Claudia Wagner und Julia Leiber

Der Blick auf den Fuhrpark stimmt Christian Widmann im Moment eher traurig. Da stehen sie alle in Reih und Glied säuberlich nebeneinander geparkt. „Das kommt sonst eigentlich nie vor“, sagt der Geschäftsführer von J+C Veranstaltungstechnik in Konstanz.

Zeit, das Lager zu ordnen und zu warten

Neben der Kultur ist die Veranstaltungsbranche im Moment mit am stärksten betroffen. Christian Widmann und sein Co-Geschäftsführer Jürgen Nägele demonstrieren das in ihren Räumen. „So voll sind die Kisten hier zu dieser Zeit nie“, erläutert Widmann beim Rundgang durch die Halle. Sauber sind hier Kabelrollen und Lichttechnik nebeneinander verstaut. Zu anderen Zeiten fehlen immer die Teile der Ausstattung, die bei einer Veranstaltung im Einsatz sind.

Bild 1: Wie wirkt sich Corona auf die Konstanzer Wirtschaft aus? Es gibt bittere, aber auch positive Erfahrungen
Bild: Wagner, Claudia

Erste Absagen kamen aus der Schweiz

Vor zwei Wochen wurden die ersten Aufträge in der Schweiz abgesagt, berichtet Widmann. Eine Disco-Veranstaltung in Tägerwilen, zwei in der Kreuzlinger Dreispitzhalle. „Eine der letzten Veranstaltungen fand in Zürich statt, mit deutlich reduzierter Personenzahl – aber wir durften sie organisieren“, sagt Widmann.

Mit Blick auf März und April sieht es düster aus: Ein Stand auf einer Fachmesse – abgesagt, ein Festival in der Bodensee-Arena Kreuzlingen – abgesagt. Veranstaltungen im Bodenseeforum, für das J+C Hausdienstleister ist, ebenfalls abgesagt.

Die meisten Mitarbeiter in Urlaub geschickt

Wie reagiert die Firma darauf? Widmann und Nägele haben die meisten der 21 Mitarbeiter in den Urlaub geschickt. Außerdem versuchten sie, Kosten zu sparen, zum Beispiel, Teile des Fuhrparks abzumelden. Sie wollen jetzt Kurzarbeitergeld beantragen. Und am liebsten würde Nägele das Jahr 2019, ein gutes Jahr, mit 2020, ein voraussichtlich schlechtes, steuerlich miteinander verrechnen.

Lagerist Alexander Rehfeldt hat eben noch Wartungsarbeiten erledigt: Er überprüft die Rollen, die an den großen Behälter angebracht ...
Lagerist Alexander Rehfeldt hat eben noch Wartungsarbeiten erledigt: Er überprüft die Rollen, die an den großen Behälter angebracht sind. „Vor Ort spart es viel Zeit, wenn sie alle funktionieren“, erläutert er. | Bild: Wagner, Claudia

„Bis Ende April wird 90 Prozent des Umsatzes wegfallen“, sagt Widmann voraus, „wir hoffen, dass bis Mai alles überstanden ist“.

Ruth Bader, Geschäftsführerin des Bodenseeforums, kann den wirtschaftlichen Einbruch noch nicht genau einschätzen, den die Absagen verursachen werden. Sie werde das Jahresergebnis um 200.000 Euro nach unten korrigieren müssen, aber das sei nur der vorläufige Stand. Alles Weitere hänge von vielen Faktoren ab. Viele Veranstaltungen würden verschoben und nicht völlig gestrichen – aber nicht für alle fänden sich Ersatztermine. „Deutlich mehr Sorgen mache ich mir um die Existenz unserer Partner“, sagt Ruth Bader. Das sind Hotelbetriebe, Caterer und Anbieter von Veranstaltungstechnik wie J+C.

Als international tätiges Unternehmen bekommt auch die Firma Ingun die Corona-Krise zu spüren. Die Konstanzer Firma, die Prüfmittel für die Elektronikindustrie herstellt, hat einen Krisenstab gebildet. Als Vorsichtsmaßnahme sei das Büro in Südkorea geschlossen worden, die Mitarbeiter arbeiten in Homeoffice, berichtet Pressesprecherin Dana Munoz.

Reisen nur noch im Notfall

Reisen würden nur noch im Ausnahmefall unternommen. Das Büro in Shanghai sei zwei Wochen lang geschlossen gewesen. Auch für die Zentrale in Konstanz habe man bereits einen Notfallplan entwickelt, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Bisher seien nur zwei Mitarbeiter vorsorglich in Quarantäne.

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Bild: Julia Leiber

Bei der Automobilbranche scheint die Lage noch entspannt zu sein. Hansjörg Blender, Pressesprecher der Kfz-Innung Bodensee, Hochrhein, Schwarzwald sagt, dass sein Autohaus noch nicht betroffen sei. „Wir merken allerdings, dass Ersatzteile von Renault aus Südkorea zwei bis vier Wochen später ankommen“, erklärt er. Die Lage in der Kfz-Branche sei aber nicht beunruhigend, die meisten Zulieferer kämen aus Europa.

Auch Positives bei der Solarbranche

Je nach Perspektive erkennt Klaus Rist, Anlagenplaner bei Sunny Solartechnik, Positives wie Negatives in der aktuellen Lage. „Bei chinesischen Herstellern gibt es Lieferengpässe bei den Modulen“, sagt er. Deutsche Hersteller, die ihre Ware zu höheren Preisen anbieten, hätten aber noch Teile auf Lager. Das könne ein großer Vorteil für die deutsche Solarbranche sein. „Wir konnten einige Kunden überzeugen, die Module deutscher Hersteller zu nehmen“, sagt Rist.