Marcel Jud und David Hilzendegen

Wie hat sich die Zufriedenheit der Konstanzer in den vergangenen acht Jahren verändert? Wir haben die Antworten der Bürger zu einzelnen Punkten aus der letzten Bürgerbefragung von 2019 jenen von 2011 gegenübergestellt.

In unseren Grafiken können Sie nun selbst eine Schätzung abgeben, wie sich die Zufriedenheitswerte zwischen 2011 und 2019 verändert haben. Angegeben ist jeweils der Anteil unter den befragten Bürgern, die 2011 sagten, mit der jeweiligen Situation „voll und ganz“ oder „eher“ zufrieden zu sein. Geben Sie mit einem Klick per Maus oder Daumen auf den Bildschirm Ihre Schätzung für das Jahr 2019 ab und finden Sie heraus, ob Sie richtig liegen.

Bei der Auswahl haben wir uns auf Lebensbereiche konzentriert, die entweder durch eine starke Veränderung bei den Zufriedenheitswerten herausstechen oder wie etwa Wohnungsmarkt und Parkplätze auch im aktuellen Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt für viel Gesprächsstoff sorgen.

 

Schätzen Sie die Entwicklung

 

Zwar war 2019 immer noch etwas mehr als die Hälfte der Konstanzer Bevölkerung mit dem Angebot des Öffentlichen Nahverkehrs in Konstanz eher (40 Prozent) oder voll und ganz (15 Prozent) zufrieden. Doch seit 2011 hat die Zufriedenheit mit dem ÖPNV um insgesamt 21 Prozentpunkte abgenommen.

Die Busse der Konzilstadt werden rege genutzt: 2019 konnten die Konstanzer Stadtwerke erneut einen Rekord bei den Fahrgastzahlen verzeichnen, im Vergleich zum Vorjahr benutzten mit 14 Millionen 5,4 Prozent mehr Menschen die Stadtbusse.

Doch im vergangenen Jahr sorgte der ÖPNV auch für teils erhitzte Gemüter: Vor allem das neue Handy-Ticket mit den günstigeren Kurzstrecken-Tarifen eckte an. Denn der Einzelfahrschein für 1,50 oder 1,80 Euro kann nur über eine Smartphone-App gelöst werden, am Automaten oder im Bus ist das nicht möglich. Das kritisierten vor allem ältere Bürger.

Auch die neue Linienführung der Buslinie sechs und den dadurch bedingten Wegfall der Haltestellen Markgrafenstraße und Tenbrinkstraße in Petershausen im Frühjahr 2019 sorgte für viel Unverständnis im betroffenen Gebiet, da dadurch für ältere Menschen und Eltern mit Kleinkindern die Wege zu den Haltestellen länger wurden.

 

Wie bereits 2011 waren acht Jahre später die meisten befragten Konstanzer mit den Parkmöglichkeiten in der Innenstadt unzufrieden, trotz eines kleinen Plus bei jenen, die voll und ganz (vier Prozent, unverändert) oder eher zufrieden waren (16 Prozent, plus 3).

Nach wie vor ist die Suche nach einem Autoparkplatz in Konstanz eine Herausforderung. Ein Beispiel: Die Stadtverwaltung hat im Bereich Paradies und Altstadt 4860 Bewohnerparkausweise ausgegeben, es gibt aber nur 2622 entsprechende Parkplätze. In den sieben Parkhäusern der Stadt gab es im selben Jahr 2441 Stellplätze. Im Sinne einer Verkehrswende plant die Stadt, weitere Parkplätze im öffentlichen Raum zu reduzieren.

Das Verkehrsaufkommen war aber auch 2019 beträchtlich, vor allem an Wochenenden aus der Schweiz kommend: Der Tagesspitzenwert aller Konstanzer Grenzübergänge zusammen lag im November 2019 bei 23.637 Kraftfahrzeugen in Richtung Schweiz und 25.185 aus der Schweiz nach Konstanz.

 

Trotz eines kleinen Rückgangs um einen Prozentpunkt stellte 2019 die Mehrheit der Konstanzer den Radwegen der Stadt eine gute Note aus: 12 Prozent waren voll und ganz, 44 Prozent eher zufrieden.

Wie wichtig eine gut ausgebaute Rad-Infrastruktur für viele Konstanzer ist, zeigt die Studie „Urban Audit“ aus dem Jahr 2018: Die dabei befragten Bürger gaben an, am häufigsten das Fahrrad als Verkehrsmittel zu nutzen (46 Prozent). Im Vergleich zu den anderen Städten ähnlicher Größe war Konstanz der einzige Ort, an dem das Fahrrad vor dem Auto lag. Im selben Jahr belegte Konstanz in einer nicht-repräsentativen Studie des Allgemeine Deutsche Fahrrad-Clubs (ADFC) den dritten Platz in der Gesamtwertung der Städte mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern.

