Für und um die Bodenseetherme herum ist ein Nahwärmenetz geplant, im Gespräch ist auch eines für die Universität. Mit dem Einstieg des spanischen Unternehmens Iqony Energies sind in der Stadt weitere Nahwärmenetze angedacht. Ihre Energie sollen sie überwiegend aus dem Seewasser entnehmen oder aus der Abwärme der Kläranlage sowie der Müllverbrennungsanlage im thurgauischen Weinfelden. Einen Schritt weiter sind auf Konstanzer Gemarkung die Ortsteile Dingelsdorf und Wallhausen mit dem Energieversorger Solarcomplex.

Pläne, Verträge, Genehmigungen und Förderanträge sind fertig oder gestellt. Ende dieses Jahres soll der Bau des Nahwärmenetzes in Dingelsdorf und Wallhausen Netzes beginnen und Anfang 2027 sollen die ersten Häuser hierüber versorgt werden. Inzwischen ist das Projekt für das erste Konstanzer Nahwärmenetz zwei große Schritte weiter, nämlich bei der Stromversorgung und der Heizzentrale.

Für ersteres braucht es eine Photovoltaikanlage (PV) in der Nähe der Heizzentrale, die auf einem Teil des Sportplatzes Klausenhorn neben dem Campingplatz entstehen wird. Durch diese Nähe werden Durchleitungskosten vermieden, die das Projekt unwirtschaftlich machen würden.

„Die Freiflächen-PV ist ein wichtiger Bestandteil des Netzes“, betonte in Dingelsdorf Benjamin Schimmer vom Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU) in einer Sondersitzung des Ortschaftsrats. Als eine geeignete, rund 2,9 Hektar große Fläche wurden Wiesen und Äcker im Nordwesten Dingelsdorfs ausgemacht, die nördlich davon von der Wallhauser Straße begrenzt werden.

Hier soll die PV-Anlage entstehen.
Hier soll die PV-Anlage entstehen. | Bild: Jessica Steller | Quelle: Google Earth

Damit die Freiflächen-PV errichtet werden darf, braucht es einen Bebauungsplan. „Aufgrund der vorherrschenden Schutzgebietskulisse in Konstanz ist die Flächenauswahl stark eingeschränkt. Der Eingriff in Natur und Landschaft kann durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden. Der Zehn-Meter-Gewässerrandstreifen wird im Plangebiet eingehalten“, schreibt Schimmer in der Sitzungsvorlage.

Oberdorf hätte angeschlossen werden können: „Das war kurzsichtig“

Mit dem Bau dieser Anlage würde auch eine Vorgabe des Landes erfüllt, wonach in den Regionalplänen mindestens 0,2 Prozent der jeweiligen Regionsfläche für die Nutzung von Photovoltaik auf Freiflächen ausgewiesen werden müssen. „Damit würde der Vorrang für die Fläche am Ortsrand von Oberdorf entfallen“, erläuterte Ortsvorsteher Horst Böttinger-Thyssen (SLWD).

Die etwa zwei Hektar große Fläche war in den Regionalplan aufgenommen worden, wogegen einige unmittelbare Anwohner Sturm liefen, eine Bürgerinitiative gründeten und eine Unterschriftenaktion veranlassten. Oberdorf hätte an das Nahwärmenetz angeschlossen werden können, wären genug Interessenten zusammengekommen.

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Herbert Gieß ärgert sich immer noch. „Das war kurzsichtig“, sagt er auf Nachfrage erzürnt. Gerne hätte er seine beiden Häuser in Oberdorf mit Nahwärme heizen lassen, was er als langfristig und zukunftsweisend angesehen hätte. „Die Firma Solarcomplex war da und hat sich alles angeschaut. Es wäre kein Problem gewesen“, berichtet Gieß. Auch Inhaber Florian Fuchs hätte gerne seinen Fuchshof ans Nahwärmenetz angeschlossen.

Nahwärmenetz soll „so schnell wie möglich“ vorangetrieben werden

Stadtrat Niklas Becker (FGL&Grüne) hält die Freiflächen-PV „grundsätzlich für super“. Er wollte wissen, ob der erforderliche Zaun einen gewissen Abstand zum Boden habe, ob dieser durch eine Hecke „visuell etwas anders“ gestaltet werden könne und ob der bisherige Trampelpfad drumherum geführt werden könne.

Heinrich Straub, bei Solarcomplex für Umweltbelange zuständig, verwies auf den vorgegebenen Mindestabstand von 20 Zentimetern zwischen Unterkante Zaun und Boden. ASU-Chefin Marion Klose versprach zu überlegen, ob der Trampelpfad außen herum gelegt werden kann. Ortsvorsteher Horst Böttinger-Thyssen äußerte Bedenken, dass mit einer Hecke nicht genug Platz für Mähgerät bleibe.

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Der Ortschaftsrat Dettingen-Wallhausen verzichtete auf die Sondersitzung. „Wir haben es bereits goutiert“, verwies Christoph Müller (Freie Wähler) auf die grundsätzliche Zustimmung des Ortschaftsrats zum Projekt. Ortsvorsteherin Sarah Seidel (CDU) hatte zuvor angemerkt, dass das Nahwärmenetz „so schnell wie möglich“ vorangetrieben werden soll.

Alfred Reichle (SPD) und Maurizio Caré (Freie Wähler) sahen ebenfalls keine Notwendigkeit für eine weitere Sitzung. Nachdem der Ortschaftsrat Dingelsdorf dem Aufstellungsbeschluss geschlossen zustimmte, winkte auch der Technische und Umweltausschuss den Antrag durch.

Bauantrag für Heizzentrale, Leitungen und Pumpenstation beschlossen

Der Dingelsdorfer Ortschaftsrat stimmte auch dem Bauantrag für die Heizzentrale mit seinen Leitungen zum See und der fast komplett unterirdisch liegenden Seewasser-Pumpenstation zu. Dort stehen dann unter anderem vier Wärmepumpen. Ein ölbetriebener Fünf-Megawatt-Redundanzkessel ergänzt die technische Ausstattung.

„Das ist kein Spitzenlastkessel“, betont Solarcomplex-Technikvorstand Edgar Kunz. Das Dach erhält eine PV-Anlage. In Richtung des kleinen Wäldchens schließen sich sechs Warmwasser-Pufferspeicher an. Dazu kommt ein oberirdischer Öltank mit 30.000 Litern Fassungsvermögen.