Die Liste der Namen, die Eltern in Konstanz im Jahr 2023 am häufigsten vergaben, ist wenig überraschend: An der Spitze stehen Mia und Paul, gefolgt von Anna, Emilia, Ida und Lina bei den Mädchen. Bei den Jungen waren laut Stadt Konstanz vor allem Paul, Elias, Emil, Samuel und Daniel beliebt.

Was fällt auf? Die Mädchennamen enden alle auf -a. Dafür hat die Konstanzer Namensforscherin Ingrid Spitzner eine Erklärung. Sie arbeitet sowohl für die Universität Konstanz als auch für die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) und hält auch internationale Vorträge über Firmennamen.
Ingrid Spitzner erläutert: „Eltern wählen einen Namen für ihr Kind aus, weil er schön klingt, gerade im Trend ist oder vielleicht doch, weil die Bedeutung dahinter dem Kind etwas mit auf den Lebensweg geben soll. Der Name ist eines der ersten Wörter, die wir lernen und auf die wir reagieren.“
Während die Namenswahl früher vorwiegend auf Familientradition beruhte (der älteste Sohn erhielt den Namen des Vaters, als Zweitnamen den des Großvaters; bei Mädchen entsprechend die Namen der weiblichen Vorfahren), spiele heute eher der Klang eine Rolle. Das „a“ ist laut Ingrid Spitzner seit jeher wichtig bei der Wahl eines Vornamens für die Tochter: „Mit diesem Buchstaben wird aufgrund seiner Lautfülle ein Wohlklang verbunden.“
Das „a“ als sympathischer Laut
Das „a“ wecke als offener Laut die Aufmerksamkeit des Hörers. Mia und Lina (wie auch Ina) sind Kurzformen zu Maria, Katharina, Christina, Angelina und Karolina. Emilia ist die spanische und italienische Form zu Emilie und dies die weibliche Form zu Emil. „Der Name Anna hat aus dieser Liste die weitläufigste Deutung“, so Spitzner.
„Zunächst gibt es den Bezug zum Altgriechischen channa – Gnade oder Zuneigung Gottes. Des Weiteren kann der Name als die weibliche Form zum männlichen Anno angesehen werden und drittens gibt es den Bezug zur Heiligen Anna, der Mutter der Jungfrau Maria. Zu Ehren der Heiligen Anna wurde bereits seit dem 6. Jahrtausend ein Fest gefeiert, Papst Gregor VIII. legte den 26. Juli als Festtag für sie fest.“
Auch die Jungennamen zeigen Muster
In der Auflistung der beliebtesten Konstanzer Jungennamen findet sich ebenfalls ein Muster. Die Endung auf -l oder -el deutet laut Ingrid Spitzner an, dass es eine Verbindung zu einem Herrscher, Heiligen oder gar Gott gibt – aber nicht in jedem Fall.
Paul wurde vom lateinischen Namen Paulus abgeleitet und bedeutet „der Kleine“. Verbreitet wurde der Name durch den Heiligen Paulus. Elias stammt von der hebräischen Form Elijah ab, was mit „Jahwe ist mein Gott“ gleichzusetzen sei. Elija war außerdem im Alten Testament ein bedeutender Prophet.
Emil ist mit dem römischen Geschlechternamen Aemilius verbunden, was abgeleitet vom Lateinischen „eifrig“ bedeutet. Bei Samuel handelt es sich wiederum um einen biblischen Namen, der vom Hebräischen Schemuel, Schmuel abgeleitet ist. „Das kann mit ‚der Name Gottes‘ übertragen werden“, erklärt die Namensforscherin. Im Alten Testament war Samuel der letzte Richter der Israeliten.
Daniel stammt laut Spitzner von der hebräischen Form danijel ab, was „Gott ist mein Richter“ bedeute. Dem Propheten Daniel ist im Alten Testament ein ganzes Buch gewidmet. „Er befand sich in Gefangenschaft, als er die Träume des Königs Nebukadnezar deutete und von apokalyptischen Visionen heimgesucht wurde“, so die Forscherin.

Auch weitere Jungennamen auf -l haben biblischen Bezug. So bedeutet Basil „König“, Joel steht für „der Herr ist Gott“. Die Bedeutung für Nathaniel liegt bei „Geschenk Gottes“, während im Namen Lionel eine Verkleinerungsform steckt: der kleine Löwe.
Aber wie erklärt es sich, dass viele beliebte Vornamen einen biblischen Ursprung haben, obwohl Eltern darauf oft gar nicht mehr so viel Wert legen? Ganz einfach: „Im Internet gibt es einige Hitlisten mit beliebten Vornamen verschiedener Kategorien, darunter die beliebtesten biblischen Vornamen oder Namen, die in Vergessenheit gerieten. Ich kann mir vorstellen, dass die Eltern, die heute sehr internet-affin sind, sich aus diesen Listen bedienen. Und da stehen immer dieselben Namen drin“, sagt Spitzner.