Sabine Bürk lässt ihre Katze Lilly mit einem Körbchen vom Balkon herunter. Auf der Wiese vor dem Mehrfamilienhaus darf Lilly flanieren, irgendwann ruft Bürk ihr Haustier dann wieder.

Dass Lilly am Leben ist, macht Sabine Bürk sehr froh – selbstverständlich ist es nicht. Die ehemalige Wirtin der Bleiche erkrankt im März an Corona, einige Wochen später hat sie auch ihre Katze angesteckt. „Sie war apathisch und hat nichts mehr zu sich genommen. Ich dachte lange, sie stirbt“, sagt die Konstanzerin. Die Katze sei mit Antibiotika behandelt und schließlich auch getestet worden: Covid-19 positiv. Schließlich reagiert das Immunsystem der Katze und Lilly wird gesund.

Bild 1: An Covid-19 erkrankt, genesen, aber auch gezeichnet: Eine Konstanzerin warnt vor Leichtsinn im Umgang mit Corona
Bild: Wagner, Claudia

Skifahrer bricht Ischgl-Reise ab

Die Geschichte beginnt jedoch früher: Ein Freund von Sabine Bürk reist Anfang März nach Ischgl zum Skifahren. Dessen Tochter und Sabine Bürk rufen ihn zurück, als sie in den Nachrichten von den Corona-Ansteckungen in Ischgl erfahren. „Am Dienstag reiste er zurück, kam zu mir und verbrachte den Abend hier“, erinnert sich Sabine Bürk heute. Abstandsregeln und der Verzicht auf Umarmungen sind damals noch nicht eingeübt.

Bürk muss in Quarantäne

Zwei Tage später hat der Skifahrer Fieber, wird getestet, auch Bürk soll als Kontaktperson in Quarantäne. Weitere zwei Tage später spürt sie Halskratzen, Halsschmerzen, Gliederschmerzen. Ein Arzt, den sie aufsucht, sagte ihr, sie könnte sich den Test sparen, ihre Symptome seien eindeutig.

Krankenlager auf der Halbinsel Höri

Um ihre erwachsenen Töchter zu schützen, zieht die Konstanzerin vorübergehend zu dem Freund, der sie ansteckt hat, auf die Höri, um dort die Isolationszeit zu verbringen. Er hat einen leichten Verlauf, ist nach zwei Tagen fierberfrei – sie nicht. Der Freund kümmert sich um sie, sie sei in dieser Zeit gut versorgt worden.

„Der Husten wurde von Tag zu Tag schlimmer“, berichtet Sabine Bürk, die sich als sehr gesund, sportlich und fit beschreibt. Mit dem Gesundheitsamt steht sie in regem Kontakt, schließlich kommt auch das Corona-Mobil auf die Höri und sie kann doch einen Corona-Test machen. Ergebnis: negativ. Sabine Bürk versteht es nicht.

Rücken-Medikament verstärkt Symptome

Im Herbst und Winter zuvor habe sie aber einen Bandscheibenvorfall gehabt, seither habe sie immer wieder unter Rückenschmerzen gelitten. Gegen die Rückenschmerzen nimmt sie Diclofenac. „Als es mir immer schlechter ging, erkannte ich irgendwann den Zusammenhang“, sagt Bürk. Offenbar schwächt das Medikament das Immunsystem, der Körper wehrt sich nicht mehr kraftvoll genug gegen das Virus.

Dann ist der Geschmackssinn weg

Schließlich schwindet ihr Geruchs- und Geschmackssinn. Da ist sie endlich sicher, dass sie an Corona erkrankt ist. „Meinen Lieblingswein musste ich ausspucken, ich habe nur den reinen Alkohol geschmeckt, sonst nichts.“

Wenig später, inzwischen ist es Ende April, hat sie die Krankheit überstanden. Das Landratsamt bietet ihr nun einen Antikörpertest an. Die Ergebnisse weisen viele Antikörper im Blut auf, was bedeutet, dass dieser sich intensiv gegen die Krankheit wehrte. Dass der frühere Test negativ ausgefallen war, erklärte ein Arzt damit, dass die Erreger schon aus dem Rachenraum in die Bronchien gewandert waren.

Es bleiben Spätfolgen

Inzwischen geht es Sabine Bürk körperlich einigermaßen. Akut ist die Krankheit nicht mehr, doch sie spürt Spätfolgen. Ihre Rückenprobleme seien in der Folge behandelt worden, diese verursachten ihr kaum noch Beschwerden. Erst spät kommt ihr der Gedanke, dass es sich um Corona-Folgen handeln könne: die Müdigkeit, die verminderte Leistungsfähigkeit. Ihr Arzt bestätigt dies. Der Geschmackssinn ist zwar zurück, Wein schmeckt ihr trotzdem noch nicht. Auch von Parfum ist sie oft abgestoßen, sie nimmt nur einzelne Bestandteile wahr.

Demut vor dem Leben – und dem Tod

Mental wiederum habe sie die Erkrankung und die Isolierung gestärkt, sagt die Konstanzerin. In den stillen Wochen auf der Höri, in denen sie das Haus höchstens für einen kurzen Spaziergang verließ, habe sie viel nachgedacht. „Ich bin sehr demütig geworden und meide größere Menschenmengen inzwischen“, sagt sie.

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Unverständnis gegenüber Unvernunft

Ob es die Feiernden im Herosé-Park sind oder die vielen Badenden am Hörnle: Sabine Bürk versteht nicht, warum so viele Menschen wieder unvorsichtig werden. Als habe es Corona nicht gegeben, so wirke das Verhalten auf sie. Sie weiß, wie sich jemand fühlt, der sie durchlebt. Auch, wie man eine Nacht durchlebt, in der die Atemnot so groß ist, dass man fürchtet, nicht zu überleben.

Sie könne ihren Mitbürgern nur raten, sich und andere zu schützen – Mundschutz zu tragen, Abstand zu halten. Tückisch sei, dass man sich bei Personen anstecke, die noch keine Symptome zeigten.

Was wirklich wichtig ist im Leben – Familie, die geliebten Menschen, Gesundheit – habe Sabine Bürk durch die Krankheit gelernt. Alles andere, das Feiern, Ausgehen, materielle Dinge, könne vorerst warten, stehe nicht mehr im Mittelpunkt. Noch in diesem Jahr möchte sie eine Kur antreten, damit es ihr auch körperlich besser geht. Die Körperkraft von früher zurückgewinnen, das wäre schön.