Es war der Nikolaustag vor zwei Jahren. Der Gemeinderat habe die "einvernehmliche Trennung" von Thomas Karsch beschlossen, erklärte der städtische Personalchef Thomas Traber in einer Sitzung des Betriebsausschuss Bodenseeforum.
Einvernehmlich? Vielleicht. Ganz sicher aber: zähneknirschend, denn diese Trennung war – dank üppiger Abfindung – eine teure für die Stadt. Rückblick: Wenige Wochen vor der Sitzung an Nikolaus hatte sich der erste Geschäftsführer des Veranstaltungshauses am Seerhein krank abgemeldet – und ward in Konstanz nicht mehr gesehen.
Auf Karsch folgte Lohmar – lange bleibt er offenbar aber nicht
Gewählt hatte ihn der Gemeinderat gerade einmal ein halbes Jahr zuvor. Zur Eröffnung sagte Karsch noch: "Wir wollen zeigen, was im Bodenseeforum alles möglich ist." Möglich mag noch einiges sein für das Haus. Aber weder mit Karsch an der Spitze, noch mit dessen Nachfolger Jochen Lohmar.
Erneut sieht es nach einer vorzeitigen Trennung aus, erneut dürfte das für die Stadt teuer werden. Das Gehalt eines kompletten Jahres stünde Lohmar als Abfindung wohl zu. Vom Schaden für den in der Bevölkerung ohnehin ramponierten Ruf des einst zum "Haus für Konstanzer" erklärten Bodenseeforums ganz abgesehen. So manch einer wird die sich anbahnende Kündigung des Chefs zum Anlass nehmen, dem Haus verbal den Garaus machen zu wollen.
Christine Kullen und Elisabeth Uhl: Auch bei ihnen traf der Gemeinderat keine glückliche Wahl
Der Konstanzer Gemeinderat muss sich Gedanken machen, warum er nicht einmal, nicht zweimal, sondern in den letzten Jahren gleich mehrfach daneben griff, als es um wichtige Personalentscheidungen ging. Mit der Arbeit von Christine Kullen, 2014 zur Hauptamtsleiterin der Stadt gewählt, wurde das Gremium nie wirklich glücklich. Als sie von Oberbürgermeister Uli Burchardt im Zuge einer Umstrukturierung de facto entmachtet wurde, entschwand sie im Herbst 2016 ins beschauliche Remshalden bei Stuttgart.
Erst vor wenigen Wochen gipfelte die Unzufriedenheit von städtischer Verwaltung und Politik mit der Leiterin des Rechnungsprüfungsamts, Elisabeth Uhl, in einem fraktionsübergreifenden Antrag zu ihrer Absetzung – auch sie ist erst seit zwei Jahren im Amt.
Lohmar wurde offenbar falsch eingeschätzt
In Jochen Lohmar hat man sich offenbar schwer getäuscht. Der größte Teil seiner Mitarbeiter scheint nicht mehr bereit, unter ihm zu arbeiten. Er wird als Chef verantwortlich für eine Kündigungswelle gemacht. Selbst an einer gemeinsamen Weihnachtsfeier teilzunehmen, um die Fassade zu wahren, kam für seine Mitarbeiter nicht mehr infrage.
Häme wäre Fehl am Platz
Es wäre dennoch nicht fair, dem Gemeinderat ob der teils teuren personellen Fehlgriffe eine lange Nase zu drehen. Fehler passieren, in Menschen kann man sich täuschen, Kompetenzen kann man überbewerten oder falsch einschätzen.
Statt Häme zu verteilen muss vielmehr die Frage gestellt werden: Kann und sollte ein ehrenamtlich tätiger Gemeinderat solch wichtige Entscheidungen für eine Stadt treffen, wie es die geltenden Gesetze und Ordnungen vorsehen? Es handelt sich bei dem Gremium schließlich nicht um eine Ansammlung von Experten für Personalwesen oder Betriebswirtschaft. Sondern um – im besten Sinne – ganz normale Bürger, die im Alltag Lehrer, Ärzte, Handwerker oder Polizisten sind und teils bereits den Ruhestand genießen.
Gemeinderäte brauchen Fachwissen, vor allem aber Zeit, sich dieses anzueignen
Es ist an ihnen selbst, die Fehler der Vergangenheit bei der Besetzung wichtiger Positionen kritisch zu hinterfragen. Die Stadträte müssen aber auch in die Lage gebracht werden, solche Entscheidungen überhaupt treffen zu können, fachlich wie zeitlich. Seminare und Schulungen gibt es zwar zuhauf, an denen Gemeinderäte in das hineinschnuppern können, was Verwaltungsprofis jahrelang beigebracht wird.
Ihr Besuch kostet manchmal nicht viel Geld - aber Stunden, manchmal auch Tage. Und diesmal kann die Gemeindeordnung helfen, dort steht: "Steht der Gemeinderat in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, ist ihm die für seine Tätigkeit erforderliche freie Zeit zu gewähren." Bis heute ist nicht geklärt, ob dies auch Fortbildungen umfasst.
Und: Es war nicht jede Personalentscheidung schlecht
Eine versöhnliche Bemerkung vor Weihnachten: Nicht jede Wahl wichtiger Verantwortlicher ging daneben. Philharmonie-Intendant Beat Fehlmann und Chefdirigent Ari Rasilainen – diese beiden Entscheider auf kultureller Bühne haben zum Beispiel vieles richtig gemacht oder machen das derzeit noch. Mit Insa Pijanka als Fehlmanns Nachfolgerin im nächsten Jahr und Karin Becker als künftige Theaterintendantin ab 2020 können zwei Frauen künftig zeigen: Der Konstanzer Gemeinderat kann auch gute und richtige Entscheidungen treffen.