Mit seinen umstrittenen Aussagen zur Flüchtlingspolitik hat der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt nach Einschätzung des städtischen Rechtsamts nicht gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen. Seine Erklärung zu einem Vorstoß der CDU-Fraktion im Kreistag, der er angehört, war demnach im Wesenskern eine persönliche Äußerung und damit zulässig. Das sagte Silvia Mollekopf, die Chefjuristin im Rathaus. Burchardt hatte die Rechtsabteilung selbst darum gebeten, entsprechende Vorwürfe aus der links-grünen Mehrheit im Gemeinderat zu prüfen.

Amtsleiterin entlastet ihren Chef

Was Mollekopf am Dienstagabend im Gemeinderat vortrug, entlastet Burchardt juristisch. Auch als Oberbürgermeister und auch im laufenden Bundestags-Wahlkampf sei er „nicht gehalten, durchgängig zu schweigen“, obwohl Staatsorgane und damit auch kommunale Amtsträger nicht in den politischen Wettbewerb eingreifen sollten, so die Einschätzung. Wenn der OB danach gefragt werde, wie ein politischer Vorstoß der CDU im Kreis mit der Beschlusslage des Konstanzer Gemeinderats zu vereinbaren sei, könne er sich dazu äußern.

Ähnlich sieht es auch der OB selbst, der darauf verweist, er habe eine Presseanfrage dazu bekommen, wie er den Beschluss des Konstanzer Gemeinderats mit dem Vorstoß der Kreis-CDU vereinen könne. Immerhin hatte der Rat die Stadt zum sicheren Hafen für Geflüchtete erklärt. Die CDU im Kreistag dagegen will nicht-staatliche Seenotretter nur noch unterstützen, wenn diese die Geretteten statt nach Europa nach Afrika oder in die Türkei zurückbringe. So sei sein Papier entstanden, das er in der Folge durch die städtische Pressestelle und unterschrieben mit „Uli Burchardt, Oberbürgermeister der Stadt Konstanz“ versenden ließ.

Das könnte Sie auch interessieren

„Gegen Pflicht zweimal verstoßen“

Die Kritiker geben sich mit der Einschätzung aus der Stadtverwaltung allerdings nicht zufrieden. SPD-Stadtrat Andreas Hennemann, selbst Rechtsanwalt, hält an seiner Einschätzung fest: „Sie haben Ihren gesetzlichen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich verlassen“, erklärte er in öffentlicher Gemeinderatssitzung. Dass nichts gut sei in der Flüchtlingspolitik, das „sieht der Gemeinderat nämlich anders“, so Hennemann. Burchardt habe dem erstens zuwidergehandelt und dann auch noch zweitens keinen Widerspruch zum Neutralitätsgebot erkannt und folglich „gegen diese Pflicht zweimal verstoßen“.

Er ist nach wie vor der Meinung, dass der Oberbürgermeister nicht für die Stadt Konstanz erklären darf, dass nichts gut läuft in der ...
Er ist nach wie vor der Meinung, dass der Oberbürgermeister nicht für die Stadt Konstanz erklären darf, dass nichts gut läuft in der Seenotrettung: Andreas Hennemann, Rechtsanwalt und SPD-Stadtrat. | Bild: Kirsten Astor | SK-Archiv

Hennemann ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Auch zwei weitere Stadträte, die selbst Rechtsanwälte sind – Jan Welsch (SPD) und Simon Pschorr (Linke Liste) –, haben Zweifel an der Einordnung des städtischen Rechtsamts, wie am Rande der Sitzung deutlich wurde. Ob und wann das Thema nochmals öffentlich diskutiert wird, ist allerdings offen. Bereits als das Thema unter „Verschiedenes“ nochmals aufkam, lautete die Aufforderung des OB, der Rat solle „jetzt bitte nicht in eine juristische Verhandlung eintreten“.