Mit Brettern vernagelte Schaufenster, Müllansammlungen hinter Bauzäunen, Schmierereien auf der Fassade – muss sich Konstanz auf so etwas einrichten? Und das auch noch in bester Handels-Lage, in nächster Nähe zu den belebten Einkaufsstraßen?

So richtig will sich dieses Szenario niemand vorstellen. Nicht die Kunden, nicht andere Händler und auch die Verantwortlichen im Rathaus nicht. Doch sie alle wissen: Wenn es dumm läuft, könnte es genau darauf hinauslaufen. Denn Karstadt steht noch mehr auf der Kippe als je zuvor.

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Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, zum dritten Mal innerhalb von dreieinhalb Jahren in Insolvenz, ist nach übereinstimmender Einschätzung von Fachleuten nur zu retten, wenn ein Käufer die Ladenkette übernimmt – oder zumindest einen ordentlichen Anteil davon. Ob es diesen geben kann, ist umstritten.

Von den zuletzt noch 92 Karstadt-Häusern in Deutschland gilt nur ein Teil als überlebensfähig. Konstanz war über viele Jahre eine der Renditeperlen, und auch Oberbürgermeister Uli Burchardt erklärt: „Das Konstanzer Haus ist eine erfolgreiche Filiale, da wird viel und gute und erfolgreiche Arbeit geleistet.“

Zwischen Hoffen und Bangen

Burchardt zeigt sich dann auch zuversichtlich: „Ich habe die begründete Hoffnung, dass es auch nach diesem erneuten Tiefschlag weitergehen wird.“ Doch es gibt auch andere Stimmen. „Mit der dritten Insolvenz wird ein Stück deutscher Handelsgeschichte zu Ende gehen, sie wird sehr wahrscheinlich zum Ende von Galeria Karstadt Kaufhof führen“, sagte dagegen Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE gerade erst der Deutschen Presse-Agentur.

Uli Burchardt, Oberbürgermeister von Konstanz, hat „die begründete Hoffnung, dass es auch nach diesem erneuten Tiefschlag ...
Uli Burchardt, Oberbürgermeister von Konstanz, hat „die begründete Hoffnung, dass es auch nach diesem erneuten Tiefschlag weitergehen wird.“ | Bild: Rau, Jörg-Peter

Und Stefan Schweiger, Wirtschaftsprofessor an der Konstanzer Hochschule HTWG, gibt zu bedenken, dass das Warenhaus-Konzept zuletzt „in regelmäßigen Abständen gescheitert“ sei.

Stefan Schweiger, Professor an der HTWG Konstanz, sagt: „Ein Einkaufszentrum und ein Warenhaus funktionieren eigentlich ganz ...
Stefan Schweiger, Professor an der HTWG Konstanz, sagt: „Ein Einkaufszentrum und ein Warenhaus funktionieren eigentlich ganz ähnlich – aber das eine kann sich ständig verändern, das andere ist träge.“ | Bild: Scherrer, Aurelia

Dass man aus einem Warenhaus nicht einfach so etwas anderes machen kann, sagt auch Daniel Hölzle, der Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Treffpunkt. 10.500 Quadratmeter Verkaufsfläche hat das 1964 eröffnete Gebäude in Konstanz, das sind etwa zwei Drittel des Lago.

Wer auf so viel Fläche ein breites Sortiment vom Reißverschluss bis zur Waschmaschine anbieten will, schafft das nach Hölzles Einschätzung nur, wenn eine ganze Kette bedient wird, „sonst ist das im Einkauf nicht zu machen“. Mit anderen Worten: Der an sich attraktive Standort Konstanz kann nur überleben, wenn es genügend andere erfolgreiche Warenhäuser gibt.

Daniel Hölzle, Vorsitzender der Händlervereinigung Treffpunkt Konstanz, sagt: Wenn ausgerechnet an der Hussenstraße und am ...
Daniel Hölzle, Vorsitzender der Händlervereinigung Treffpunkt Konstanz, sagt: Wenn ausgerechnet an der Hussenstraße und am Augustinerplatz der Magnet wegbricht, wäre das „ein massiver Einschnitt“. | Bild: Scherrer, Aurelia

Konstanz hat als Handelsstadt gute Perspektiven, glaubt unterdessen Wissenschaftler Stefan Schweiger: Der Standort habe „sehr viel Potenzial mit den Schweizern, den Touristen und der wunderschönen Lage am See“. Allerdings hätten im Handel nur noch agile Konzepte wirklich eine Chance. So könne ein Einkaufszentrum wie das Lago – „im Kern auch nicht anderes als eine Vielfalt von Optionen unter einem Dach“ – Teilflächen mit einzelnen Geschäften schnell und flexibel neu belegen. Ein Warenhaus wirke dagegen eher „träge“.

Schon zwei Jahre Schließung wären ein Problem

Daniel Hölzle hofft vor allem, dass es nicht zu einem dauerhaften Leerstand kommt. Schon ein Umbau für eine neue Handelsnutzung von einem oder zwei Jahren dürfte ein Problem werden, so seine Einschätzung. Über mögliche Investoren will er nicht spekulieren, aber „wenn das professionell angepackt wird, sind da durchaus Perspektiven vorhanden“. Auch Stefan Schweiger glaubt, dass aus dem Riesenklotz an der Hussenstraße etwas Neues entstehen kann, „zumal Konstanz aufgrund der Gegebenheiten ja nur wenige Optionen auf Wachstum hat.“

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Freilich könnte es auch anders kommen. Wenn ausgerechnet an der Hussenstraße und am Augustinerplatz der Magnet wegbricht, wäre das „ein massiver Einschnitt“, so der Treffpunkt-Vorsitzende. Auch OB Burchardt weiß, was auf dem Spiel steht, wenn er erklärt: „Die erneute Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof sehe ich natürlich mit Sorge, gerade auch mit Blick auf die Mitarbeitenden. Auf Bangen folgte Hoffnung und nun erneut Bangen – auch hier in Konstanz.“

Der Treffpunkt-Vorsitzende setzt auf die Top-Lage der Konstanzer Karstadt-Immobile. Der Wirtschaftsprofessor hofft auf innovative, erlebnisorientierte Nutzungskonzepte mit Gastronomie, Unterhaltung und viel Beratung. Der Oberbürgermeister glaubt an die Attraktivität der Stadt. Doch ob zwischen Hussenstraße, Neugasse und Augustinerplatz eine neue Einkaufswelt entsteht oder doch eine Problemzone in bester Lage – entschieden ist das noch lange nicht, und entschieden wird es wohl auch nicht in Konstanz.