Zu Beginn der Pandemie gab es die Befürchtung, dass viele Geschäfte aufgeben würden und es in der Konstanzer Altstadt zu einem strukturellen Leerstandsproblem kommen könne. Das prognostizierte Szenario ist – im Gegensatz zu vielen anderen Städten in Deutschland – nicht eingetreten.
Die Gefahr ist damit noch nicht gebannt, denn „die Interessenten stehen nicht mehr Schlange“, stellt Xaver Haider von der Wirtschaftsförderung der Stadt Konstanz, fest. „Das Vermietungsgeschäft ist für Konstanzer Verhältnisse schon deutlich kleinteiliger und kurzlebiger geworden.“
Weniger Interessenten und zu hohe Mieten
Das kann jeder Konstanzer, der mit offenen Augen durch die Stadt flaniert, bestätigen. Es gibt einige Ladenlokale, in denen sich Händler nur kurze Zeit halten können. Auffallend dagegen ist die Vielzahl an Friseuren, Nagelstudios und Imbissläden. Xaver Haider schreibt in seinem Sachstandbericht, der dem Wirtschaftsausschuss nun vorgelegt wurde: „Die Anzahl der Interessenten ist rückläufig, die Qualität der Anfragen nimmt ab.“
Außerdem stellt die Wirtschaftsförderung fest, dass es vereinzelt Ladenflächen gebe, die seit langem ungenutzt seien. Als Gründe für das Desinteresse von Händlern nennt Haider beispielsweise bauliche Mängel, aber auch zu hohe Mieten.
In der Innenstadt gebe es laut Aussage der Wirtschaftsförderung aktuell lediglich drei Leerstände, wo die Nachnutzung noch ungeklärt sei. Sechs Ladenflächen seien zwar noch ungenutzt, aber bereits vermietet.
Erleichtert ist das Team der Wirtschaftsförderung, dass Karstadt in Konstanz bleibt, denn: „Ein attraktives Warenhaus ist ein wichtiger Ankerpunkt in der Innenstadt“, so Haider. Karstadt werde sich aber auch ein Stück weit wandeln. Angedacht sei unter anderem Außengastronomie und Pop-up-Flächen.
Die Niederburg blüht mehr und mehr auf
Die Niederburg habe sich positiv entwickelt. Gerade an der Ecke Insel-/Brückengasse mit Café inklusive Co-Working-Konzept und einem Dekoladen sei die Attraktivität gesteigert worden, wozu auch eine Eisdiele, die allerdings noch nicht eröffnet ist, beitragen werde. Die Besucherfrequenz habe sich aufgrund dieser Attraktivitätssteigerung zwischenzeitlich im ältesten Konstanzer Stadtteil deutlich erhöht.
Das veranlasst Peter Müller-Neff (FGL) seine alte und immer wieder vorgebrachte Forderung aufzugreifen: „Die Niederburg erfährt eine Aufwertung. Wir müssen darüber reden, wie sie verkehrlich strukturiert wird.“ Dadurch, dass es zunehmend gastronomische Angebote, gerade auch im Außenbereich, gebe, bekomme die Niederburg eine Lebendigkeit. Darauf müsse reagiert werden.

Baulücke mitten in Stadelhofen macht Probleme
Auch in Stadelhofen, genauer gesagt in der Kreuzlinger Straße, gebe es Wechsel. Ein unbebautes Grundstück wirke sich weiterhin negativ auf die Umgebung aus, stellt die Wirtschaftsförderung fest. Auch die Parkplätze in der dortigen Fußgängerzone würden die Aufenthaltsqualität senken.
Die Wirtschaftsförderung regt eine Verlagerung der Stellplätze sowie Begrünung und Aufwertung des öffentlichen Raums, aber auch einen einladenden Durchgang zum Döbele an, wo in Zukunft ein Parkhaus entstehen soll. Die gewünschte Verlagerung von Parkplätzen ist Wasser auf den politischen Mühlen von Peter Müller-Neff: „Wir haben lange dafür gekämpft, dass die Straße eine Fußgängerzone wird.“

Roger Tscheulin (CDU) mahnt aber sofort: „Darüber kann man diskutieren. Aber es gibt Forderungen von Geschäften, dass Parkplätze nicht entfallen sollen.“ Gerade aufgrund der aktuellen Erfahrungen, dass Bürger aufgrund des zu befürchtenden Wegfalls von Anwohnerparkplätzen im Rahmen des Handlungsprogramms Fußverkehr opponieren, fordert Tscheulin: „Einfach streichen ist nicht gut. Man muss mit den Betroffenen erst ins Gespräch kommen.“

Manfred Hölzl prognostiziert der Stadt schwere Zeiten
Die Frequenz in der Altstadt sei gut, was auch dem Tourismus zu verdanken sei. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ist die Zahl der gewerblichen Übernachtungen um 11,4 Prozent (über eine Million Übernachtungen) gestiegen. „Dass sich der Tourismus positiv entwickelt, ist ein gutes Zeichen für die Innenstadt“, wertet Peter Müller-Neff. Roger Tscheulin freut sich darüber, dass die FGL den Tourismus positiv sehe, denn „das ist ja nicht immer so“.
Manfred Hölzl (CDU) kann sich dem Optimismus nicht anschließen, denn: „Wir legen zwar in der Frequenz zu, aber nicht in Sachen Kaufkraft, denn die lässt zu wünschen übrig.“ Der Handel sei nämlich nicht zufrieden. Die Leute würden aufgrund der generellen Preissteigerungen sparen. Hölzl prognostiziert daher: „Uns werden schwere Zeiten bevorstehen.“