Wirtschaftsförderin Beate Behrens ist erleichtert. Der Konstanzer Handel hat die Krisen – vor allem die Pandemiejahre – besser verkraftet, als befürchtet wurde. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt sie.
Mit Blick auf die derzeit leerstehenden Gewerbeflächen stellt sie fest: „Wir sind aktuell auf dem gleichen Niveau wie vor Corona. Das ist unglaublich. Die Frequenzen sind im Moment auch gut.“ Das sei zwar schön, aber trotzdem ist Beate Behrens vorsichtig: „Wir sind auf einem guten Weg, aber wir dürfen uns nicht ausruhen. Wir müssen aufpassen, wohin es sich entwickelt.“
Wie fragil das System auch in Konstanz ist, hat das Zittern und Bangen um Karstadt gezeigt. Ein so großer Leerstand mitten in der Innenstadt hätte auch weitreichende Folgen gehabt. Mangelt es an einem solchen Frequenzbringer, dann sind Geschäfte und Gastronomie im Umfeld ebenfalls betroffen und unter Umständen in ihrer Existenz bedroht.
In Konstanz gibt es immer ein Kommen und Gehen
Die Mieterwechsel hätten sich zwischenzeitlich wieder auf einem normalen Niveau eingependelt. Es gebe immer ein Kommen und Gehen, so Beate Behrens. Aktuell gebe es einige Wechsel auch in 1A- und B-Lagen. Sie nennt Marktstätte, Hussenstraße, Rosgartenstraße, Neugasse und Paradiesstraße als Beispiel.



Betreiber des Restaurant Dischinger gibt auf
Auch wenn scheinbar Normalität eingetreten ist – manche Betriebe kämpfen um ihre Existenz. Robin Brendle, der das Restaurant Dischinger vor fünf Jahren übernommen hat und seitdem betreibt, zieht jedenfalls Ende Juni die Reißleine. „Die Gastronomie wird immer schwieriger“, stellt dessen Mitarbeiter Hans-Peter Bretzler fest.
Vor allem wegen der Kostenexplosion. „Lebensmittel, Miete, Nebenkosten, Gas, Strom“, zählt Bretzler auf. „Wir haben nur 30 Sitzplätze. Allein die Miete beläuft sich auf 4500 Euro monatlich,“, sagt er und fügt an: „Wir sind keine Lauflage.“ Das Lokal liegt gegenüber der Lutherkirche an der Laube. Spontane Besucher kommen hier eher selten her.

Während Corona – Bretzler spricht von einer „Zwangsschließung“ – sei das Dischinger durch das Mitnahmegeschäft gerade so über die Runden gekommen. Eine Rücklagenbildung sei unter den Umständen schlicht nicht möglich gewesen. Wie aber solle das Restaurants rentabel geführt werden können?
Würden die Preise entsprechend erhöht, würden die Gäste vergrault, meint Bretzler. Schließlich hätten alle mit der Inflation zu kämpfen. „Die Mittelschicht hat man ausbluten lassen. Sie ist zum Großteil weggebrochen“, meint er. Er geht davon aus: „Es wird gravierende Einschnitte geben.“

Frequenz und Erreichbarkeit sind entscheidend
900 gewerblich genutzte Objekte gebe es in der Innenstadt. Die Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung versuchten, mit den Besitzern Kontakt aufzunehmen, berichtet Beate Behrens. Eine gute Kommunikation würde angestrebt, damit sich die Chance auf eine gute Nachvermietung, die dem Branchen-Mix dienlich sei, erhöhe. „Wir brauchen eine gesunde Mischung von Frequenzbringern, inhabergeführtem Einzelhandel und anderen Gewerbetreibenden“, stellt Beate Behrens fest. „Man muss aufpassen, dass es in der Waage bleibt.“
Wichtig sei, „dass genügend Leute die Stadt besuchen. Das gibt Stabilität und hält den Einzelhandel aufrecht“, sagt die Wirtschaftsförderin, die auch die Gastronomie nicht vergisst. „Hoffentlich profitieren wir von dem 49 Euro Ticket.“ Wesentlich sei auch, „dass wir gut erreichbar sind und an der Aufenthaltsqualität arbeiten.“

Sie ist überzeugt, dass „autofrei nicht hundertprozentig funktioniert“. Sie ist schon neugierig auf das Ergebnis, wenn der Bahnhofplatz umgestaltet ist. Eine schönere Gestaltung wäre ihrer Ansicht nach dringend notwendig. Behrens verspricht sich davon, dass der Aufenthalt in Seenähe dann angenehmer sein wird.
„2500 Parkplätze in der Innenstadt brauchen wir“
Wie sich der Verkehr in der Innenstadt in der Folge entwickle, darauf ist sie gespannt. „Dann wird man sehen, wie das funktioniert“, meint sie. Schließlich führen allein 600 Busse täglich am Bahnhof durch. „Das muss man erst einmal wegstecken“, so Behrens.
Klar ist für die Wirtschaftsförderin allerdings: „Die 2500 Parkplätze in der Innenstadt brauchen wir. Es ist nur die Frage, wie verändern wir den Rest.“ Wichtig für eine gesunde Innenstadt sei die Erreichbarkeit, und zwar mit allen Mobilitätsarten: Schiff, Bahn, Bus, Auto, Rad und zu Fuß. Ihr ist daran gelegen, dass vernünftige Kompromisse gefunden werden.