Der rötlich-braune Klinkerbau neben dem weißen Hochhaus steht, nun sind die Handwerker im Inneren fleißig bei der Arbeit. Hier auf dem Ravensberg-Areal, neben der Großbaustelle für das Berufsschulzentrum, entsteht derzeit eine neue Heimat für viele künftige Mieterinnen und Mieter, darunter einige Senioren.
Denn die Ravensberg Wohnungsbau GmbH errichtet dort in fünf großen Häuserwürfeln nicht nur Raum für Familien, Paare oder Alleinstehende in Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen, sondern bewusst auch für ältere Menschen. Eine Kindertagesstätte, später betrieben vom Trägerverein Krümelkiste, sowie Gewerbe-Einheiten runden das Quartier ab.
„Als wir überlegt haben, was wir mit dem Grundstück machen, haben wir uns bewusst für ein durchmischtes Quartier für alle Generationen entschieden“, sagt Carina Engelhardt, Geschäftsführerin von Ravensberg Wohnungsbau, beim Besuch auf der Baustelle. „In unseren Familien sind Kinder vorhanden, außerdem habe ich zum Beispiel eine über 100-jährige Oma“, erzählt sie.
Da Kitaplätze in Konstanz knapp sind und „Kinder eh keine Lobby haben“, wie Carina Engelhardt sagt, war die Kindertagesstätte gesetzt. Auch die Räume für hilfebedürftige Senioren waren dem Unternehmen wichtig. So entstehen in dem siebenstöckigen Klinkerbau 18 Wohnungen unterschiedlicher Größe, dazu Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss. Das Konzept nennt sich „Seniorenwohnen mit Service“.

„Die Kernleistung ist das Hausnotrufgerät, das schon eingebaut ist“, erläutert Jürgen Raupp, Bezirksgeschäftsführer der Malteser Bodensee, die das Haus später betreiben werden. „Weitere Leitungen wie Essen auf Rädern können die Bewohner auf Wunsch dazubuchen.“ Sechs dieser Seniorenwohnungen sind rollstuhlgerecht.
Der Gemeinschaftsraum kann für Spielenachmittage, aber auch für Beratungen zum Leben im Alter oder Erste-Hilfe-Kurse genutzt werden. „Zu solchen Angeboten können gern alle Bewohner des künftigen Quartiers dazukommen“, sagt Silvia Baumann, Leiterin des Integrationsdienstes der Malteser Bodensee.

Kochen und gärtnern in der Pflege-WG
Jürgen Raupp weiß: „Viele Menschen wünschen sich, zum letzten Mal umzuziehen, wenn sie sich für seniorengerechtes Wohnen entscheiden. Trotzdem kommt es vor, dass das Alleinleben auch mit ambulanter Unterstützung nicht mehr klappt.“ Deshalb gebe es auf dem Ravensberg-Areal die „geniale Lösung“ mit der Pflege-Wohngemeinschaft (WG) im Haus gegenüber.
Dort werden zwölf Zimmer unterschiedlicher Größe, Gemeinschaftsflächen und ein Betreuerraum errichtet. „Bei Bedarf können die Menschen aus dem Seniorenwohnen mit Service in die WG umziehen, dort haben sie Pflege rund um die Uhr, behalten aber ihre gewohnte Nachbarschaft“, so Raupp.

Hier steht das gemeinschaftliche Leben im Vordergrund. „Wir wünschen uns für die WG Bewohner, die zwar ihre eigenen Zimmer haben, aber trotzdem mit anderen zusammenleben und sich aktiv einbringen möchten“, sagt Silvia Baumann und deutet nach draußen. Wo jetzt noch Matsch ist, entsteht später ein eigener Pflege-WG-Garten mit Hochbeeten.
„Die Bewohner können dort gärtnern, auch im Rollstuhl“, so Baumann. „Und wer beim Kochen helfen möchte, darf und soll das auch gern tun.“ Jürgen Raupp freut sich, endlich einen Neubau mitplanen zu dürfen. „Bisher haben wir Seniorenwohnen im Bestand umgesetzt, mit vielen Kompromissen. Diese Neubauten lassen keine Wünsche für Senioren offen“, sagt er.

Bis die Ersten dort einziehen, dauert es nicht mehr lange: Laut Carina Engelhardt sollen die 18 Wohnungen im Seniorenwohnen mit Service im Herbst 2025 bezugsfertig sein, die Pflege-WG geht im Frühjahr 2026 an den Start. Die weiteren Wohnungen auf dem Areal, die vermietet werden, sollen nach und nach bis zum Jahr 2028 bezogen werden.
„30 davon sind barrierefrei, hier haben wir die Norm übererfüllt“, erläutert Architekt Simon Braun von Krehl Girke Architekten aus Konstanz, die im Jahr 2021 den Architektenwettbewerb gewonnen hatten. Auch die beiden Hochhäuser, die schon auf dem Gelände standen, werden saniert. Im blauen Turm bleiben Wohnungen, in den weißen kommt Gewerbe hinein.

Wohnungen werden nur vermietet
Während in den vergangenen Jahren viele Bauvorhaben in der Schublade blieben, weil die Baukosten und Zinsen so hoch sind, ging die Baustelle auf dem Ravensberg-Areal gut voran. „Wir segeln auch nicht einfach so durch, viele Projekte standen auf der Kippe“, sagt Carina Engelhardt. „Aber die Konstellationen haben hier gepasst, also sind wir das Risiko eingegangen.“
Ein Vorteil sei, dass mit BDS Universalbau aus Konstanz ein Generalunternehmer beauftragt worden sei, sodass die vereinbarten Preise stabil blieben. Nur auf das Wetter haben die Bauherren keinen Einfluss. Wie hoch die Quadratmeterpreise für die Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen sein werden, steht laut Carina Engelhardt noch nicht fest.
Klar ist bislang nur, dass ein 54 Quadratmeter großes Zimmer im Seniorenwohnen mit Service 1350 Euro Miete im Monat kosten wird, bei 63 Quadratmetern sind es 1580 Euro und die größte Wohnung mit 69 Quadratmetern kostet 1750 Euro monatlich. „Wir hätten alles gern günstiger angeboten, aber auch wir müssen wirtschaftlich denken“, so die Geschäftsführerin.
„Unsere Gesellschaften halten die Wohnungen im Bestand und verkaufen sie nicht, unser Geschäftsmodell ist die Vermietung. Das gibt es heute sonst kaum noch.“ Bei der Pflege-WG „versuchen wir, für ein paar Zimmer vergünstigte Preise im Sozialhilfebereich anzubieten“, sagt Engelhardt.

Für den Architekten Simon Braun ist das Ravensberg-Areal ein besonderes Projekt: „Ganze Quartiere haben wir schon öfter entworfen, aber die Kombination von Jung bis Alt ist das erste Mal für uns“, sagt er. Besondere Herausforderungen seien der Brandschutz auch für demenziell veränderte Menschen, die vielen Vorgaben beim Bau einer Kita und die durchgehende Tiefgarage gewesen, die er als Tetris-Spiel bezeichnet.
Auch der Klinkerbau, eine Anlehnung an die industrielle Vergangenheit des Ravensberg-Areals, sei nicht einfach gewesen. „Die Steine müssen außen optisch aufgehen, obwohl wir das Gebäude von innen her geplant haben, aber auch das hat funktioniert“, sagt Simon Braun und lacht. „Jetzt können wir nur noch hoffen, dass das Wetter bis zum Ende der Baustelle mitspielt. Aber das ist höhere Gewalt.“