Petershauser Stadtteilfest? Schon lange passé. Rock am See und Zeltfestival? Längst Geschichte. Auch der Konstanzer Altstadtlauf als größte Sportveranstaltung der Stadt und das traditionsreiche City-Radrennen sind sang- und klanglos aus dem Konstanzer Veranstaltungskalender verschwunden. Warum eigentlich? Woran liegt‘s?
Alle Generationen waren im Lauffieber
Mehr als 4000 Läufer spurteten in den Glanzzeiten einmal im Jahr durch die Konstanzer Altstadt – von kleinen Kindern bis hin zu Profisportlern in unterschiedlichen Kategorien. Auch Zuschauer lockte der Lauf in Scharen an. 35 Mal wurde die große Sportveranstaltung ausgerichtet, bis im Jahr 2020 die Pandemie erst einmal einen Strich durch die Rechnung machte.

Dafür aber ging das Organisationskomitee mit dem Kuscheltierlauf an den Start, um wenigstens den Kleinen etwas zu bieten. Die große Volkssportveranstaltung Altstadtlauf hingegen ist seither aus dem Veranstaltungskalender verschwunden.
Einige Versuche scheiterten
„Wir haben es versucht, aber die Vorgaben waren einfach nicht mehr haltbar“, sagt Michael Scherer, Sprecher des Organisation-Teams des Altstadtlaufs. Einen solchen Aufwand, zumal die Auflagen immer weiter verschärft würden, könnten Vereine nicht mehr betreiben.
Es werde nicht einfacher, Veranstaltungen in Konstanz auszurichten. Anstelle des Altstadtlaufs habe das Team Konstanzer Läufe, wie sich die Orga-Einheit des Turnvereins Konstanz zwischenzeitlich nennt, einen Hörnle-Lauf ausrichten wollen.
„Wurde nicht genehmigt, weil die Bushaltestelle für zwei Stunden hätte verlegt werden müssen“, berichtet Scherer und schweigt beredt. Die zweite Idee sei ein Jedermannlauf durch den Lorettowald gewesen. „Hat die Spitalstiftung nicht genehmigt wegen Astbruchgefahr“, so Scherer.
Die Mainau als Möglichmacher
Immerhin: „Am letzten Aprilwochenende haben wir einen Triawaldlon bei St. Katharinen veranstaltet“, erzählt Scherer. Wie ist das gelungen? „Da brauchten wir keine städtische Genehmigung, denn der Wald gehört der Mainau“, so der Orga-Chef, der von einem guten Einvernehmen mit der Mainau GmbH spricht.
Trotzdem trauert er dem Altstadtlauf nach. „In anderen Städten geht so etwas – in Konstanz nicht. Hamburg und Berlin werden komplett abgesperrt und Konstanz kriegt es nicht hin, für einen Sonntag die Laube zu sperren“, so Michael Scherer, der auch auf Radolfzell und Überlingen zu sprechen kommt; die beiden Städte „haben keine Probleme, wenn es Läufe gibt“. Michael Scherer seufzt und meint: „Wir haben irgendwie keine Lobby mehr.“
Was immerhin gut funktioniere – hier hebt Scherer das Sportamt lobend hervor – sei der Kuscheltierlauf. Am 20. Oktober 2024 können sich die Kinder im Bodensee-Stadion sportlich verausgaben. Zum zweiten Mal gibt es eine zusätzliche Disziplin: das Laufrad-Rennen.
Es gab ein City-Radrennen
Laufrad? Da gab es doch schon einmal etwas… Genau: Das City-Radrennen in der Innenstadt, welches der Velo- und Motorfahrer-Club (VMC) ausgerichtet harte. Diese Veranstaltung, die mit Unterbrechungen etwa 80 Jahre lang durchgeführt wurde, war ein wesentliches Aushängeschild des 1892 gegründeten Vereins.
Im Rahmen des klassischen City-Radrennens hatte es in den 2010er-Jahren zudem ein kleines, vergnügliches Laufrad-Rennen sowie die Gaudi-Disziplin Lastenrad-Rennen gegeben. Auch diese Sportveranstaltung ist im Konstanzer Veranstaltungskalender nicht mehr zu finden.

Das Ende einer Traditionsveranstaltung
„Im Jahr 2019 fand das letzte City-Radrennen auf der Laube statt. Dann kam die Corona-Pandemie“, erzählt Christoph Gutjahr, der im Jahr 2020 das Amt des VMC-Präsidenten von Heiner Knittel übernommen hat. „Es war eine Traditionsveranstaltung. Man hat sich in der Stadt präsentiert“, stellt er fest und kommt auf die Historie zu sprechen.
Das erste Rennen habe 1935 in der Innenstadt stattgefunden. Die Tradition sei aber Mitte der 1960er-Jahre eingeschlafen. „Ende der 1970er Jahre haben wir wieder angefangen. Horst Keck hat damals die Rennsportabteilung aufgebaut“, so Gutjahr. Und doch sollte das City-Radrennen im Jahr 2019 die letzte Großveranstaltung gewesen sein. Dann kam die Pandemie. Warum aber hat der VMC die Traditionsveranstaltung danach nicht reaktiviert?

Drei Gründe für das Aus
Vielen sei die Entscheidung schwergefallen, aber: „Es gibt drei Gründe“, erklärt Christoph Gutjahr und erläutert: „Die Finanzierung ist ziemlich zusammengebrochen. Nach 2019 sind uns Sponsoren abgesprungen.“ Die Einnahmenseite bei der Großveranstaltung sei nicht viel höher als die Ausgabenseite gewesen.
„Der zweite Grund: Wir spüren seit etwa zehn Jahren Widerstand. Es gab immer mehr Auflagen. Bis 2013 ging das Rennen zwei Tage“, erzählt Gutjahr. Am Samstag ab 18 Uhr drehten die Sportler ihre Runden über die Laube und fuhren eine Schlaufe durchs Paradies.
„2014 haben wir den Samstag nicht mehr bekommen. Das war eine Zäsur“, so der amtierende Präsident, der anfügt: „Und es gab deutliche Signale, dass wir die Laube nicht mehr bekommen, wenn das C-Konzept kommt.“
Personeller Umbruch sei der dritte Grund gewesen. Viele seien aus dem VMC-Verwaltungsrat des Mehrspartenvereins ausgeschieden. An ihre Stelle seien sechs neue Leute gerückt. „Alles Radballer, die nicht so den Bezug zu Rennen haben“, so Gutjahr. Um eine solche Großveranstaltung wie das City-Radrennen zu organisieren, bräuchte es „mindesten drei Leute, die sagen, das ist mein Baby“. Doch die gebe es aktuell nicht.
Stattdessen – und das sei eher dem Zufall zu verdanken – veranstalte der VMC ein internationales Rasenradball-Gaudi-Turnier. „Einmal im Jahr etwas Größeres auf die Beine zu stellen, ist schon spaßig“, findet Christoph Gutjahr als Präsident des Vereins mit seinen etwa 120 Mitgliedern.