Während die Gemeinde Allensbach im Rahmen des Landessanierungsprogramms weitere Fördergelder beantragt und hierfür ein umfassenderes Entwicklungskonzept erstellen lässt, ist die Zukunft der wohl prominentesten Immobilie im Ortszentrum weiter ungeklärt. Was soll aus dem Areal des ehemaligen Gasthauses Adler im Herzen von Allensbach werden? Wohnraum, ein Hotel oder wie früher Gastronomie? Über diese Frage wird in den Gemeinde seit über zwei Jahren diskutiert. Bei der Bürgerversammlung im Juni 2017 machten Bürger rund 50 Vorschläge. Doch Bürgermeister Stefan Friedrich erklärt, dass immer noch die Frage im Raum stehe, ob das kleinere Nebengebäude, in dem derzeit Flüchtlinge untergebracht sind, aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten werden müsse.

Und das bremst die weitere Planung. Ein Hotel beispielsweise wäre allein auf dem Grundstück, auf dem der Adler steht, nicht möglich, so Friedrich. Beim Nebengebäude sei bisher nur klar, dass Teile davon denkmalgeschützt seien. Da gehe es zum einen um die Frage, ob diese erhalten werden könnten, ohne das ganze Gebäude stehen zu lassen.
Doch es gehe auch um eine Ebene darüber, meint er. Ob die Bedeutung des Standorts für die Öffentlichkeit nicht schwerer wiege, betont der Bürgermeister. Er und der Gemeinderat würden ohnehin nicht verstehen, warum das Gebäude denkmalgeschützt sei. „Das erschließt sich nicht, wenn man davor steht.“ Wobei er anmerkt: „Wir haben nichts gegen Denkmalschutz.“ Es gebe genügend erhaltenswerte Häuser im Ortszentrum. Aber beim Adler mit Nebengebäude gelte: „Wir haben ein übergeordnetes Interesse, eine soziale Verpflichtung, einen politischen Auftrag.“ Friedrich und Stadtplaner Wolfgang Kuhn von der Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), die die Gemeinde beim Sanierungsprogramm betreut, erklären deshalb, man strebe einen Vororttermin mit dem Landesamt für Denkmalpflege an, um sich das Gebäude gemeinsam anzuschauen und darüber zu diskutieren. „Wir sind intensiv dabei, diese Frage zu klären“, versichert der Bürgermeister. Und er gehe davon aus, dass dies in ein paar Monaten der Fall sein werde.
Die Zukunft des Adler hatte der Gemeinderat im Rahmen des Sanierungsprogramms priorisiert – und ebenso den Montessori-Kindergarten und die Seegartenbühne. Letztere werde zwar mit Förderung aus dem Tourismustopf neu gebaut, so Friedrich und Kuhn. Doch dabei gehe es auch um die Frage der künftigen Gestaltung des gesamten Seegartenareals westlich und östlich davon. Beim Montessori-Kindergarten, der einem neuen Kinderhaus weichen soll, könne immerhin der Abriss gefördert werden.
Während diese Projekte in Arbeit sind, stehen weitere auf der Agenda, so Friedrich und Kuhn. „Alle Gedanken reifen weiter“, erklärt der Bürgermeister. Er hoffe, dass es im Jahr 2019 eine neue Priorisierungsliste geben werde, die Umsetzung der Maßnahmen künftig schneller gehe und auch etwas davon zu sehen sein werde – was bisher nicht der Fall ist. Zumindest beim Adler, der Seegartenbühne und dem Kindergarten sollen im kommenden Jahr Ergebnisse erkennbar sein, doch auch bei der einen oder anderen privaten Maßnahme. Mit acht Eigentümern stehe man in Verbindung, so Kuhn. Bei einigen stehe die Förderung schon fest.
Auch dadurch sowie vor allem durch die Rathaussanierung sei aber die erste Fördertranche des Landes mittlerweile aufgebraucht, erklärt der Bürgermeister (siehe Info). „Wir haben mehr Mittel beantragt.“ Weitere 200 000 Euro wurden jüngst auch vom Land bewilligt. Das sei fürs laufende Geschäft nötig, so Friedrich – für die privaten Maßnahmen und eben das Großprojekt Adler.
Zugleich habe aber das Land für zusätzliche Fördermittel ein erweitertes Entwicklungskonzept gefordert, das nun die Steg bis Herbst erstellen solle. „Wir haben wenig Fläche und Budget. Daher ist ein Masterplan wichtig.“ Dieses Konzept brauche es aber auch politisch, um die Bürger weiter mitzunehmen und zu beteiligen, meint Friedrich. Es gehe dabei nun um einen „globalen Blick auf die Gemeinde“. Die Steg solle ausloten, wie die Maßnahmen im Ortszentrum möglichst vielen Allensbachern nutzen, und hierzu die Ortsteile mit einbinden.
Ein Beispiel sei die künftige Gestaltung und Nutzung des Rathausplatzes, so Friedrich und Kuhn. Soll dieser weiterhin die meiste Zeit des Jahres ein Parkplatz sein? Und wenn etwas neu gestaltet werde, dann müssten weiter Veranstaltungen wie das Seetorfescht, das für alle Allensbacher wichtig sei, möglich sein, so Friedrich. Ein anderes Bespiel seien – wie oben erwähnt – die Uferanlagen, aber auch deren Anbindung ans Zentrum, die durch die Bahnlinie durchschnitten wird. Oder auch die Frage, ob das asphaltierte Areal zwischen Bahnhof, Alet-Stüble und Bäckerei Ratzek umgestaltet und aufgewertet werden könnte. In diesem Bereich sicher sinnvoll wäre auch eine weitere neue Radabstellanlage für Pendler, meint Friedrich.
Bei all diesen Themen gehe es immer um die Fragen: Was gibt es, was braucht es, was nützt den Allensbacher Bürgern? Wenn es Konzepte gebe für die einzelnen Projekte, sollten auch die Bürger jeweils beteiligt werden, so der Bürgermeister. Natürlich müsse dann der Gemeinderat entscheiden, was gemacht werden soll. Stefan Friedrichs Zwischenbilanz zum Landessanierungskonzept lautet: „Jetzt sind wir voll drin. Wenn es sinnvolle Projekte gibt, kann man Förderung bekommen. Das steht und fällt mit uns.“
Das Programm
Die Gemeinde Allensbach wurde 2014 in das Landessanierungsprogramm aufgenommen. Dabei geht es neben reinen Sanierungsmaßnahmen um die Entwicklung und Gestaltung des Ortszentrums zwischen Seeufer und Höhrenbergstraße. Leitlinien sind dabei, den historischen Kern zum Erlebnisstandort zu entwickeln sowie die Stärkung des Zentrums unter Aspekten wie Ortsbild, Wohnraum, Nahversorgung und Freizeit. Beim Antrag der Gemeinde ging es um einen Förderrahmen von 2,2 Millionen Euro. Vom Land bewilligt wurden 2014 zunächst 700 000 Euro, die mittlerweile aufgebraucht sind – allein für die Rathaussanierung waren es gut 500 000 aus diesem Fördertopf. Einige private Vorhaben wurden zudem gefördert – Dämmmaßnahmen oder Heizungserneuerungen. Jüngst bewilligte das Land weitere 200 000 Euro. Für Privatleute gibt es ein Viertel der Kosten, maximal aber 25 000 Euro als Förderung, die zu 60 Prozent aus dem Landestopf kommen, zu 40 Prozent von der Gemeinde. Letztere erhält bei eigenen Projekten ebenfalls 60 Prozent aus dem Landesprogramm. (toz)