Goethes Faust würde die Antwort auf die Frage, was die Allmannsdorf Fasnachtswelt im Innersten zusammenhält, im Kreise dieser Familie finden.
Die Oma
Amelie, die vor 76 Jahren im Vincentius auf die Welt kam, erzählt gerne die Geschichten ihrer Mutter und Großmutter – bedeutende Narren im Paradies. Als Mäschgerle zog sie durch die Gassen und fand so früh ihre Liebe zur Fasnacht. Die Familie ihres Vaters stammt aus Egg – und gründete im Jahr 1900 die traditionsreiche Allmannsdorfer Zimmerei Weber. Beheimatet ist das Unternehmen übrigens in der Amalienstraße, die nach Ururgroßmutter Amalie Weber benannt wurde.
Allmannsdorf war damals noch größer als Konstanz – und in den Augen vieler Einheimischer von deutlich höherer Bedeutung als das benachbarte Konstanz mit seinen vielen "Großkopfeten". Bis 1914 gehörten zur Gemeinde Allmannsdorf die heutigen Konstanzer Verwaltungsbezirke Staad, Egg mit Mainau, Königsbau und ein großer Teil von Petershausen-Ost.
Die 1. Konstanzer Narrengesellschaft – sozusagen...
1910 war der Zimmermeister Friedrich Paul Weber mit seinem Betrieb an dem Allmannsdorfer Prestigeprojekt beteiligt, an dem heute noch täglich tausende von Menschen mit staunenden Gesichtern vorbeifahren: Der Urgroßvater des jetzigen Firmeninhabers Christoph Vayhinger plante und baute den hoch aufstrebenden Dachstuhl des Allmannsdorfer Rathauses, heute Heimat der Narrenzunft Quaker, der 1. Konstanzer Narrengesellschaft, wie es niedergeschrieben steht – mit dem entscheidenden Zusatz: wenn ma vu Meersburg mit de Fähre kummt.
Da sitzen sie nun am runden Tisch im Erdgeschoss des historischen Rathauses und diskutieren über Gott und die Fasnachtswelt. Silja (15) und Jana (19), ihr Vater Christoph (51) und Oma Amelie.
Der Vater
Christoph ist seit 2014 Präsident der Quaker. Im Todesjahr seines Vaters trat er somit auch formal in dessen Tradition ein – Rolf Vayhinger war von 1991 bis 2003 der fünfte Ober-Quaker in der Historie. Unmittelbarer Vorgänger von Christoph Vayhinger war Andreas Eichberger.
"Fasnacht gehört einfach zu unserem Leben dazu." Christoph Vayhinger
Vor allem jetzt, wenn die fünfte Jahreszeit in voller Blüte steht. Doch auch im Sommer und im Herbst ist sie Thema. "Da treffen wir uns regelmäßig zum Planen und Organisieren."
Er hat noch vage Erinnerungen an seine Anfänge. "Das war 1972, da war ich vier Jahre alt und damals gingen die Umzüge noch durch ganz Allmannsdorf und Staad", erzählt er. "Da standen viele Menschen an der Straße und feierten. Heute kommen ja nicht mehr so viele, daher ist der Umzug kleiner."
Viele Stunden Freizeit werden so für die Passion Fasnacht geopfert. Ohne ehrenamtliche Akteure würde die Tradition irgendwann aussterben. "Die kritische Zeit ist die Pubertät", sagt der Ober-Quaker.
Die Töchter
Seine Töchter Silja und Jana müssen bei diesen Worten lächeln. Sie haben von Großeltern und Eltern das Fasnachts-Gen eingepflanzt bekommen. Jana hat im vergangenen Jahr die Holzmaske des neuen Häs' Quakerle präsentiert, die der nachrückenden Generation die Fasnacht schmackhaft machen soll.
"Mit em Besewieb und em Besema alleinig kosch heut niemand meh locke", sagt Oma Amelie, die das passende Häs gestaltet und mittlerweile 15 Exemplare per Handarbeit hergestellt hat – pro Stück benötigt sie rund eine Woche. "Heut bschtellet die Leut des Zeugs bei Amazon und hond denn en scheene Scheiß. Da wersch ja ausglacht."
Ihre Enkelinnen tragen mit Stolz und Überzeugung die Familientradition weiter – auch wenn Jana Vayhinger im Allgäu studiert und daher kürzer treten muss.
"In meiner ersten Erinnerung an die Fasnacht werde ich als Löwe im Kochtopf beim Umzug mitgezogen", sagt sie grinsend. "Ich war auch mit Leidenschaft beim Kinderballett und bei den Kindersketchen dabei."
Ihr tollster Moment: "Wenn ich am frühen Morgen des Schmotzigen in meinem Bett beim Wecken die Straßenmusik ganz leise höre und sie immer lauter wird, dann kommt dieses schöne Gefühl: Es geht wieder los."
Silja geht in die zehnte Klasse des Ellenrieder-Gymnasiums. Zusammen haben die Schwestern in der Tanzgruppe des TV Allmannsdorf einen Auftritt beim traditionellen Frühschoppen am Sonntag. Die Vayhingers – eine Familie, die die Tradition der Allmannsdorfer Fasnacht am Leben hält.