Es ist zum schwansinnig werden! Einmal mehr hat sich am Mittwochvormittag, 22. November, ein Schwan auf die Alte Rheinbrücke verirrt. Denn die steht beim Landeanflug ziemlich ungünstig im Weg. Und so fand sich dort gegen 9.30 Uhr plötzlich einer der großen weißen Wasservögel im Bereich Fußgängerweg und Bahnschiene wieder.

Polizei und Feuerwehr eilten an den Ort des Geschehens, der Seehas Richtung Bahnhof Konstanz stoppte. Zunächst bestand der Verdacht, das Tier könne sich den Flügel gebrochen haben, doch der erhärtete sich glücklicherweise nicht, wie Feuerwehrsprecher Fabian Daltoe dem SÜDKURIER sagt: „Die Kollegen haben den Schwan eingefangen und ihn im Herosépark wieder in die Freiheit entlassen. Er war unverletzt und schwimmt nun wieder fröhlich auf dem Seerhein.“

Die Alte Rheinbrücke ist zwar derzeit nicht beflaggt, aber auch die links und rechts zu erkennenden Fahnenstangen sind neben Lichtmasten ...
Die Alte Rheinbrücke ist zwar derzeit nicht beflaggt, aber auch die links und rechts zu erkennenden Fahnenstangen sind neben Lichtmasten und Stromleitungen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis für Schwäne beim Landeanflug auf Seerhein und Konstanzer Trichter. | Bild: Philipp Zieger

Es war beileibe nicht der erste derartige Fall – nicht einmal in dieser Woche. Bereits einen Tag vorher hatte sich eines der Tiere auf die Brücke verirrt und watschelte am Mittag auf der Fahrbahn herum. Der Konstanzer Michael Cinque, der dort zufällig auf seiner Vespa entlangfuhr, bereinigte die Situation ohne Polizei- und Feuerwehrkommando gleich selbst. Nicht nur, weil er mit Lederhandschuhen und Helm ohnehin gut dafür ausgerüstet war, sondern weil er vor Jahren dasselbe schon mal erlebt hatte, also bereits erfahren ist.

„Hauptsache von der Straße weg“

Sein erster Gedanke war: „Hauptsache von der Straße weg, damit nichts Schlimmeres passiert.“ Also packte er das Tier am Hals, klemmte es sich unter den Arm und achtete dabei tunlichst darauf, dass ihm der Schwan weder mit seinem Schnabel noch mit seinen Flügeln etwas tun konnte.

Dann trug Cinque den Vogel über die Spanierstraße nach unten an den Seerhein, wo er ihn auf der Uferwiese neben dem Ruderverein Neptun absetzte. Ein Autofahrer stand derweil auf der Brücke mit eingeschaltetem Warnblinker hinter dem zurückgelassenen Roller, um andere auf das Hindernis hinzuweisen.

(Archivbild) Ein Schwan auf der Alten Rheinbrücke. Dieses Fotos stammt aus dem Jahr 2021.
(Archivbild) Ein Schwan auf der Alten Rheinbrücke. Dieses Fotos stammt aus dem Jahr 2021. | Bild: Brigitte Sommer | SK-Archiv

Andere verhielten sich leider nicht so hilfsbereit und rücksichtsvoll und quetschten sich noch vorbei, während der Konstanzer das Tier einfing, wie er am Telefon berichtet. „Da muss man als Autofahrer doch mal zwei Minuten Geduld haben“, sagt Cinque, und man kann sich gut vorstellen, wie er dabei den Kopf schüttelt.

Dass immer wieder Schwäne auf der Alten Rheinbrücke landen, könnte auch mit einer gut gemeinten Geste zu tun haben: der Beflaggung. Das sagt zumindest Bernd Metzger, der Leiter der Tierrettung Südbaden: „Die Tiere versuchen zwar, im Wasser zu landen, verschätzen sich dabei aber und bleiben zum Teil an Hindernissen wie Stromleitungen oder Fahnenmasten hängen.“

Bernd Metzger ist Gründer und Leiter der Tierrettung Südbaden.
Bernd Metzger ist Gründer und Leiter der Tierrettung Südbaden. | Bild: Kirsten Johanson | SK-Archiv

Schwerpunkte in der Region für diese Vorkommnisse gibt es laut Metzger zwei: die Alte Rheinbrücke in Konstanz und den Bereich B33/Autobahnkreuz Hegau bei Beuren an der Aach. „Dort wollen die Tiere auf der Radolfzeller Aach landen, geraten dabei aber ab und an auf die darüber hinweg führende Bundesstraße.“

„Sie kommen nicht wieder hoch“

Von selbst dort wegzukommen, gestaltet sich für die Schwäne schwierig. „Prinzipiell könnten sie zwar wieder starten, aber sie haben einen langen Anlaufweg. Und auf der Brücke in Konstanz kommen sie wegen der Leitungen und Fahnen auch nicht wieder hoch“, sagt Metzger, dessen in Radolfzell ansässiger Verein für seine Arbeit keine öffentlichen Mittel bekommt und sich zum Großteil über Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert.

Michael Cinque weist noch auf einen anderen Aspekt hin: Die Füße und Beine der Schwäne seien nicht wirklich für einen längeren Sprint auf Asphalt gemacht, meint der Konstanzer. Andernfalls hießen sie in der Fachsprache wohl auch nicht Ruder, sondern Turnschuhe, um mal einen Kalauer einzustreuen.

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Wie viele Schwäne genau es in der Region gibt, lässt sich laut Lisa Maier vom Bodenseezentrum des Naturschutzbundes am Bahnhof Reichenau nicht sagen. Denn das hängt unter anderem wegen des Zugverhaltens stark vom Zeitpunkt im Jahr ab. Im Januar 2023 waren es laut Maier am gesamten Bodensee bis zu 4500. Allein im Ermatinger Becken, wo der Seerhein in den Untersee übergeht, hielten sich rund 1100 der Tiere auf.

Wer in die Situation kommt, einen Schwan von der Straße schaffen zu müssen, der sollte laut Bernd Metzger entweder gleichzeitig beherzt und vorsichtig vorgehen oder die Finger davon lassen, den Bereich absperren und die Polizei rufen, damit die alles Nötige in die Wege leitet. Denn die Schwäne haben mit ihrem Schnabel und den kräftigen großen Flügeln echte Waffen. „Ein ausgewachsener Vogel kann einem Menschen locker den Unterarm brechen.“

Mit ihren kräftigen Flügeln können Schwäne Menschen, die sie berühren wollen, sehr weh tun.
Mit ihren kräftigen Flügeln können Schwäne Menschen, die sie berühren wollen, sehr weh tun. | Bild: Robert Hahn Bauer | SK-Archiv

Tiere können auch Anflugtrauma erlitten haben

Ein weiteres Problem: Manche Verletzungen sieht man rein äußerlich zunächst gar nicht. Das Tier scheint sich nichts gebrochen zu haben, also treibt man es in bester Absicht vor sich her ins Wasser oder fängt es ein und setzt es dort wieder aus. Dabei kann es an einem Anflugtrauma leiden, weil es zuvor gegen ein Hindernis geprallt ist.

„Deshalb sollte man auch ein wenig schauen, wie das Verhalten des Schwans ist“, sagt Bernd Metzger. Typisch sind für solche Gehirnerschütterungen etwa Schwäche und Gleichgewichtsstörungen. Die Vögel – betroffenen sind nicht nur Schwäne – legen den Kopf schief, bewegen sich auffällig oder reagieren kaum auf ihre Umgebung. Oberstes Gebot ist dann: Ruhe.

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