Der Dauer-Nachbarschaftsstreit in einer Seniorenwohnanlage geht in die nächste Instanz. In der Berufungsverhandlung, die am Montag, 27. Februar, am Landgericht Konstanz stattfinden soll, sitzt das Ehepaar W. auf der Anklagebank. Beide leben in einer schmucken Anlage für Ü-60-Jährige am Bodensee. Seit 2011 beschäftigen diverse Streitereien, die das Paar mit ihren betagten Nachbarn hat, die Konstanzer Gerichte.

Über 70 Aktenzeichen liegen zu der Wohnanlage vor: Die Vorwürfe reichen von Nötigung über Beleidigung und Körperverletzung bis hin zu Falschaussagen. Von Verfolgungsjagden in Unterhosen, Wasserattacken mit dem Gartenschlauch und Putzfrauen, die den Dienst quittieren, ist darin zu lesen. „Höllenhaus“ nennen einige der Bewohner die so idyllisch gelegene Anlage nur noch.

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Vergleich mit der Weimarer Republik

Verhandelt werden sollen diesmal zwei Vorfälle aus den Jahren 2020 und 2021, für die Herr und Frau W. bereits vom Amtsgericht zu Geldstrafen in Höhe von insgesamt 10.000 Euro verurteilt worden sind. Gegen die Urteile legten sie Berufung ein. Denn, wie Herr W. nach der Urteilsverkündung im August 2021 sagte: „Die Weimarer Republik ist an ihrer Wehrlosigkeit zugrunde gegangen, mir wird das nicht passieren.“

Worum geht es konkret? Im Januar 2020 soll Frau W. ihrem gehbehinderten Nachbarn, dem damals 78-jährigen Herr K., den Weg zu seiner Wohnung versperrt und gerufen haben: „Ich mache so lange weiter, bis du einen Herzinfarkt bekommst.“ In Folge soll K. tatsächlich einen Herzinfarkt erlitten haben.

In dem Fall aus dem Jahr 2021 sollen die W.‘s in den Gängen des Hauses einem benachbarten Ehepaar aufgelauert und auf die fast 80-jährigen Senioren eingeschlagen haben. Mehrere Zeugen bestätigten dies dann vor dem Konstanzer Amtsgericht. Herr und Frau W. jedoch sagten, die Zeugenaussagen seien abgesprochen – und sie selbst Opfer kollektiven Mobbings.

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„Möchte Sie hier nicht mehr sehen!“

Deutlich wurde in den Verhandlungen jedes Mal auch, wie belastend die Situation für viele der Senioren und Seniorinnen ist. Sie haben Angst, gehen nicht mehr alleine vor die Tür. Immer wieder versuchten Anwälte und Richter in der Vergangenheit, den streitenden Senioren ins Gewissen zu reden.

„Sie benehmen sich nicht wie Erwachsene, keiner möchte nachgeben“, sagte etwa eine Richterin. Und ein Staatsanwalt: „Was Sie alle hier tun, ist unnötig. Ich möchte Sie hier nicht noch einmal sehen.“ Wohlmeinende Worte, die bisher auf taube Ohren stießen.