Die schlechte Nachricht zuerst: Es wird keine großen Fasnachtsveranstaltungen geben. Keine Saalfasnacht, keine Bälle, keine Kindergarten- und Schulbefreiungen, keinen Narrenmarkt, kein Sonntagsumzug, kein Speckessen. Die gute Nachricht: Die Narren bleiben – im Gegensatz zum letzten Jahr – nicht daheim, sondern sorgen mit unangekündigten Aktionen für Amüsement und Kurzweil.
Darauf hat sich das Gros der Konstanzer Narrenvereine, -gesellschaften und -zünfte geeinigt. Im vergangenen Jahr hat sich die interfraktionelle Ideenschmiede unter dem Dach #HoNarroDehom vereint, ab diesem Jahr firmieren sie unter #HoNarroKonstanz. „Wir sind wieder am Start!“, jubiliert Anja Fuchs von der Konstanzer Blätzlebuebe-Zunft, allerdings aufgrund der noch immer herrschenden Pandemie etwas verhalten.
Für die Narrengemeinschaft steht fest: Veranstaltungen mit vielen Menschen kommen für sie aufgrund des Sicherheitsrisikos nicht in Betracht. Ebenso wenig wollen die Fasnachtsaktivisten daheim bleiben. „Wir möchten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben aus den Corona-Verordnungen wenigstens ein kleines bisschen Fasnacht machen“, sagt sie, und zwar Straßenfasnacht.
„Es siegt die Vernunft“, stellt Blätzlebue Mathias Trempa fest. Seit September glüht die Ideenschmiede im virtuellen Raum. Viele Konzepte wurden erarbeitet und letztlich aufgrund der steigenden Inzidenzen wieder verworfen. Sogar der kühne Vorschlag, die Stadt während der hohen Fasnachtsfeiertage zu sperren und den Einlass zu kontrollieren, wurde erörtert und ad acta gelegt. „Das ist nicht machbar, denn es gibt viele Nicht-Fasnachter, Menschen, die zum Arzt müssen oder einkaufen wollen, die Bedürfnisse der Anwohner nicht zu vergessen“, schildert Trempa.

Auch von dem Vorhaben, einzelne Plätze für Aktionen abzusperren, ist die Narrenschar wieder abgekommen. „So etwas kann gut gehen oder auch nicht“, so Trempa, der kurz auf Köln anspielt. Das Risiko, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine Veranstaltung zum Hotspot werden könne, will kein Konstanzer Narr eingehen. Auch Aktionen à la Flashmob scheiden für die Fasnachter aus, denn Menschenmassen wollen sie keinesfalls anziehen. Sie alle halten an dem närrischen Grundgesetz „Allen wohl und niemand weh!“ fest.
„In allen Ortsteilen wird unvermutet etwas aufpoppen“
„Wir gehen zurück zur ursprünglichen Fasnacht“, meint Achim Schien von der Narrengesellschaft Niederburg. Was er damit meint? Nun: Früher war alles unorganisiert und spontan im Gegensatz zu heute. „Wenn Narrenvereine etwas auf die Beine stellen, dann muss es mittlerweile gut organisiert und genehmigt sein“, schildert er. Die Wurzeln hingegen sind etwas anarchischer. Er nimmt den Beginn des Hemdglonkers als Beispiel, als sich ein paar Schüler davonstahlen und im Nachtgewand plötzlich wieder auftauchten.

So ähnlich stellen sich die Vereine und Zünfte die Fasnacht 2022 vor. „Da und dort und in allen Ortsteilen wird unvermutet etwas aufpoppen“, kündigt Schien an. „Es gibt nur ganz wenige Vereine, die sagen, dass sie gar nichts machen oder maximal etwas im virtuellen Raum realisieren möchten.“
Patrick Böhler, Präsident der Gemeinschaft maskentragender Vereine und Zünfte ist sich sicher, dass während der Fasnacht viele Hästräger unterwegs sein werden. Man müsse nur genau schauen. Stichwort: Laternengeister.

Sicherlich würden hier und da Saubachgeister auf Straßenlaternen zu sehen sein, mutmaßt Böhler. Er schildert weiter: „Werwölfe werden irgendwie, irgendwo, irgendwann tanzen und Seegeister werden im Hafenbecken schwimmen.“
„Die Zeppeliner hat man schon den ganzen Sommer gesehen“, ergänzt Mathias Trempa und fügt an: „Und die Giraffen im Zoo“, wobei Achim Schien korrigiert: „Nein, im Zirkus.“

Die Konstanzer Keiler würden irgendwo „im Dreck nuele“ – davon gäbe es auch in der Innenstadt genug, ist Patrick Böhler überzeugt, der überdies berichtet, dass nicht alle Dingelsdorfer Ala-Böcke in den Süden geflogen seien.
„Die Kamele sind schon auf den Tägermooser Rettichfeldern, um sich zu stärken“, weiß Kamelinchen Nina Bröker. Die Phantasie der Konstanzer Erznarren schlägt jedenfalls schon Purzelbäume, wobei – wie bei einem Narr üblich – in den Erzählungen auch immer ein Fünkchen Wahrheit steckt.

Sehr gut angekommen sind im vergangenen Jahr die Fasnachts-Care-Pakete für die Konstanzer Kindergartenkinder und Grundschüler. „Die Kindergärten feiern gruppenübergreifend oder in Kohorten“, weiß Nina Bröker. „Unsere Fasnachts-Kischtle werden wie ein kleiner Kinderball sein.“
Was das Kischtle alles beinhaltet, verrät Nina Bröker natürlich nicht, aber sie gibt dennoch ein paar Stichworte, wieviel Material beim Packen der 200 bis 300 Kisten durch die Hände der aktiven Fasnachter gehen wird: „9.000 Pins, 100 Kilogramm Guetsle, 8,738 Millionen Konfetti…“

Gut gelaunt fügt Mathias Trempa an: „Wir sind schon am Luftschlangenbügeln, die wir dann um den Tägermooser Norm-Rettich wickeln.“ Alles Handarbeit, so wie die Fasnacht 2022 ebenfalls, denn: „Sie wird handgestrickt und lebt von der Spontanität“, so Trempa, der festhält: „Davon lebt die Konstanzer Fasnacht.“