Lebt sie in dem Wahlkreis, den ihr über 42 Prozent der Wählerinnen und Wähler vor vier Jahren erneut anvertraut haben? Oder im Schwerpunkt doch in Stuttgart, wo sie eine Wohnung, das Büro im Landtag hat und in der Nähe ihrer Familie? Die Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli sieht sich Fragen zu ihrem Lebensmittelpunkt ausgesetzt, auf die sie offensichtlich nur ungern antwortet.
Denn im Raum stehen Zweifel, ob die Konstanzer Landtagsabgeordnete wirklich noch vornehmlich in Konstanz verortet ist. Oder nicht in Wirklichkeit den Wahlkreis mehr von Stuttgart aus betreut. Seit klar ist, dass Nese Erikli sich in einer Kampfabstimmung erneut um die Nominierung als Landtagskandidatin bemühen muss, hat diese Frage an Brisanz gewonnen.
Der SÜDKURIER hat sie deshalb bereits am 22. Januar um die Beantwortung einiger Fragen zu diesem Thema gebeten. Unter anderem geht es darum, dass sie nach Informationen des SÜDKURIER ihr Kind nicht im Kreis Konstanz, sondern im Raum Stuttgart eingeschult hat. Das wiederum wirft die Frage auf, ob in diesem Fall nicht auch die Mutter vorwiegend am Schulort ihres Kindes statt in ihrem Wahlkreis lebt.

Bei der Nominierung geht es für Erikli um alles oder nichts
Mehrere Versuche, von der Landtagsabgeordneten zu dieser Frage – für eine Abgeordnete mit dem Anspruch, einen Wahlkreis zu vertreten, ist das keine Privatsache – eine ausführlichere Stellungnahme oder einen Gesprächstermin zu erhalten, schlugen im Februar fehl. Sie halte an einer Nominierung für den Wahlkreis Konstanz fest, erklärte Erikli schriftlich.
Um das zu erreichen, muss sie sich gegen ihre Konkurrentin, die Konstanzer Stadträtin Lisa Kreitmeier, und den soeben auch noch ins Rennen eingestiegenen Armin Geringk durchsetzen. Dabei wird sie in ihrer Argumentation auch ihr hervorragendes Wahlergebnis von 2021 in die Waagschale werfen, wie Erikli dem SÜDKURIER erklärte.
Wahlkampf bei den Grünen
Aber wie sehr ist sie noch den Wählerinnen und Wählern in der Region verpflichtet? Erikli teilt dazu mit: „Mein Lebensmittelpunkt liegt unverändert in Konstanz, wo ich auch meinen Erstwohnsitz habe. Für meinen Wahlkreis arbeite ich leidenschaftlich gerne als Landtagsabgeordnete und nehme daher hier eine große Zahl an Terminen wahr. Darüber hinaus habe ich als Landtagsabgeordnete natürlich auch präsenzpflichtige Termine in Stuttgart, an denen ich teilnehme. Dass ich als bodenständiger Mensch in Stuttgart eine kleine Wohnung angemietet habe, hängt unter anderem damit zusammen, dass ich nicht fünf Jahre im Hotel aus dem Koffer leben möchte.“
Ob sie das auch so sehen, müssen nun als erstes die Parteimitglieder der Grünen beantworten. Am Freitag, 14. März, muss sich Erikli durchsetzen, wenn sie die Chance auf Erhalt ihres Mandats im Landtag wahren will. Vor zehn Jahren war sie selbst im Rahmen einer Kampfkandidatur zu ihrer Nominierung gekommen: In einer Versammlung, an die manche Grüne im Kreis bis heute mit Schrecken zurückdenken, hatte sie sich gegen den amtierenden Landtagsabgeordneten Siegfried Lehmann mit 53 zu 43 Stimmen durchgesetzt. Zuvor hatte es, wie damals öffentlich erklärt wurde, auffällig viele Neueintritte in die Partei gegeben, und nach Eriklis Wahl warf die eigentlich vorgesehene Zweitkandidatin hin.

Im Frühjahr 2026 haben die Wähler das Wort
Wenn die grüne Basis entscheiden hat, wen sie für den Wahlkreis 56 aufstellt, bestimmen dann die Wähler voraussichtlich im Frühjahr 2026, wem sie die Vertretung der Interessen des Wahlkreises Konstanz (mit Allensbach, Reichenau, Radolfzell, Moos, Gaienhofen und Öhningen) im Landtag und gegenüber der Landesregierung anvertrauen wollen. Erstmals können sie dabei wie bei der Bundestagswahl eine Erststimme für Wahlkreisbewerber und eine Zweitstimme für Parteien vergeben.
Nese Erikli kämpft nun erst einmal darum, dass ihr Name zum dritten Mal nach 2021 und 2016 auf dem Stimmzettel stehen wird. Sie begrüße dieses Stück innerparteiliche Demokratie, erklärte sie – und zwar schon kurz nachdem bekannt wurde, dass Lisa Kreitmeier ebenfalls antritt und dabei auch von der Grünen Jugend des Landes sowie Teilen der Parteiorganisation vor Ort stark unterstützt wird.

Was Nese Erikli im Fall einer Niederlage machen will, bleibt derweil offen: Auch die Frage, welchen Plan die Juristin ohne Studienabschluss verfolgt, wenn die eigene Partei ihre Karriere am 14. März beendet, ließ sie zunächst unbeantwortet.