Wenn mehr als ein Kunde den Schuhmacher Kurban Atas in der Hussenstraße besucht, wird es ziemlich schnell eng. Aneinander vorbeigehen erfordert dann schon mal eine hohe Bereitschaft für körperliche Nähe. Grund dafür ist die besondere Lage des Ladens: Er befindet sich im schmalsten Haus von ganz Konstanz. Kurban Atas stört das nicht. Im Gegenteil: Er fühlt sich in dem kuriosen Häuschen pudelwohl.
In der Konzilstadt – und vor allem in der historischen Altstadt – befinden sich mehrere sehr schmale Gebäude. Den absoluten Rekord stellt das Häuschen in der Hussenstraße 52 auf. Es misst an der vorderen Fassade eine Breite von gerade einmal 2,43 Metern. Das vierstöckige Gebäude ist damit eindeutig um ein vielfaches höher als breit. Und es entstand Jahrhunderte bevor die sogenannten Tiny Houses zum Trend wurden.
Wie arbeitet es sich in diesem Haus?
Kurban Atas ist zufrieden. Seine Geschäftsfläche ist an der breitesten Stelle zwar nur gute zwei Meter breit, dafür aber mehr als 20 Meter lang. Und in diesem „Schlauch“ hat er alles, was ein Schuhmacher und Schlosser benötigt.
„Manchmal ist es schon ein bisschen eng, aber mir reicht es komplett. Ich kann hier alles machen, außerdem ist es im Sommer sehr kühl,“ sagt der Schuhmacher. Und noch einen positiven Effekt hat das schmale Haus auf seinen Laden: „Die Miete ist sehr gering.“
Deshalb arbeitet er nun schon seit 20 Jahren dort. „Wo anders kann ich die Miete nicht bezahlen“, erklärt er. In den drei Stockwerke über dem Laden befinden sich Wohnungen. Dort ist es nur bedingt geräumiger. Der kleinste Wohnraum im ersten Geschoss misst nur noch 2,20 Meter in der Breite.
Kleine Häuser mit historischem Ursprung
Dass vor allem in der Altstadt kleine Häuser häufig vorkommen, ist kein Zufall. „Im 13. Jahrhundert, während der Hochphase der Ernte, ist die Stadt gewachsen“, weiß Historiker Daniel Groß. Anstatt neue Häuser außerhalb der Stadtmauern zu bauen, wurden damals vorhandene Lücken zwischen bereits bestehenden Gebäuden geschlossen. So entstanden die schmalen Häuschen.
Das kleinste davon, der Bau in der Hussenstraße, entstand nach Einschätzung von Daniel Groß im frühen 14. Jahrhundert. Weitere Beispiele für besonders schmale Gebäude sind das Schleiferstüble in der Wessenbergstraße zwischen Münster und Stephanskirche (3,73 Meter Breite), das denkmalgeschützte Haus Konradigasse 35 (3,48 Meter) sowie das Haus Neugasse 15 (3,60 Meter).