Leben und Tod liegen nahe beieinander, das ist bei dem Schwanenpaar zu sehen, das am Seerhein sein Nest gebaut hat. 16 Eier hatten dort zwischenzeitlich gelegen. Doch wer aufs Wasser blickt, erkennt nun nur noch die Altvögel mit drei quicklebendigen Küken.
Eier werden nicht mehr bebrütet
Im Nest befinden sich acht Eier, die nicht mehr bebrütet werden; daneben treibt im Wasser ein totes Küken, an dem am Donnerstagmorgen eine Krähe pickte.

Nun ist eine Debatte entbrannt, was natürlich ist und was nicht. Der Naturschutzbund (Nabu), der etliche Anrufe wegen des Schwanennests am Seerhein erhalten hatte, gibt Antworten.
Zu viel Aufregung für die Tiere?
Viele bewegt die Frage, ob die Schwäne nicht durch die vielen Schaulustigen gestört wurden, und Facebook-Fotos und Zeitungsbeiträge ihren Anteil daran hatten. Das Nest und die Jungen zogen auch an Christi Himmelfahrt viele Zuschauer an.
Caspar Jung, der sein freiwilliges ökologisches Jahr beim Nabu leistet und sich schon seit Jahren mit Vögeln beschäftigt, stellt klar: Grundsätzlich gehe es jedem brütenden Vogel besser, wenn er nicht gestört werde. Andererseits seien gerade Schwäne sehr tolerant gegenüber Störungen. „Sie brüten auch an Stellen, an denen Wege vorbei führen.“
Wer sich schon ein bisschen länger in Konstanz bewegt und den Seerhein im Auge hat, kann dies bestätigen. Schwäne bauen immer wieder Nester entlang der stark frequentierten Fußgängerstrecken. Und sie kommen Jahr für Jahr wieder, scheinen sich trotz des Trubels wohl zu fühlen.
Jung warnt aber davor, Schwänen zu nahe zu kommen, die Nachwuchs erwarten oder schon haben, denn sie verteidigen ihr Nest. Sie beißen und fauchen und sind nach Zeitungsberichten durchaus in der Lage, auch erwachsenen Menschen die Armknochen zu brechen.

Doch die Schwaneneltern vom Rekordnest am nördlichen Seerhein-Ufer verteidigten weder das tote Küken noch die verbliebenen Eier im Nest. Alles deutet darauf hin, dass sie diese aufgegeben haben. Krähen begannen, Interesse zu zeigen.
Auch Aasfresser haben eine Funktion
Eine Frau vertrieb am Donnerstagmorgen einen der schwarzen Vögel mit Steinwürfen – ein sinnloser und gefährlicher Akt. Rabenvögel, so stellt der Naturschutzbund in einer Online-Information klar, kümmern sich im Naturhaushalt nun einmal um die Beseitigung von Aas.
Warum aus den restlichen acht Eiern im Schwanennest keine Küken geschlüpft sind, ist unklar. Möglicherweise hat die Nachtkälte einen Beitrag dazu geleistet. Mit 16 Eiern war das Gelege besonders groß. Üblich sind sechs bis acht. Pro brütendem Paar seien zwei bis drei Jungvögel zu erwarten, die auch flügge werden, sagt Caspar Jung. Dies sei dann in etwa vier Monaten der Fall.
Allerdings könnten auch Raubfische den Küken gefährlich werden – oder Futtermangel. Jung warnt trotzdem davor, die Schwäne zu füttern. Gerade mit Brot würden Keime weitergetragen, die den Vögeln schaden können. Am besten sei es, wenn der Mensch nur beobachte, was geschehe: „Füttern Sie die Schwäne nicht. Und lassen Sie die Brut in Ruhe.“
Stress kostet die Tiere Energie
Schwäne im Stress würden an Energie verlieren. Und die Küken sollten auch nicht wieder ins Nest zurückgesetzt werden, denn sie gehören laut Jung zu den Nestflüchtern. Das bedeutet, schon wenige Stunden nach dem Schlüpfen verlassen sie dieses mit den Altvögeln. Alles ganz normal also.

Andere Wasservögel würden überhaupt keine Störungen vertragen, betont Caspar Jung. Sie zögen sich deshalb auch gern in den Schilfgürtel des Wollmatinger Rieds zurück. Hier warnen Bojen Wassersportler davor, den geschützten Zonen zu nahe zu kommen. „Die Wasserflächen dürfen nicht befahren oder betreten werden“, stellt Caspar Jung klar.
Beobachtungsstation wieder besetzt
Ab dem 14. Mai ist auch wieder die Beobachtungsstation Netta des Naturschutzbundes besetzt. Die ehrenamtlichen Helfer dort machen auf die Bedeutung der Schutzzonen aufmerksam und sorgen dafür, dass Wassersportler fern bleiben. Denn Wasservögel, die in Panik fliehen, würden viel Energie verlieren, die sie für die Aufzucht der Brut brauchen.
Beim Wechsel des Federkleids (Mauser) und bei der Aufzucht der Jungen seien die meisten Vögel besonders sensibel gegenüber Störungen. Welche Bedeutung das Ried hat, macht der Vogelexperte des Nabus anhand einer Zahl deutlich: Allein im Februar seien dort 48.000 Wasservögel gezählt worden.