Das Interesse an der Neugestaltung des Stephansplatz ist groß. Rund hundert Personen – von Anwohnern, über Stadträte bis hin zu Vertretern der Verwaltung – finden sich unter einem Baum neben der Stephanskirche ein, um darüber zu diskutieren, wie der Platz in Zukunft aussehen soll.
Dass die Vorstellungen dabei auseinandergehen, wird schnell deutlich, nachdem SÜDKURIER-Redakteurin Aurelia Scherrer die Diskussionsrunde eröffnet. Ein grüner Park ist für einige Bewohner keine Wunschvorstellung.
Christine Seger-Conzelmann ist Anwohnerin und sie macht sich Gedanken, dass eine Parkanlage für sie Einschränkungen bedeutet. „Durch die Feste in der Stadt ertragen wir im Moment bereits eine hohe Belastung“, meint Seger-Conzelmann.

Sie befürchtet, dass die Lärmbelastung durch einen Aufenthaltsort am Stephansplatz noch stärker werden könnte und denkt dabei an ein bestimmtes Beispiel: „Wenn es hier so wird, wie im Herosé-Park, dann können wir nur noch ausziehen“, sagt die Anwohnerin. Auf die Frage, ob denn ein Parkplatz nicht auch Geräusche verursacht, erwidert Seger-Conzelmann, dass ein Parkplatz ruhiger sei.
Parkplätze werden gebraucht
Diese Aussagen sorgen bei einigen Befürwortern einer Umgestaltung für Ungläubigkeit. Doch auch Kerstin Moll macht sich ihre Gedanken. Vor allem um den Wegfall von Parkplätzen. Sie betreibt eine Praxis für Orthopädie, Unfallchirurgie und Arbeitsunfälle in der Münzgasse. Ihre Patienten seien nicht immer fähig, selbst zu gehen, und seien daher darauf angewiesen, in der Nähe ihrer Praxis parken zu können.

„Wir sind die einzige linksrheinische Durchgangspraxis für die Berufsgenossenschaft“, so Moll. Zu ihr kommen oftmals Menschen, die einen Unfall hatten, diese können sich schließlich nicht im Vorfeld eine Sondergenehmigung holen. Aus der Sicht der Ärztin würde es ausreichen, im vorderen Bereich des Platzes Parkplätze zu belassen. „Sonst kann keiner mehr zu uns kommen“, gibt Moll zu bedenken.
Eine Stadt für alle
Dass die Innenstadt für alle Menschen zugänglich ist, betonen auch der Behindertenbeauftragte der Stadt, Stephan Grumbt, und die Vorsitzende des Stadtseniorenrates, Irene Heiland. „Solche Räume für Menschen dienen der Teilhabe an Gesellschaft“, so Grumbt. Dennoch seien Kurzzeitparkplätze an einem Teil des Platzes wichtig, meint Heiland. Doch vor allem müsse der Straßenbelag rollstuhlgerecht gemacht werden.
Der ehemalige FGL-Stadtrat Peter Müller-Neff sieht die Umgestaltung als folgerichtige Maßnahme aus vergangenen Gemeinderatsbeschlüssen. Der Stephansplatz solle den Bürgern und nicht den Autos gehören, meint er. Er positioniert sich daher klar: „In Zeiten des Klimawandels darf es keinen Platz ohne Bäume mehr geben.“ Zudem könnte so der Markt erweitert werden.
Ein Blick in die Schweiz
Nach einer Bestandsaufnahme, wie viele Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen in diesem Moment auf den Parkplätzen stehen, meldet sich Peter Kolb, Geschäftsführer von Sport Gruner zu Wort. Er will das Thema von einer größeren Ebene betrachten und blickt auf die Schweiz, wo das Thema Verkehr vernetzt gedacht werde.
Dort gebe es Verkehrsdrehscheiben, an denen Besucher ihr Fahrzeug in Parkhäuser stellen und von dort aus mit dem ÖPNV in die Stadt kommen. Auf Konstanz bezogen sagt der Händler: „Das Gesamtkonzept fehlt für mich“, so Kolb. „Ich bin Opa und ich möchte, dass meine Enkel auch gut leben können“, erklärt er weiter. Dafür bekommt er Zustimmung von unterschiedlicher Seite.
Auch CDU-Stadtrat Marcus Nabholz nimmt das Beispiel der Schweiz zur Hand und spricht von Parkhäusern für Besucher am Rande der Stadt. „Wir können die Autos nicht in den See werfen“, erklärt er.
Kein weiteres Provisorium
Ein Punkt, der immer wieder von den Teilnehmern der Diskussionsrunde angesprochen wird, ist die Sorge, dass der Stephansplatz zu einem weiteren Provisorium, wie die Marktstätte, werden könnte. Zu oft sei es vorgekommen, dass die Stadt an einem Platz begonnen habe, keinen aber richtig fertiggestellt habe, meint beispielsweise Irene Heiland.
Jan Welsch von der SPD-Fraktion im Stadtrat erklärt das Problem so: „Der Gemeinderat hat keine Schwerpunkte gehabt.“ Dies müsse sich ändern. „Wenn es gut läuft, dann wird ein Platz zur Hälfte fertiggestellt“, so Welsch. Da können die meisten Teilnehmer nur zustimmend nicken.

Die Sorgen von Ärztin Moll nimmt Welsch sehr ernst. Der SPD-Politiker sieht die Notwendigkeit für Parkmöglichkeiten auf einem Teil des Platzes. Doch nicht nur diese seien auf die Plätze angewiesen. Auch Handwerker müssen mit ihren Fahrzeugen im Innenstadtbereich halten können. Dafür ist eine App in Planung, über die die Fahrzeuge eine Genehmigung erhalten, meint Welsch.
Die Verwaltung versucht Wünsche in die Planung aufzunehmen
Auch Vertreter der Stadtverwaltung sind vor Ort. Der stellvertretende Leiter des Amtes für Stadtplanung und Umwelt, Wolfgang Treß erklärt, wo die Planung gerade steht. „Die Verwaltung lebt von dem, was die Politik beschließt“, erklärt er.
Für den Stephansplatz habe es eine umfassende Bürgerbeteiligung gegeben, bei der auch Parkplätze für Arztbesuche dabei besprochen worden seien. „Diese Dinge fließen alle in den Entwurf mit ein“, versichert der stellvertretende Amtsleiter.

Doch bislang gibt es keine Förderung für das Projekt. Doch das, was die Stadt im Moment maßgeblich ausbremse, sei nicht das fehlende Geld, sondern der Personalmangel bei Planern, erklärt Treß.
Die Vertreter aus dem Gemeinderat wollen die angesprochenen Punkte der Bürger mit in ihre Gremien nehmen. So unterschiedlich die Meinungen zur Zukunft des Stephansplatzes auch sind, so klar sprechen sich fast alle Teilnehmer für eine Priorisierung bei den Projekten der Stadt aus.