Auf einer ausliegenden Baumwolltasche ist der Spruch zu lesen: „Lass mal gründen, könnt‘ ja gut werden!“ Es ist ein Motto, das zum Gebäude passt, denn hier in der Bücklestraße 3 befindet sich „Farm – Gründung und Innovation“, vielleicht auch besser bekannt unter der Bezeichnung Technologiezentrum Konstanz.

35 Jahre lang war dies in der Blarerstraße zu Hause, seit dem 1. Juni 2021 ist man nun Mieter von dreieinhalb Stockwerken plus Keller in dem großen Komplex des ehemaligen Siemens-Areals, das die Stadt zur Verfügung stellt, um junge Firmengründer auf ihrem Weg zu unterstützen. Seit Januar dieses Jahres leitet Christina Groll diese städtische Einrichtung, die jährlich mit rund 600.000 Euro gefördert wird.

Der Eingangsbereich der „Farm“ am neuen Standort in der Bücklestraße 3. Zuvor war die Einrichtung 35 Jahre lang in der ...
Der Eingangsbereich der „Farm“ am neuen Standort in der Bücklestraße 3. Zuvor war die Einrichtung 35 Jahre lang in der Blarerstraße untergebracht. | Bild: Michael Buchmüller

Gleich hinter dem Eingang ist ein großer Aufenthaltsbereich, an der Wand eine große treppenförmig angelegte Sitzecke aus Holz. „Wir nennen sie die Wilde Wiese“, sagt Groll. Die entlehnte Bildlichkeit aus der Landwirtschaft ist gewollt. „Wir wollen wirklich eine Farm sein, in der Gründende Rahmenbedingungen finden, in denen sie ihre Ideen säen und wachsen lassen können.“

Und so sind auch Schilder neben den Türen der Büros zu lesen, auf denen steht: „Dein Beet? Dieses Büro ist noch frei!“ Und der große Meetingraum im ersten Stock heißt „Heuboden“. Tatsächlich können Firmen, die noch am Anfang stehen, hier einziehen, es gibt sogar speziell ausgestattete Räume mit Starkstrom- und Wasseranschluss, in denen produziert werden kann – was immer die Start-ups auf den Markt bringen wollen.

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Die Miete beträgt 10,50 Euro pro Quadratmeter im Monat, reduziert sich aber, wenn die Fördervoraussetzungen gegeben sind, in den ersten beiden Jahren so, dass die Jungunternehmer nur noch mindestens 6,50 Euro zahlen müssen.

Hier befindet sich alles unter einem Dach

Dazu gibt es bei „Farm“ alles andere, was Gründer sonst noch für ein guten Start brauchen: Beratung zu unterschiedlichen Themen wie Businessplan oder bei Rechtsfragen, Workshops, Kontakte zu Netzwerken, Coaches für individuelle Unterstützung. Grolls Anspruch: „Egal, mit was sie kommen, unter diesem Dach sollen sie finden, was sie brauchen.“

Ihr Job als Wirtschaftsförderin sei es, den Gründenden so viel wie möglich abzunehmen, dass diese sich ganz auf die Entwicklung ihrer Ideen und ihres Geschäftsmodells konzentrieren könnten. „Und dann diesen Prozess begleiten zu dürfen, das macht unheimlich Freude“, sagt sie. Natürlich mit dem Ziel, die Firmen so an die Stadt zu binden, dass sie bleiben, wenn sie erfolgreich in den Markt eingestiegen sind. Und dann auch Arbeitsplätze schaffen in Konstanz.

Christina Groll leitet das städtische Gründungszentrum „Farm“. Hinter ihr sind die Logos jener Firmen zu sehen, die von dort ...
Christina Groll leitet das städtische Gründungszentrum „Farm“. Hinter ihr sind die Logos jener Firmen zu sehen, die von dort aus ins Wirtschaftsleben gestartet sind. | Bild: Michael Buchmüller

Konstanz ist ein Dienstleistungsstandort mit über 85 Prozent Anteil am tertiären Sektor. Es gibt viele Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden so gut bezahlen können, dass sich diese das sicher nicht ganz billige Leben hier am See leisten können. Und wenn man gerade bei Zahlen ist: In Konstanz gibt es mehr als 4500 Betriebe, fast 90 Prozent davon haben zehn oder weniger Mitarbeitende, kleiner Mittelstand sozusagen. Mit denen wolle man intensiv kooperieren.

Keiner muss das Rad neu, aber natürlich so etwas wie ein neues Rad erfinden, er muss eine Idee haben, die so innovativ ist, dass sie eine Marktnische besetzen kann. Aber mit „dem neuen Rad“ muss er oder sie nicht allein bleiben, für alles gibt es Ansprechpersonen. Da sind das Start-up-Netzwerk Bodensee, die beiden Wirtschaftskammern, Kilometer1, die Start-up-Initiative der beiden Hochschulen und viele weitere.

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Und natürlich die drei von der Stadt unterstützen LAGOs: BioLago, das grenzüberschreitende Gesundheitsnetzwerk, cyberLAGO, das Netzwerk der Digitalwirtschaft am Bodensee und solarLAGO, das Expertennetzwerk zu regenerativen Energiesystemen.

Selbstständigkeit, so Groll, komme von „selbst“ und „ständig“, das heißt, es muss viel Arbeit investiert werden. Die „Farm“ hat deshalb für ihre Bewohner rund um die Uhr geöffnet. Aber die Beteiligten sind ja meist so motiviert, dass sie die viele Zeit auch benötigen.

Die städtische Wirtschaftsförderin zitiert den Konfuzius zugeschriebenen Spruch: „Such dir eine Arbeit, die Freude macht, und du brauchst keinen Tag deines Lebens mehr zu arbeiten.“ Sie erlebe, dass gerade die jüngeren Menschen nach solch einer sinnerfüllten Betätigung suchen würden, hinter der sie zu hundert Prozent stehen könnten. Ihre Gründenden seien zwischen dreißig und sechzig Jahre alt und kämen meist aus Konstanz oder der umliegenden Region.

Die Wiege einiger erfolgreicher Start-ups

Erfolgreich durchlaufen haben die „Farm“ beziehungsweise das Technologiezentrum Konstanz schon einige Firmen, die inzwischen wieder ausgezogen sind. Da ist „Knödelkult“, die, spätestens seit sie bei „Höhle der Löwen“ einen Deal bekamen, auf der Erfolgsspur sind. Einige ihrer Möbel im firmentypischen Blau haben sie zurückgelassen und stehen nun im Eingangsbereich.

Da ist auch „bbq Butler“, die einen sehr stylisch aussehenden elektrischen, sich selbst reinigenden Edelstahlgrillblock erfunden haben. Sie mussten weiterziehen nach Oberschwaben. Und auch „pandoo“, die Nachhaltiges aus Bambus herstellen, haben inzwischen größere Räumlichkeiten gefunden und eine Lagerhalle im Industriegebiet angemietet.

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Beispiele, die zeigen, wie hier bei „Farm“ erfolgreiche Firmenkarrieren angestoßen wurden. Es kann also durchgestartet werden in der Bücklestraße 3. Raum, Zeit und Kompetenz sind mehr als genug vorhanden und warten darauf, genutzt zu werden. „Lass mal gründen!“ Die Aufforderung kann ernst genommen werden, denn dahinter steht die Verheißung: „Es könnt‘ ja gut werden!“