Linke, Migranten, Asylforderer, Schwachköpfe – und: Gutmenschen. Darum geht‘s unter anderem. Zumindest auf einem Blog namens Prinz Eugen, dessen Betreiber nach Annahmen des Staatsschutzes aus dem Landkreis Konstanz stammt. Gegen ihn oder sie laufen „aktuell – wie bereits mehrfach zuvor – Ermittlungen bezüglich der Identität“, wie Oliver Weißflog, Sprecher am Polizeipräsidium Konstanz, auf Anfrage bestätigt.

Warum ermittelt der Staatsschutz?

Die Richtung, worum es in besagtem Blog geht – er selbst will „das lesenswerte Netzlogbuch Prinz Eugen“ sein und war auch schon Teil der Berichterstattung des SÜDKURIER -, lassen den Anlass für die Ermittlungen erahnen: Eine Verletzung der Strafgesetz-Paragrafen 185 und 130, Beleidigung und Volksverhetzung.

Ein Sprecher des Landesinnenministeriums bestätigt, dass strafrechtlich relevante Inhalte mit diesem Bezug nicht ausgeschlossen werden.

Wen nimmt sich der Blog zum Ziel seiner Hetze?

Wie kann es aber sein, dass dieser Blog, der laut Weißflog „in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Gegenstand polizeilicher Ermittlungen“ war und dessen Inhalte mitunter unter jede Gürtellinie reichen, noch immer online ist? Er besteht seit mindestens zehn Jahren, wie ein Blick in sein Archiv zeigt.

Öffentlich gehetzt wird dort hauptsächlich mit politischem Anlass und mit Konstanzer Bezug. Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) zählt ebenso zu den Adressaten wie die Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli sowie weitere aus und in der Region politisch aktive Menschen jeglicher Parteifarbe – mit Ausnahme der AfD.

Um einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zu nennen: Neu-Stadträtin Nina Röckelein wird „verlauster Rastafilzkopf“ und weit Unappetitlicheres genannt. Ihre Fraktion, die Freie Grüne Liste, ist für Frau oder Herrn Prinz Eugen ein Ort für „infantile Spastis“.

Holger Reile – als Stadtrat der Linken oft gewählte Zielscheibe – sei „von Beruf Idiot“, aus dessen Reden „nur infantiler Unfug und dumpfrote Parolen aus der sozialistischen Mottenkiste“ kämen. Die Liste könnte lange fortgesetzt werden. Um einen Eindruck über den Umgangston zu verschaffen sollen diese Beispiele genügen.

Auf wie viele Fälle beziehen sich die Ermittlungen?

Der Fortbestand verwundert also. Zumal die Staatsschützer nicht wegen Einzelfällen aktiv sind, sondern wegen einer „Zahl im mittleren zweistelligen Bereich“, wie die Polizei erklärt. Eine genaue Angabe der strafrechtlich relevanten Beiträge ließe sich rückblickend nicht feststellen.

Warum kommt die Polizei nicht an den Urheber des Blogs heran?

Der Polizei stehen mehrere Probleme im Weg. Ein wesentliches liegt im Internetdienst begründet, auf dem der Blog seine Inhalte spielt: die Plattform Wordpress, für deren Basisversion keine Anmeldedaten hinterlegt werden müssen. Für die Ermittler sei es laut Oliver Weißflog entsprechend schwierig, an Betreiber oder Urheber einzelner Texte heranzukommen.

„Der Umstand, dass Wordpress seinen Sitz im Ausland hat, kommt erschwerend hinzu“, erklärt er. Tatsächlich führt auch eine Recherche des SÜDKURIER lediglich dorthin, wo die Wordpress-Server stehen: nach San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien.

Wann wird die Polizei überhaupt aktiv?

Unabhängig davon wird für die Strafverfolgung aber auch der Straftatbestand der Beleidigung zur Hürde. Zwar prüft die Kriminalpolizei laut Sprecher Oliver Weißflog, „auch eigeninitiativ in unregelmäßigen Zeitabständen bekannte und als radikal geltende, öffentlich zugängliche Publikationsmedien“.

Aber insbesondere Beleidigungen würden oft „nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt“. Mit anderen Worten: Der oder die Beleidigte muss einen Strafantrag stellen, damit die Angelegenheit bei den Ermittlern ankomme. „Dies ist aber oftmals nicht der Fall, vielmehr tragen Dritte die Informationen über entsprechende Publikationen an die Polizei heran“, erklärt Weißflog.

Bekannt ist der Blog inzwischen auch im Stuttgarter Landtag. Oliver Weißflog bestätigt SÜDKURIER-Informationen, wonach „einzelne Landespolitiker“ deshalb aktiv wurden. So soll Innenminister Thomas Strobl (CDU) persönlich eine Zusammenstellung mehrerer Artikel des Blogs übergeben worden sein.

Wer ist für ein Verbot des Blogs zuständig?

Am Innenministerium wäre es auch, ihn einstellen zu lassen – über den Weg eines Vereinsverbots. Entweder über das des Landes, oder – wenn der Blog als bundesweite Angelegenheit wahrgenommen wird – das des Bundes.

Denn ein Internetauftritt kann als Verein bewertet werden. Es gelten laut eines Ministeriumssprecher die Maßgabe: Mindestens zwei Personen müssen „mit einem Mindestmaß an Organisation“ einen gemeinsamen Zweck erfolgen. „In welcher Form die Organisation hergestellt wird, spielt keine Rolle“, so der Sprecher. Offen bleibt, ob die Prinz-Eugen-Betreiber dabei in den Fokus gerückt sind. Das Ministerium will sich nicht zu konkreten Fällen äußern.

Was ist die Grundlage für ein solches Verbot?

Wäre dies jedoch der Fall, so dürften die zuständigen Mitarbeiter bewerten, ob sich die Inhalte des Blogs „gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten“. Das wäre ein Verbotsgrund laut Vereinsgesetz.

Über die Arbeit der hauptsächlich Ehrenamtlichen im Konstanzer Café Mondial war bei Prinz Eugen zu lesen: „Interessiert das überhaupt einen dieser ‚Flüchtlinge‘? Primitive Unterschichtler, Kriminelle und Faulpelze ohne Qualifikation haben doch keinen Bock, sich diese buntverstrahlten Affen anzutun!“ Ein interessanter Satz, zumindest für die Ermittler.