Die Konstanzer Universität auf dem Gießberg ist wie ein kleine Stadt. Sie hat rund 11.000 Studierende, 2500 Beschäftigte, eine Nutzfläche von 125.200 Quadratmetern und 7000 Räume. Mehr als sechs Millionen Euro musste die Hochschule im vergangenen Jahr allein für Gas und Strom aufbringen – und das war vor der Energiekrise mit den explodierenden Preisen.
Jetzt steht das große Thema Energiesparen an, unter anderem mit dem Jalousien-Trick und der Diskussion um längere Schließzeiten. Und mit dem Bodenseewasser als vielleicht entscheidendem Stoff, um vom Gas wegzukommen.
Das Wasser aus dem See spielt schon seit dem Bezug des Campus‘ auf dem Gießberg Anfang der 1970er-Jahre eine große Rolle. Denn es wurde eingesetzt, um die Gebäude zu kühlen. Dabei nutzte die Hochschule nicht mehr benötigte bestehende Leitungen. Möglicherweise hilft es beim Heizen nun bald ebenfalls. „Wir denken über Wärmepumpen nach“, sagt Tilo Prautzsch, Manager für die Liegenschaften.
Universitäten müssen selbst Strom und Gas einkaufen
Für neue Konzepte als Alternative zum Gas erhält die Universität Konstanz Geld vom Land. Um aktuell durch die Energiekrise zu kommen, gebe es jedoch (noch) keinen Aufschlag, betonen Tilo Prautzsch und Uni-Sprecher Jürgen Graf. Bisher gelte: Universitäten sollen aus dem allgemeinen Etat auch die Preise für die Energie tragen, also selbst Strom und Gas einkaufen. Wegen der sprunghaft gestiegenen Preise verhandelten Universitäten aber um eine zusätzliche Finanzspritze.

Den großen Sprung beim Energiesparen erwartet Tilo Prautzsch von der Sanierung der Altbauten, welche die Bezeichnung C, D und E tragen und unter Ensembleschutz stehen. Dies sei aber erst möglich, wenn der Neubau X stehe, das neue Hörsaal-, Seminar- und Bürogebäude. Die Vorarbeiten dafür haben begonnen.
Doch auch an den bestehenden Gebäuden hat sich seit dem Frühjahr einiges geändert. Die Universität reagierte auf den möglichen Gasmangel und legte im April das Blockheizkraftwerk still. Man habe aufgehört, Gas einzusetzen, um Strom zu gewinnen, sagt Prautzsch.
Nach den Zahlen von Jürgen Graf ist der Schritt erfolgreich gewesen: Zusammen mit anderen Maßnahmen sei es gelungen, von April bis August 2022 den Gasverbrauch um 49 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu senken.
Ebenfalls seit April läuft eine große Kampagne, um Angehörige der Konstanzer Uni zum Energiesparen zu motivieren. Sie sollen beispielsweise mit Strom betriebene Geräte vollständig abschalten, wenn sie diese nicht mehr benötigen. Anders als im Standby-Betrieb sei so gesichert, dass kein Strom mehr verbraucht wird. Das ist kein Pappenstiel. Alle Laptops und Rechner der Universität verbrauchen im Standby-Betrieb so viel wie 100 Vier-Personen-Haushalte, schätzt die Hochschule.

Die Nutzer sollen auch das Licht löschen, wenn sie den Raum verlassen. Mitarbeiter der Uni sind dabei, in allen 7000 Räumen die herkömmlichen Birnen gegen LED-Lichter zu tauschen. Einiges zu tun also für die Abteilung von Tilo Prautzsch, in der 100 Menschen arbeiten, unter anderem 40 Handwerker und 25 Hausmeister.
Kühlung auf das Notwendigste reduziert
Aber auch in der Steuerzentrale der Universität gab es Änderungen: So wurde die Kühlung ab der zweiten Augustwoche (also nach den Prüfungen) auf das für die Forschung Notwendige beschränkt. Zudem stellten die Fachleute die Steuerung der Jalousien neu ein. Sie fahren jetzt nur noch automatisch herunter, wenn im Sommer die Sonne scheint und es im Winter Nacht ist. In der kalten Jahreszeit soll so das Auskühlen der Räume gebremst werden.
Wer die Jalousien im Winter bei Tag benötigt, muss sie künftig per Knopfdruck in Bewegung setzen. Auch die Lüftung ist nun für den Nutzer der Räume schaltbar. Ziel ist es, nicht mehr gleichzeitig zu kühlen und zu heizen. Wie überall in öffentlichen Gebäuden werden die Flure nicht mehr beheizt und die Büros auf nur noch 19 Grad Celsius erwärmt. Für die Forschung können nach Angaben von Gebäudemanager Prautzsch Kühlschränke bis minus 80 Grad bereitgestellt werden. Wer tiefere Temperaturen benötigt, müsse auf andere Mittel zurückgreifen. Diese gehörten nicht mehr zur allgemeinen Energieversorgung der Universität.

Wie viel Gas sich tatsächlich einsparen lässt, hänge stark von den Wetterbedingungen ab, sagt Uni-Sprecher Jürgen Graf. Trotz des Flächenzuwachses durch das neue naturwissenschaftliche Forschungsgebäude ZT sei im Bereich Gas im Zeitraum September bis Dezember 2022 mit einer Einsparung von 30 Prozent zu rechnen. Beim Strom wird es wegen des Zuwachses an Gebäuden aber wohl ein Nullsummen-Spiel. „Wir rechnen mit nahezu gleichbleibenden Energiemengen. Zwar werden hier ebenfalls Einspareffekte erzielt, die jedoch durch den Flächenzuwachs kompensiert werden“, so Graf.

Schon im Jahr 2019 hat die Universität eine Dachfläche von 2000 Quadratmetern mit rund 1200 Modulen für die Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie überspannt, doch der Ertrag liegt nur bei 364 Megawattstunden. Zum Vergleich: Die Universität verbrauchte im vergangenen Jahr 25.000 Megawattstunden – ungefähr so viel wie eine echte Stadt mit ungefähr 15.000 Einwohnern. Zudem bezog sie Gas in der Größenordnung von 49.000 Megawattstunden.
Über die Feiertage vom 23. Dezember, 18 Uhr, bis 2. Januar, 6.30 Uhr, wird die Universität wie schon in den vergangenen Jahren schließen. Ob weitere Schließzeiten und Einschränkungen der Öffnungszeiten hinzukommen, um Energie zu sparen – darüber läuft die Diskussion noch. Einbezogen seien unter anderem Vertreter der Belegschaft, der Studierenden und der Bibliothek, sagt Liegenschaftsmanager Tilo Prautzsch.