„Es war mir wichtig, meine Mutter aus dem Büro anrufen zu können“, sagt Giovanna Ratini. Sie hat das Start-up Proximo-WSD, das die Elena-App entwickelt und herausgebracht hat, im September 2019 gegründet. Bereits zehn Jahre zuvor zog ihre an Alzheimer erkrankte Mutter bei ihr ein. Schon vorher sei die Kommunikation über Skype ein Problem gewesen: Eine App zu bedienen ist für viele ältere Menschen eine Herausforderung.
Je weiter die Demenz fortschritt, desto schwieriger wurde es: „Sie hat irgendwann nicht mehr verstanden, dass sie das Telefon abnehmen muss.“ Daraus entstand die Idee für die Elena-App. „Die App ist nach meiner Mutter benannt“, sagt Giovanna Ratini. „Leider kam sie nicht mehr dazu, sie selbst zu benutzen.“

In der Elena-App muss nur das Bild der gewünschten Person angetippt werden und der Videoanruf wird sofort gestartet. Zusätzlich gibt es die Funktion der automatischen Antwort für berechtigte Anrufer: Ist zum Beispiel die Tochter als solcher Anrufer in der App gespeichert, wird ein Anruf dieser Nummer automatisch angenommen.
Herausforderung ist oft die Angst vor neuer Technik
Im Fall von Giovanna Ratinis Mutter konnte ein Nachbar den Anruf annehmen. Diese oder ähnliche Möglichkeiten bestehen aber nicht für alle an Demenz erkrankten Menschen. In Pflegeheimen brauchen manche Menschen die Hilfe des Personals, um einen Anruf anzunehmen. Dazu sind festgelegte Zeiten nötig. Die Verwandten im Heim spontan zu erreichen ist dann für Angehörige nicht möglich.
Erste Tests für die App begannen im Mai 2020 – zu einer Zeit, als durch die Corona-Pandemie die Kommunikation mit Angehörigen in Pflegeheimen vor neuen Herausforderungen stand. Durch die Installation der App konnten Testpersonen im Heim jederzeit mit Bezugspersonen sprechen.
Für die Tochter einer weiteren Testperson, die noch zu Hause lebte, sei vor allem der Sichtkontakt per Video wichtig gewesen. „Die Leute sagen am Telefon zwar, es sei alles in Ordnung“, so Ratini, „aber einen Sturz, bei dem sie sich zum Beispiel im Gesicht verletzt haben, würden sie verschweigen. Aus Angst, dann ins Heim zu müssen.“
Bei vielen Testpersonen sei vor allem die anfängliche Angst vor neuer, unbekannter Technik ein Problem gewesen. „Die Leute sagen dann: Ich kann das nicht, ich will das nicht“, so Giovanna Ratini. Die Angst vor dem Versagen sei groß. Sie würde aber nach mehr oder weniger kurzer Zeit abgelegt, sobald die Menschen feststellen, wie einfach die App zu bedienen ist.“ Zwei Testpersonen brauchen die Elena-App gar nicht mehr, um mit der Familie zu sprechen“, sagt Ratini. „Sie nutzen jetzt WhatsApp.“ Die Elena-App mit ihrer einfachen Bedienung sei ein Sprungbrett gewesen, um die Angst gegenüber neuer Technik abzulegen.
Eine andere Testperson sei überhaupt nicht dement, sondern leide an Parkinson: Sie konnte daher die Bewegungen zum Annehmen eines Anrufes bei einem normalen Telefon nicht mehr sicher ausführen. Die Elena-App mit ihrer einfachen Bedienfläche und den großen Bildern erleichtert das.
Pläne und Wünsche für die Zukunft der App
Der nächste große Schritt, an dem Giovanna Ratini arbeitet, ist, die Elena-App für das iOS-Betriebssystem herauszubringen. Dafür werde nun Geld gesammelt, unter anderem durch Crowdfunding. Aktuell kann man die App für Android-Geräte kostenlos im Google-Playstore oder über die Website des Start-ups herunterladen.
Größer gedacht möchte man die App irgendwann auch als Vernetzungsmöglichkeit nutzen. „Alte Menschen sind, vor allem im Winter, wenn sie das Haus oder die Wohnung nicht oder wenig verlassen, sehr einsam“, sagte Giovanna Ratini. Für junge Menschen sei es meist ganz normal, über das Internet und Apps miteinander in Kontakt zu treten. Mit der Elena-App würde man versuchen, diese Art der Kommunikation auch für ältere Menschen zugänglich zu machen. Die Idee ist, dass Personen, die die App installiert haben, sich gegenseitig anrufen und verabreden können. Auch bei dieser Idee geht es darum, die Elena-App als Möglichkeit gegen Einsamkeit und Isolation zu nutzen.