Ganz zum Schluss hat das Parkhaus an der Europabrücke sein Gesicht, sein markantes Aussehen bekommen: Im Mai wurden die ersten Alulamellen an den Betonstreben montiert; seitdem schimmert die Fassade goldgelb, durch die schrägen Lamellen wirkt sie leicht und durchlässig. Die unteren Ebenen werden begrünt, hier wachsen schon die ersten Bäume, später sollen sie Lebensraum für Insekten und Vögel sein. Doch das neue Parkhaus will nicht nur optisch überzeugen – es ist Teil eines neuen Verkehrskonzepts für Konstanz.
Am 2. Juli wurde das Parkhaus Europabrücke offiziell eröffnet; nach rund einem Jahr Bauzeit konnten die Arbeiten pünktlich abgeschlossen werden. Bis zu 750 Pkw finden hier einen Parkplatz, es gibt Ladesäulen für E-Autos und ein eigenes Geschoss für Fahrräder: Das Parkhaus soll den Verkehr aus der Konstanzer Innenstadt verlagern und Teil einer nachhaltigen Mobilität sein. Die Stadtwerke Konstanz Mobil GmbH (KMG) betreibt künftig das Parkhaus – die Tochtergesellschaft der Stadtwerke trägt auch die Kosten von rund 18 Millionen Euro: mit Unterstützung vom Land und aus der Schweiz.
Der Ausblick sei schon etwas Besonderes, sagt Nina Welschinger, Geschäftsbereichsleiterin Parken (KMG). Sie steht auf Parkdeck 14, durch die offene Fassade sieht man auf das glitzernde Wasser des Seerheins; im Hintergrund ragen die Kirchtürme aus der Altstadt. Besonders das Zentrum soll von dem Parkhaus spürbar profitieren: „Wir wollen mit diesem Projekt die Innenstadt entlasten.“ Autofahrer können nun bequem im Parkhaus an der Europabrücke parken und die letzten Meter mit Bus, Bahn oder Rad in die Altstadt zurücklegen. Für eine gute Anbindung ist gesorgt: Die Haltestellen Europabrücke und Stadtwerke sind fußläufig erreichbar, auch der Bahnhof Fürstenberg liegt nur wenige Minuten entfernt. Im Erdgeschoss wird eine Konrad-Station eingerichtet, hier lässt sich schnell ein Miet-Rad in die Stadt nehmen. Oder man spaziert Richtung Altstadt: „Der Fußweg am Seerhein ist auch wunderschön, das ist ein kleiner Geheimtipp“, sagt Josef Siebler, Pressesprecher der Stadtwerke. Direkt vor dem Parkhaus wächst das Assisi-Panorama in die Höhe, die Stadt plant hier ein neues Wohnquartier – das Parkhaus „vor den Toren der Stadt“ liegt also in den nächsten Jahren immer zentraler.
Und das Parkhaus denkt bereits jetzt für die Zukunft: Schon bei der Einfahrt sucht man vergeblich nach einer Schranke; Kameras erfassen hier die Auto-Kennzeichen und leiten sie automatisch an das System weiter. „So verkürzen wir die Wartezeiten, man muss nicht mehr vor einer Schranke halten“, erklärt Katja Romer von den Stadtwerken (Projektleitung Bau), der Datenschutz sei gesichert. Anschließend geht es für die PKW über die Rampen hoch hinaus: Das Parkhaus zählt 17 Halbgeschosse, auf ihrem Weg nach oben kommen die Autos an 750 Stellplätzen vorbei. Diese habe eine großzügige Breite von 2,70 Metern, die barrierefreien Parkplätze und Familienstellplätze sind sogar 4 Meter breit. Mit 80 E-Ladesäulen und 18 Stellplätzen für Carsharing-Anbieter haben die Stadtwerke zudem besondere Angebote für nachhaltige Mobilität geschaffen. Und auch auf dem Dach wird Klimaschutz gelebt: Dort entsteht eine Photovoltaikanlage, die ab dem Sommer grünen Strom produzieren soll – „Made in Europaquartier.“
Das Parkhaus wurde in drei Tarifzonen aufgeteilt, je nach Parkposition kann der Preis variieren. Steht das Fahrzeug unten in der Zone A und damit näher am Ausgang, zahlt man 1,50 Euro pro Stunde, in der Zone B liegt der Preis bei 1,00 Euro pro Stunde. Die oberen dreieinhalb Geschosse (Zone C) sind für Dauerparker vorgesehen, hier gibt es besondere Angebote. Die Parkhaus-Kunden können die Tarife dann klassisch über einen Automaten im Parkhaus bezahlen oder sie bezahlen online über die Plattformen der Stadtwerke.
Radfahrer gelangen über eine eigene Zufahrt in die untere Ebene, dort warten 124 kostenfreie Stellplätze auf sie, geschützt vor Witterung und mit Videoüberwachung. Hier gibt es auch die Möglichkeit, Helme und Fahrräder in Schließfächern zu verwahren und E-Bike-Akkus wieder aufzuladen. Dank seines nachhaltigen Konzepts konnte sich das Projekt über Fördergelder freuen: Das Land hat den Bau mit 2,5 Millionen Euro unterstützt, auch der Kanton Thurgau beteiligt sich mit 100.000 Euro.