfälle aus Konstanz kommen ins Kompostwerk nach Singen. Die von einem Remondis-Tochterunternehmen betriebene Anlage verwandelt den Bioabfall durch die sogenannte Tunnelkompostierung innerhalb von zwei Wochen in Dünger. Lehle von den EBK weist auf Probleme mit vermeintlich organisch abbaubaren Kunstoffbeuteln hin, die gerne für den Bioabfall genutzt würden. Diese zerfielen viel zu langsam, sodass nach der zweiwöchigen Kompostierung noch große Fetzen erkennbar seien. Dadurch werde die Qualität des Düngers gemindert. Er empfiehlt, Zeitungspapier anstelle von Kunststofftüten für den Biomüll zu verwenden.

Grünabfälle warten auf den Weitertransport.
Grünabfälle warten auf den Weitertransport. | Bild: Jonas Schönfelder

Grünabfälle wie Äste und Laub kompostiert die Anlage ebenfalls. Allerdings wird hier ein Verfahren genutzt, dass einem offenen Komposthaufen ähnelt.

Altglas

Die Sammlung des Altglases übernehmen die Entsorgungsbetriebe wie beim gelben Sack im Auftrag des dualen Systems. Auf dem EBK-Gelände lagern sie in verschiedenen Farben getrennt voneinander. Sobald genügend von einer Sorte zusammengekommen ist, bringt ein Lastwagen das Glas zu verschiedenen Glashütten in Süddeutschland, etwa nach Germersheim bei Karlsruhe oder nach Steinbach am Wald in Nordbayern. Dort wird es eingeschmolzen und zu neuen Flaschen verarbeitet. „Blauglas“, erklärt Lehle, „gehört übrigens in den Grünglascontainer“. Dort sei die Fehlertoleranz am höchsten. Eine Bitte will er auch noch loswerden: „Bitte legen Sie die Deckel nicht auf die Container.“ Dann müssten sie nämlich einzeln entsorgt werden. Sie könnten auf den Flaschen bleiben und würden später aussortiert. Ansonsten könne man die Deckel auch in den gelben Sack werfen.

Rechnet man die Abfallarten aus der Grafik zusammen, ergibt sich rundungsbedingt eine Abweichung von zwei Kilogramm zur Angabe im Text.