Tilo Irmisch ist die freudige Erwartung anzumerken. Dass sich Gäste des von ihm geführten Constanzer Wirtshaus‚ am Montag wieder willkommen fühlen sollen, dafür hat er sich gründlich vorbereitet. Er, seine Frau und sein Team. Viele Menschen, die viel zu lang zur Untätigkeit gezwungen waren.
Beim Rundgang erläutert Irmisch, was noch fehlt und wo die Pfeile eingezeichnet werden, die die Besucher an die Sitzplätze leiten. Auch die Theke soll noch einen Plexiglasschutz erhalten. „Es war nicht einfach, den zu organisieren“, sagt Irmisch.
Gäste müssen ihre Kontaktdaten hinterlegen
Die größte Neuerung aber ist der Empfang. Dort soll sich künftig jeder Gast, der reserviert hat, mit Adresse und Telefonnummer anmelden. Zur Sicherheit, um mögliche Infektionsketten zurückverfolgen zu können.
„Wir müssen schauen, dass der Andrang nicht zu groß wird“, sagt Alexandra Glas, Restaurantleiterin, die mit einem Kollegen am Empfang stehen wird. Der Kollege zeigt den Gästen dann den Sitzplatz. So locker wie sonst, wird das Arbeiten im Restaurant nicht: Alle Service-, Theken- und Küchenmitarbeiter müssen Mundschutzmasken tragen.

Mundschutz ist Pflicht – ziemlich anstrengend
„Es wird eine Umstellung, vor allem an warmen Tagen“, ist sich Wirtshaus-Geschäftsführer Irmisch sicher. „Wir sorgen dafür, dass alle Mitarbeiter genügend Zeit für Pausen haben, um sich auszuruhen.“ Pro Schicht sei absichtlich eine Person mehr als normalerweise eingeteilt.
So geht es weiter: Das Besteck muss desinfiziert und darf danach nicht mehr berührt werden. Kommt ein Service-Mitarbeiter an den Tisch, sollen die Gäste ihre Getränke selbst abnehmen, damit es nicht zu unnötigen Berührungen kommt.

Alle Toiletten sind corona-gerecht umgebaut
Auch die Toiletten sind in der Zwischenzeit, als das Wirtshaus geschlossen war, umgebaut worden: Die Wasserhähne funktionieren ohne Berührung und die Waschbecken sind durch eine Trennwand voneinander getrennt.

Klingt nicht nach Frohsinn und Biergarten-Romantik. Doch aller Vorsicht zum Trotz: Der Inhaber und die 60 Mitarbeiter des Wirtshauses freuen sich, dass es jetzt endlich losgeht. Bisher waren sie alle in Kurzarbeit. „Wir werden etwa 20 Personen in einer Schicht beschäftigen“, sagt Tilo Irmisch. Deshalb kämen auch alle zum Einsatz. Mit dieser Vorfreude wollen sie ihre Gäste ab Montag empfangen. Dass die Herzlichkeit durch die Maske gefiltert werden muss – eine Kleinigkeit.
Andere Gastronomen sind noch in einem ganz anderen Stadium der Problembewältigung. Joachim Gretzmeier ist Betreiber des Ziegelhofs, des Clubhaus‘ Lände, des Weinglöckle und der Steinernen Kugel. „Den Ziegelhof kann ich am 18. Mai öffnen“, sagt Gretzmeier, dort sehe er kein großes Problem.
Die Steinerne Kugel werde er vielleicht eine Woche später aufmachen. Der Raum ist knapp 30 Quadratmeter groß, er biete dort Wein und Bier und kleine Snacks an.
„Ich dürfte öffnen, warte aber noch ab“, sagt Gretzmeier. Am meisten Sorgen mache ihm der Mundschutz. „Ich weiß nicht, ob ich das meinen Mitarbeitern zumuten kann. Meine älteste Angestellte ist 73“, sagt er. Auch den Abstand von 1,50 Meter zwischen den Tischen einzurichten werde schwierig: „Wenn sich keiner bewegt, geht es schon“, sagt er und lacht.
Die Steinerne Kugel sorgt für die geringsten Kosten
Die Steinerne Kugel noch geschlossen zu lassen, sei deshalb die sinnvollste Lösung. „Dort habe ich auch die wenigsten Kosten“, sagt Joachim Gretzmaier. Mit seinem Team hofft er, dass das Geschäft rasch und gut anläuft. „Ich habe einen Kredit von 100.000 Euro beantragt“, gibt der Gastronom preis. Irgendwann müsse das Geld wieder reinkommen.
Öffnung trotz Verbots durch die Stadtverwaltung?
Noch schwieriger ist die Lage für Martin Gülünay. Er betreibt die Destille in Petershausen, eine Raucherkneipe, in der auch kleine Snacks angeboten werden. Die Stadtverwaltung habe ihm dennoch verboten, seine Kneipe zu öffnen. Der Aspekt Speisegaststätte stehe nicht im Zentrum, hieß es zur Begründung. „Die Dehoga (Hotel- und Gaststättenverband, die Redaktion) wiederum rät mir, zu öffnen – und falls wirklich ein Verbot käme, dagegen zu klagen“, erläutert Gülünay. Richtig wohl ist ihm nicht, beim Gedanken gegen die Anweisung der Stadt zu handeln.
Lars Breimaier ist nicht nur frustriert, sondern aufgebracht. Auch er hat einen Ablehnungsbescheid der Stadt bekommen. Das Schweizer Eck dürfe er nicht öffnen, weil es keine Speisegaststätte im engeren Sinn sei. Breimaier will das nicht akzeptieren, ähnlich wie Gülünay wurde er von der Dehoga anders beraten. Seine Konzession lasse schließlich Speisen auf der Karte zu. Breimaier ist inzwischen auch zur Konfrontation bereit: Das Schweizer Eck wird am 18. Mai geöffnet haben – und ja, sein Inhaber freut sich sehr auf seine ersten Gäste.
Am Freitagmorgen, eine Nacht nach Abschluss der Recherche für diesen Artikel, dann die erleichternde Nachricht: Die Destille und auch das Schweizer Eck dürfen am Montag öffnen. Das Bürgeramt handelt offenbar auf einen Hinweis aus dem Wirtschaftsministerium hin, den Begriff Speisegaststätte großzügig auszulegen. Aus Frust wird Freude und Vorfreude – und jetzt haben die beiden Gastronomen wirklich keine Zeit mehr zu verlieren.