Auch beim Hemdglonkerumzug zeigt sich: Ein paar Regentropfen machen echten Narren nichts aus. In der Altstadt herrscht schon lange vor dem Beginn dichtes Gedränge. In der Niederburg sind die Gassen eng gesäumt von Mäschgerle, sie sich diesen vielleicht stimmungsvollsten Teil der Konstanzer Fasnacht nicht entgehen lassen wollen. Viele tragen weiterhin das klassische Häs: weißes Nachthemd und gestreifte Zipfelmütze. Doch sind die Reihen auch durchsetzt von anderen Mäschgerle.
Die Zuschauer erleben einen Umzug, der im Vergleich zu den Vorjahren kurz ist. Nicht nur, weil er nicht mehr über den ganzen Münsterplatz führt und damit seine vielleicht schönste Kulisse einbüßt; dort wird in diesem Jahr zu lauter Disco-Musik gefeiert. Auch die Zahl der Teilnehmer scheint geringer zu sein: Um Punkt 19 Uhr geht es an der AOK los, nach 20 Minuten sind die letzten weiß gewandeten Narren mit Topfdeckeln, Spott-Plakaten und den riesigen Gole-Figuren unter vielen „Ho-Narro“-Rufen und Anfeuerungen des Publikums schon durch.

Auch wenn es das Brauchtum gegenüber der Party-Kultur schwerer als in den Vorjahren zu haben scheint, bleibt sich der Hemdglonker treu. Mit Fackeln schreiten Niederburg-Präsident Mario Böhler, Ehrenpräsident Heinz Maser und Oberbürgermeister Uli Burchardt an der Spitze des Zuges.

An zahlreichen Schulen haben Kinder wieder von hinten durchleuchtete Transparente mit Spottversen auf ihre Lehrer gebastelt – zumeist milde Späße, aber ein bisschen Kritik schimmert hier und da doch durch. Unter anderem Ellenrieder-, Suso- und Humboldt-Gymnasium sind ebenso vertreten wie die Geschwister-Scholl-Schule und die Gemeinschaftsschule Gebhard.
Nicht alle zeigen Respekt
Zwischendurch sorgen immer wieder Fanfarenzüge für Stimmung, und auch die Guggenmusik Gottlieber Schnoogge reiht sich ein.
Fahnenschwinger zeigen mit beeindruckenden Lichteffekten ihre Künste, und mit den Zuschauern wird so mancher Schabernack getrieben. Ihre Mühe haben die Veranstalter mit Besuchern, die partout nicht einsehen wollen, dass für diese Stunde jetzt einfach mal ein Umzug durch die Niederburg stattfindet.
Der frühere Niederburg-Präsident Marc Ellegast ist einer der Ordner, die sich alle Mühe geben, dem Hemdglonkerumzug in den engen Gassen Platz zu verschaffen. Nicht immer gelingt es ihm.
Nach dem Defilee an den Stufen des östlichen Münsterplatzes – eine schöne Tribüne für Zuschauer und so eine willkommene Neuerung – löst sich am Theater der letzte Umzug dieses Tages auf, und die Besucher verstreuen sich in die Stadt. Manche Gruppen machen spontan noch ein bisschen Musik, bevor die Narren wieder ihrer Wege gehen. Sogar der Regen hat wieder aufgehört, und die wohl wildeste Nacht im Konstanzer Jahreslauf kann beginnen.