Schon einmal Knieschmerzen gehabt? Oder hat‘s in der Hüfte gezwackt? Und die Ärztin oder der Physiotherapeut konnte erst mal nicht so richtig helfen? Aber Sie tragen normalerweise Schuhe? Dann heißt es: Willkommen im Club der 14 Millionen.
So viele Deutsche haben Probleme wie die eingangs genannten und dafür noch keine Lösung. Das sagen vier junge Unternehmer aus Konstanz, und sie haben auch die Zahlen recherchiert. Und wollen daraus nun ein Geschäft machen. Wenn sie nur fünf Prozent der Zielgruppe erreichen, haben sie ausgerechnet, hätten sie 700.000 Kunden.

Ihr als Solemate gestartetes Unternehmen haben die vier Existenzgründer Maximilian Starkmann, David Melzer, Julia Zimmermann und Timon Sutter gerade in Eversion Technologies umbenannt, und sie haben diese Woche eine große Hürde genommen.
Mindelsee-Stipendium erstmals vergeben
Mit ihrer Geschäftsidee haben sie eine Förderung im Wert von 100.000 Euro gewonnen – das so genannte Mindelsee-Stipendium, das der noch junge, aber höchst engagierte Konstanzer Verein, der sich (exakt so) Unternehmer:innen für Gründer:innen (UfG) nennt, ausgelobt hat.

Und was hat die Jury in einem knappen Finale von drei Geschäftsideen überzeugt? Klar, die große Zielgruppe und die gründliche Marktanalyse. Gelenkbeschwerden hat fast jeder. Und die Antwort der vier jungen Hochschulabsolventen.
Sie haben bereits den Prototypen einer Sohle konstruiert, die in der Langzeit-Benutzung den individuellen Gang des Trägers oder der Trägerin analysiert und dabei mit dem Handy zusammenarbeitet. Mit diesen Daten, idealerweise verknüpft mit weiteren Gesundheitsinformationen, kann dann ein neues Gehgefühl entstehen.

Das kann damit anfangen, einfach erst mal Schuhe in der richtigen Größe zu kaufen (sehr viele Menschen tun das nicht) und kann auch eine nach neuen Methoden angepasste und hergestellte Einlegesohle sein. Da trifft also Medizin auf Mechanik, digitale Technik auf ein grundanaloges Produkt wie eine Einlage.
Und ein bisschen Lifestyle kommt dazu – Starkmann, Melzer, Zimmermann und Sutter wollen das Streben nach Wohlgefühl beim Gehen schon auch ein wenig cool machen, inklusive schicker App und einem virtuellen Assistenten für die persönliche Ansprache.
Beim Finale fällt die Entscheidung
Als das junge Team diese Geschäftsidee und all ihre geleistete Vorarbeit der Jury vorstellt, ist ihnen die Anspannung anzumerken. Sie sind Gesundheitsinformatiker oder Wirtschaftsingenieurin, und es geht im Konstanzer Gründerzentrum Farm in der Bücklestraße um viel Geld.
Die Unternehmerin Sylvia Kalocsai will in ihrem Ruhestand neue Geschäftsideen fördern und hat das Mindelsee-Stipendium aufgelegt, das seinen Namen aus der Allensbacher Herkunft der Stifterin ableitet. Im SÜDKURIER hatte sie gelesen, dass es so viele junge Leute mit Ideen, aber ohne Gründerkapital gibt.

Also hat Sylvia Kalocsai, was sie immer tat. Sie handelte und brachte zusammen mit UfG die Förderung auf den Weg, die nicht nur aus Geld, sondern auch Beratungsleistungen und anderen Unterstützungen besteht. In der letzten Runde hatten noch drei Startups die Chance, ihre Geschäftsideen zu präsentieren. Und alle, die es miterlebt haben, waren beeindruckt. So viel Pioniergeist, so viel Vertrauen auf die eigene Idee, so viel Wissen und Vorbereitung – ein Lichtblick in trüben Zeiten.
Und so finden auch die Beraterin Antje Freyth und der frühere SÜDKURIER-Geschäftsführer Rainer Wiesner, die sich beide ehrenamtlich bei UfG engagieren, dass es Initiativen wie Eversion Technologies (bis vor kurzem nannten sie sich noch Solemate) heute so dringend braucht wie nie. Ja, beim Finalabend ist auch die Sorge um den Weltfrieden groß, und Wiesner erhält spontanen Applaus für die erbetene Schweigeminute.
In Konstanz steckt viel Potential
Aber er und auch Oberbürgermeister Uli Burchardt betonen: Ohne eine nachhaltige Weiterentwicklung der Wirtschaft, auch ohne einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort Konstanz, werden die Probleme größer und nicht kleiner. Antje Freyth fasst die Erfahrungen mit dem Mindelsee-Stipendium in einem einzigen Satz zusammen: Sie sei begeistert, „welches Gründungs- und Innovationspotenzial in diesem Standort steckt.“

An die Einlegesohlen-Pioniere wie auch die beiden anderen Finalisten hat Uli Burchardt vor allem einem Wunsch: „Bleiben Sie bei uns in der Region.“ Gut möglich also, dass eine Idee von jungen Leuten aus der Stadt, die Unterstützung aus der Region und im besten Fall sogar ein Unternehmen in Konstanz dahintersteckt, wenn Menschen in Zukunft sagen können: Meine Hüft- oder Knieprobleme sind weg.
Die anderen Finalisten
Im Rennen um das Mindelsee-Stipendium waren drei Gründer-Teams. Neben der letztlich siegreichen Gruppe gab es zwei weitere Finalisten. Auch ihnen dankte die die Jury und sprach zugleich viel Mut für einen weiteren Geschäftserfolg zu:


Gründer, Startups und neue Ideen
Der SÜDKURIER berichtet regelmäßig über junge Unternehmen in Konstanz. In der Reihe „Gründerzeit“ werden die Menschen und ihre Ideen ausführlich vorgestellt.