2018 wurde – nach erheblichen Geburtswehen – unter anderem der Straßenabschnitt Ebertplatz bis Zähringerplatz zur Fahrradstraße umgewandelt. 2019 begann die Planung für die zweite Fahrradachse „Hauptbahnhof bis Staad„. Doch Gemeinderäte verschiedener Fraktionen waren sich diesen September dennoch einig, dass die Verkehrslenkung und -führung für Radfahrer und Fußgänger nach wie vor mangelhaft oder falsch ist.

 

Vielleicht die größte Überraschung: Um 18 Prozentpunkte ist die Zufriedenheit der Konstanzer mit der medizinischen Versorgung zwischen 2011 und 2019 zurückgegangen. Mit 13 Prozent, die voll und ganz sowie 48 Prozent, die eher zufrieden waren, erreicht diese Kategorie aber immer noch hohe Werte.

Der Gesundheitsbereich war in den vergangenen Jahren vor allem durch die die 2013 realisierte Fusion von Gesundheitseinrichtungen in Singen, Konstanz, Radolfzell, Engen, Stühlingen und Gailingen zum Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz geprägt. Dies könnte ein Grund für den Rückgang der Zufriedenheit mit der ärztlichen Versorgung sein. Denn die Fusion führte auch zur Konzentrierung der Abteilungen einzelner Kliniken im Landkreis an jeweils an einem Standort.

Trotzdem ist der starke Rückgang der Zufriedenheitswerte überraschend. Immerhin hat Konstanz Anfang 2018 den neuen Funktionstrakt für das Klinikum erhalten. Für 100 Millionen Euro (im Zeit- und Kostenplan!) ist hier ein Top-Standard geschaffen worden, der auch das auf Orthopädie spezialisierte Vincentius-Krankenhaus umfasst.

 

Die Unzufriedenheit der Konstanzer mit dem Wohnungsangebot war bereits 2011 groß. 2019 ging sie weiter zurück: Nur drei Prozent der Befragen waren in diesem Punkt voll und ganz und sieben Prozent eher zufrieden.

Nach wie vor gilt in Konstanz: Wer hier eine Wohnung sucht, trifft auf ein geringes Angebot und hohe Preise. Laut dem Wohnindex des Forschungsunternehmens F+P hat sich der Mangel an Wohnraum in den vergangenen Jahren verschärft: Zwischen 2013 und 2018 kamen zwar 3400 neue Haushalte hinzu, jedoch nur knapp 1800 Wohnungen, was dadurch etwas ausgeglichen werden konnte, dass 2013 noch ein Überangebot von knapp 3000 Wohnungen in Konstanz bestand. Inzwischen (Herbst 2020) hat sich die Zahl auf über 2500 neue Wohnungen erhöht.

Doch wer eine Wohnung findet, muss dafür teuer bezahlen: Wie der F+B-Wohnindex zeigt, belegte Konstanz über die Jahre stets obere Plätze unter den für Mieter 50 teuersten Städten in Deutschland. Die Miete pro Quadratmeter kostete hier 2019 kalt durchschnittlich 11,10 Euro, Tendenz weiter steigend.

 

Tatsächliches Kriminalitätsgeschehen und individuelles Sicherheitsempfinden sind zweierlei Dinge. In Konstanz fühlten sich die Bürger 2019 sicherer als noch acht Jahre zuvor. 22 Prozent waren mit dem Schutz vor Kriminalität voll und ganz und 55 Prozent eher zufrieden.

Laut dem Polizeipräsidium Konstanz stieg die Zahl der Straftaten 2019 im gesamten Landkreis um 5,3 Prozent auf 18.209 im Vergleich zu 2018 und damit leicht unter dem Durchschnitt der Vorjahre. In Konstanz selbst fühlten sich die Bewohner jedenfalls sicherer als noch vor acht Jahren: Dazu beigetragen haben könnte der Kommunale Ordnungsdienst, der 2018 erstmals unter anderem im Herosé-Park und dem Stadtgarten auf Streife ging.

Und anscheinend konnten auch spektakuläre Kriminalfälle der letzten Jahre das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung nicht trüben: Weder die tödliche Messerattacke im März 2017 vor einer Konstanzer Shisha-Bar noch die Schießerei in der Diskothek Grey im selben Jahr, bei der ein Mann getötet und weitere Besucher verletzt wurden.