Die Besprechung dauert eine gute halbe Stunde, und für Smalltalk ist kein Platz. Wo steht das Projekt? Was sind die Ziele, was die nächsten Schritte? Und was haben wir eigentlich beim letzten Mal vereinbart? Es ist eine Situation, wie sie allein in Konstanz wohl hunderte Male jeden Tag vorkommt.

Auch beim Besuch des Pflegedienstes muss es konzentriert zugehen. Jede Hilfsleistung, jeder Handgriff ist mit einem Minuten-Budget versehen. Und dann muss das alles noch penibel dokumentiert werden. Lange Formulare, die einen Betrug zulasten der Kassen erschweren sollen. Aber in der Zeit des Ausfüllens kann die Pflegekraft genau das nicht machen, was eigentlich ihre wichtigste Aufgabe ist, in der sie unersetzlich ist. Pflegen.

Im besten schafft Künstliche Intellizenz Raum für Wichtigeres

Zwei von vielen Beispielen, in denen Künstliche Intelligenz (KI) keine Bedrohung, sondern geradezu eine Verheißung ist. Im ersten Fall erstellt sie ein Besprechungsprotokoll. So knapp, dass es noch gelesen wird – aber so ausführlich, dass nichts Wichtiges fehlt. Im zweiten Fall diktiert die Pflegekraft die erbrachten Leistungen ins Handy, und eine App trägt die Informationen automatisch in die richtigen Formularfelder ein. Wenn nötig, übersetzt sie es gleich auch noch ins Deutsche, wenn der App-Nutzer sich mit einer anderen Sprache leichter tut.

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Zukunftsmusik? Nein, sagen Tobias Müller und Till Schneider. Denn die App, die sie soeben auf den Markt bringen, kann genau das. Memoro heißt sie und wird so beworben: „Nie mehr ein Gespräch vergessen. Memoro erinnert sich für Dich.“ Einen dritten Anwendungsfall haben die Gründer auch schon vorgesehen: Handwerker, die ebenfalls bestimmte Arbeitsschritte dokumentieren müssen, von der Elektroinstallation bis zur Feuerstättenschau.

Auch die Jury eines hohen Stipendiums ist überzeugt von Memoro

Und was die beiden jungen Konstanzer am Start haben, überzeugt auch andere: Soeben haben sie das mit bis zu 100.000 Euro dotierte Mindelsee-Stipendium der Initiative „Unternehmer für Gründer“ (UfG) gewonnen. Zusammen mit weiteren Förderprogrammen schafft das die Basis dafür, Memoro richtig groß machen zu können. Bereits beim Gründungs- und Ideenwettbewerb „Hack and Harvest“ 2023 hatten Müller und Schneider ihre Pläne vor- und zur Diskussion gestellt. Siegfried Wagner von UfG, sagen die beiden Gründer, habe dann als Mentor enorm geholfen, aus einer Idee eine funktionierende App zu machen.

Memoro nutzt dabei in erster Linie bereits bestehende KI-Technologien und Software-Lösungen, macht sie aber über eine sehr einfache Benutzeroberfläche zugänglich. „Und mit der Datenschutzgrundverordnung ist es natürlich auch kompatibel“, betont Schneider – immerhin geht es ja, je nach Anwendungsfall, zum Beispiel um Patienten- oder Kundendaten.

In den nächsten Monaten wollen die Gründer ihre App weiterentwickeln und vor allem Nutzer gewinnen. Denn neben der Idee muss auch das Geschäftsmodell funktionieren. Tobias Müller sagt, man wolle Abonnements oder auch vorausbezahlte Zeitkontingente anbieten. Memoro könne aber auch in andere Umgebungen integriert werden, sodass neben End- auch alle Arten von Geschäftskunden angesprochen werden können.

Auch das Scheitern gehört zur Unternehmensgründung

Ob bald auf vielen Handys von Handwerkern, Pflege- oder Führungskräften Memoro läuft, ist dennoch nicht gewiss. In jeder Gründung steckt auch das Risiko, dass sie vom Markt nicht angenommen wird. Tobias Müller und Till Schneider wissen dabei, wovon sie reden, denn Memoro ist nicht ihr erstes Start-Up. Doch der Gewinn des Mindelsee-Stipendiums hat ihre Zuversicht noch verstärkt, betonen sie.

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Und die beiden Gründer – Schneider ist von Haus aus Mediendesigner, Müller Software-Entwickler – machen eine einfache Rechnung auf: Eine Pflegekraft müsse im Schnitt acht Stunden pro Woche für die Dokumentation aufwenden. Wenn Memoro das auf die Hälfte reduzieren kann und von dieser eingesparten Zeit ein guter Teil bei den Patientinnen und Patienten ankommt und ein anderer in Form von Benutzungsgebühren bei Memoro, „dann könnte das ein großer Erfolg werden.“