Aurelia Scherrer und Ingo Feiertag

Als vor zwei Wochen der Online-Versandhändler Zalando als erster neuer Mieter des Sparkassengebäudes an der Marktstätte bekannt gegeben wurde, schlug diese Nachricht hohe Wellen. Das Unternehmen will auf 1200 Quadratmetern in bester Lage an der Marktstätte ein Outlet eröffnen.

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Auf der einen Seite meldeten sich aufgebrachte Konstanzer Händler in der SÜDKURIER-Redaktion – die dann aber doch nicht für einen Artikel zitiert werden wollen.

Auf der anderen Seite hießen auf Facebook neben einigen kritischen Stimmen zahlreiche begeisterte Kunden das Outlet willkommen, das im Herbst 2020 eröffnen soll. Die lokale Werbe- und Aktionsgemeinschaft "Treffpunkt Konstanz" will zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Stellung nehmen.

Doch was halten die Handelsverbände vom neuen Angebot? Wir haben beim Handelsverband Südbaden, der IHK und der Dehoga nachgefragt.

Der Handelsverband sagt: Es kommt drauf an...

„Welche Auswirkungen die Eröffnung von Zalando haben wird, kann ich noch nicht abschätzen. Mir fehlen noch genaue Informationen, wie groß das Geschäft wird und welche Ausrichtung es haben wird“, äußert Utz Geiselhart, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des HandelsverbandsSüdbaden. Ob die Neueröffnung eine Ergänzung sein werde oder nicht, das hänge davon ab, „mit welchem Genre Zalando nach Konstanz kommt“.

Können sich die inhabergeführten Konstanzer Einzelhandelsgeschäfte gegen den Online-Riesen, der jetzt im stationären Handel Fuß fassen will, behaupten? Dazu sagt Geiselhart: „Konstanz hat eine gute Ausstattung in allen Sortimentsbereichen. Ich kann keine Sortimentslücke erkennen. Wechsel liegen in der Natur der Dinge. Einer hört auf, andere fangen an."

Die IHK sagt: Die Einkaufsstadt Konstanz wird durch Zalando eher noch veredelt

„Wir sehen das sehr gelassen. Zalando ist ein bekannter Name“, sagt Bertram Paganini, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK), Geschäftsstelle Konstanz. Er kommt auf den neuen Trend zu sprechen, dass typische Online-Unternehmen „sehen, wie wichtig der stationäre Handel ist“.

Dass ZalandoKonstanz gewählt habe, zeige, wie wichtig diese Stadt als Handelsstandort sei. „Wir sehen nichts Negatives. Eine optimale Einkaufsstadt hat eine Vielfalt an Namen und Marken. Ein prominenter Onlinehändler optimiert das Portfolio an Betriebstypen“, findet Paganini. Der Name Zalando habe eine gewisse Strahlkraft.

„Es wird keine Wettbewerbsverzerrung zur Folge haben“, ist Bertram Paganini überzeugt. Im Gegenteil: „Konstanz wird eher noch veredelt. Das ist positiv für die Einkaufsstadt.“ Mit dem ehemaligen Sparkassen-Gebäude würde sich Zalando an einem prominenten Innenstadtstandort und eben nicht auf der „grünen Wiese“ ansiedeln, was ganz im Sinne des Konstanzer Einzelhandelskonzeptes sei.

Auch beim Lago gab es damals Sorgen – die sich nicht bewahrheitet haben

„Der Handel wird definitiv nicht darunter leiden“, meint Bertram Paganini. Er erinnert an die Eröffnung des Lago Shopping-Centers im Jahr 2004. Zahlreiche Händler befürchteten seinerzeit, durch die Konkurrenz würden inhabergeführte Innenstadt-Geschäfte leiden. „Ich wurde damals schwer kritisiert, weil ich das Lago befürwortet habe“, sagt Paganini.

Und was passierte? Ein massives Ladensterben blieb aus; stattdessen lockte das Lago Einkäufer weit über die Region hinaus nach Konstanz, wovon auch die Händler in der Innenstadt profitierten. Paganini ist zuversichtlich, dass sich die bestehenden Einzelhandelsgeschäfte behaupten werden. Die Werbe- und Aktionsgemeinschaft Treffpunkt Konstanz sieht er als vorbildhaft, denn sie setze auf die Haptik, stelle Beratung in den Vordergrund und stärke im Schulterschluss mit dem Tourismus die Einkaufsinnenstadt.

Und Bertram Paganini denkt sogar noch weiter: „Vielleicht wird Zalando sogar Mitglied im Treffpunkt Konstanz?“

Die Dehoga sagt: Filialisten engagieren sich nicht so stark für die Stadt wie Einzelhändler

„Zalando ist ein deutscher Online-Versandhandel; ein sogenanntes Start-up, das es geschafft hat mit einem Werbe-Clip derart auf sich aufmerksam zu machen, dass sich eigentlich in ganz Deutschland dieser Name eingeprägt hat“, fasst Manfred Hölzl, Ortsvorsitzender Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), zusammen.

„Was jetzt passiert, ist hochinteressant“, findet er. Immer sei die Rede davon, der Einzelhandel leide massiv unter der Online-Konkurrenz und solle sich auch am Online-Markt bewegen. „Und jetzt passiert etwas Erstaunliches: Der Online-Handel läuft in die andere Richtung und investiert in einen Shop." Der stationäre Handel habe also auch künftig seine Berechtigung.

Gerüchte sagen: Neben Zalando könnte Systemgastronom Vapiano in die ehemalige Sparkasse einziehen

Doch neben Zalando werde im ehemaligen Sparkassengebäude nicht nur noch ein weiteres Hotel, sondern auch ein Gastronomie-Mitbewerber einziehen. Manfred Hölzl hat gehört, es könne sich um Vapiano handeln. „Vapiano ist eine Kette. Da gibt es keine Fachleute mehr“, beschreibt Hölzl. Vielmehr handle es sich um eine Art Systemgastronomie. Natürlich sei es nicht toll, wenn zunehmend Filialisten nach Konstanz kämen. Aber: „Es ist eine Ergänzung, ein Hingucker, aber auch sie müssen sich am Markt beweisen“, stellt er fest.

Filialisten, und da gebe es nur wenige Ausnahmen, „engagieren sich nicht für die Stadt; sie steigen in eine Immobilie ein, machen auf und gut ist. Hauptsache: Rendite“, so Hölzl. „Es ist schade, dass wir bald nur noch Ketten haben.“ Man könne lediglich an die Hausbesitzer appellieren, Einzelunternehmen eine Chance zu geben. Von städtischer Seite sollten die Einzelhändler gefördert werden.

Droht der Innenstadt dann endgültig der Verkehrs- und Parkplatz-Kollaps?

Als problematisch erachtet Hölzl die verkehrliche Infrastruktur, die mit Eröffnung der neuen Filialisten noch stärker belastet werde. Durch die künftige Art der Nutzung der ehemaligen Sparkasse werde es noch mehr Verkehr in der Innenstadt geben. Er bezweifelt, dass die Parkplatzsituation, aber auch die bislang angeordneten Fahrradabstellplätze dann noch funktionieren würden.

Wenn nicht rechtzeitig auf die neuen Anforderungen reagiert werde, „dann implodiert die Marktstätte vollends“, so Hölzl.