Außenwerbung wirkt. Doch diese Werbung wirkte auf Alexander Tasdelen eher verärgernd. Als er am Sonntag, 24. August, durch Wollmatingen nach Hause fährt, fällt ihm ein großes Plakat ins Auge. Darauf zu sehen sind Füße, die auf einem Sprungbrett stehen. Daneben in großen Buchstaben: „Sicherheit für unsere Schwimmbäder!“
Zuerst fragt er sich, ob es sich dabei um Werbung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) handelt. „Vielleicht eine Initiative fürs Schwimmenlernen“, so Tasdelen. Doch das ist nicht der Fall. Denn als er näher kommt, stellt er fest, es handelt sich um ein Plakat der AfD-Bundestagsfraktion. Das Logo der Fraktion ist auf dem Plakat unten rechts abgebildet.
Ein kleiner Hinweis auf dem Plakat
Ganz klein befindet sich auf dem Plakat ein Text, in dem aufgeklärt wird, worum es der Fraktion bei dem Plakat geht. Diese zeige, dass die Gewalttaten im öffentlichen Raum durch die Migration angestiegen wären. Von konkreten Zahlen zu Schwimmbädern ist in der dazugehörigen Anfrage der Partei jedoch keine Rede.

Alexander Tasdelen empfindet diese Werbung in Konstanz für mehr als unangemessen. „Bei mir war vollkommene Entrüstung“, sagt er. Denn nicht nur gebe es in Konstanzer Freibädern keine Probleme mit Gewalt durch Menschen mit Migrationshintergrund, es ist auch keine Wahlkampfzeit.
Fraktionen dürfen über ihre Arbeit aufklären
Der kleine, aber feine Unterschied: Die Werbung kommt nicht von der Partei Alternative für Deutschland, sondern von der Bundestagsfraktion. Denn während eine Partei ein Zusammenschluss von Bürgern mit gleichen Interessen ist, ist eine Fraktion ein Zusammenschluss von Abgeordneten mit gleichen Interessen. Dies kann auch unabhängig vom Parteibuch sein.
Tatsächlich dürfen Bundestagsfraktionen Öffentlichkeitsarbeit machen, das ist Teil ihrer Arbeit. Es gibt jedoch Grenzen, da die Arbeit der Fraktionen aus Steuermitteln finanziert wird. Die Öffentlichkeitsarbeit muss sachlich informieren und nicht in Wahlwerbung übergehen. Die Bundestagsfraktionen dürfen also über kleine Anfragen berichten, dürfen dies aber nicht als Wahlwerbung missbrauchen.
Parteiwerbung ist verboten
Aus Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und Richtlinien der Bundestagsverwaltung geht hervor, dass die Werbung nicht überwiegend parteipolitisch oder wahlkämpferisch geprägt sein darf. Öffentliche Gelder dürfen nämlich nicht für den Wahlkampf genutzt werden.
Ob es sich in dem konkreten Fall um zulässige Öffentlichkeitsarbeit oder um Parteiwerbung handelt, ist nicht so einfach zu sagen. Doch bereits in der Vergangenheit gab es Kritik an solchen Werbungen der AfD. Immer wieder hatten Inhalte von AfD-Fraktionen zu wenig Bezug zur Fraktionsarbeit. Zuletzt forderte der Landesrechnungshof von Rheinland-Pfalz von der dortigen Landtagsfraktion Steuergeld zurück, das unerlaubterweise für Parteiwerbung ausgegeben wurde.
Mehr Sensibilität
Alexander Tasdelen lebe in einer bunten Nachbarschaft. Es sei daher kein Zufall, dass die Plakate ausgerechnet dort platziert wurden, so seine Vermutung. Das möchte er jedoch nicht einfach so hinnehmen. Aus seiner Sicht sei der Inhalt des Plakats „eindeutig hetzerisch und migrantenfeindlich“.
Deshalb möchte er jetzt mehr für das Thema sensibilisieren. „Man sollte solche Plakate und Broschüren nicht einfach drucken“, sagt das Mitglied des Jungen Forums Konstanz. Er wünscht sich, dass es in Konstanz ein breiteres Bewusstsein für den Umgang mit solchen Inhalten gebe. Auch mit Blick auf die kommende Landtagswahl.

Mit den Akteuren reden
Daher hat Tasdelen auch Kontakt zum Konstanzer Werbeunternehmen Schwarz aufgenommen. „Es geht nicht um Schuldzuweisungen“, erklärt er. „Schwarz betreut wohl um die 24.000 Werbeflächen, davon waren jetzt vier betroffen“, meint er weiter. Es sei daher vermutlich nicht möglich, jeden Auftrag und jeden Inhalt zu prüfen.
Nach eigener Aussage habe Tasdelen mit Inhaber Christoph Schwarz telefoniert. Das Gespräch sei konstruktiv gewesen. Bereits vor dem Gespräch seien die Plakate wieder überklebt worden. Tasdelen ist sich sicher, dass das auch mit seiner Kontaktaufnahme zu tun hat. Eine SÜDKURIER-Anfrage bei Schwarz Außenwerbung zu diesem Thema blieb zunächst unbeantwortet.