Eigentlich war der Plan schon fast entsorgt. Doch nun kann Konstanz vielleicht doch sein erstes mit Ökostrom betriebenes Müllfahrzeug kaufen. Zumindest sehen die Entsorgungsbetriebe Konstanz (EBK) eine neue Chance auf Fördergelder.

Möglicherweise wird dann auch der Notplan hinfällig, doch wieder ein klimaschädlicheres Dieselfahrzeug beschaffen zu müssen. Das Thema steht am Donnerstag, 21. Juli, auch auf der Tagesordnung des Gemeinderats.

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Wie ist die Lage?

Im Sinne des Klimaschutzes wollen die EBK bei Müllfahrzeugen nur noch auf Ökostrom-Antriebe setzen. Doch ohne Zuschüsse ist die Beschaffung kaum zu stemmen. Ein Müllauto mit Elektromotor kostet rund 500.000 Euro mehr als eines, das mit Diesel betrieben wird.

Die EBK rechneten vor zwei Jahren mit einem Preis von 750.000 Euro. Rund 40 Prozent der Mehrkosten sollten durch Zuschüsse gedeckt werden. Doch ein erster Antrag auf Fördergelder wurde abgeschmettert.

Was hat sich geändert?

Möglicherweise klappt es jetzt aber: Die EBK sind dabei, einen neuen Förderantrag zu stellen. Denn im entsprechenden Programm gibt es nun eine Kategorie für Sonderfahrzeuge wie die für den Müll oder die Feuerwehr, teilt Achim Lehle, Leiter der Abfallwirtschaft bei den EBK, auf Nachfrage mit. In herkömmlichen Programmen hatten Müllfahrzeuge keine Chance auf eine Förderung. Die war Autos vorbehalten, die besonders viele Kilometer zurücklegen.

Ein Müllfahrzeug verbraucht zwar viel Kraftstoff, 28 Tonnen Diesel im Jahr, legt dabei aber deutlich kürzere Strecken zurück. „Wir waren benachteiligt“, stellt Achim Lehle fest.

Nun hofft er auf einen Erfolg, der die Abstimmung über den Kauf eines Dieselfahrzeugs überflüssig macht. „Wir sind jetzt in einer anderen Situation. Der neue Förderantrag bietet bessere Voraussetzungen. Ob es reicht, wissen wir noch nicht.“

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Warum ein Stromer?

Lehle ist sich sicher, dass für ein klimafreundliches Müllfahrzeug nur ein Elektoantrieb in Frage kommt. Seit den 1980er-Jahren beschäftigt sich der gelernte Maschinenbauingenieur mit alternativen Antrieben. Wenn er den Wirkungsgrad betrachtet, also die Schubkraft, die am Rad ankommt, dann sieht er in den batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen die einzige Lösung.

Dazu komme: E-Müllfahrzeuge benötigten nur ganz normale Ladesäulen für E-Autos. Die EBK hätten alle Alternativen zum Diesel geprüft, sagt Lehle. Keine schnitt besser ab als Ökostrom.

Warum nicht Wasserstoff?

Hohe Energieverluste und ein schlechter Wirkungsgrad sind die Nachteile von Wasserstoff. Denn er muss erst aufwändig erzeugt werden. Geschieht dies mit Hilfe fossiler Energien (Erdgas, Kohle, Öl), ist fürs Klima nichts gewonnen. Erst wenn erneuerbarer Strom, etwa aus der Sonne, eingesetzt wird, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten, ist der Wasserstoff auch eine grüne und damit fürs Klima unbedenkliche Energie.

Im Herbst 2020 hatten die Entsorgungsbetriebe die Müllabholung mit Elektrofahrzeug schon mal ausprobiert.
Im Herbst 2020 hatten die Entsorgungsbetriebe die Müllabholung mit Elektrofahrzeug schon mal ausprobiert. | Bild: EBK
Herkömmliches Müllauto der EBK.
Herkömmliches Müllauto der EBK. | Bild: EBK

Zudem entstehen laut Lehle hohe Energieverluste bei Herstellung, Verdichtung und Transport des Wasserstoffs sowie der Rückverwandlung in Strom in der Brennstoffzelle. „Würde dieselbe Menge Ökostrom direkt in Batterien gespeichert und im Fahrzeug genutzt, würde man damit mindestens doppelt so weit fahren können.“

Die Tankinfrastruktur bei Wasserstoff bezeichnet Lehle als teuer und aufwändig. Damit bei technischen Problemen die Fahrzeuge nicht zum Stehen verdammt sind, bräuchten die EBK auch mindestens zwei Wasserstofftankstellen in zumutbarer Entfernung. Die Realität sieht anders aus: Nach Recherchen Lehles befindet sich die nächste öffentlich zugängliche Tankstelle in Geisingen. Auch die Konstanzer Hochschule hat eine – für Forschungszwecke.

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Vorteile hat der Wasserstoff natürlich auch. Mit relativ wenig Gewicht ist es möglich, relativ viel Energie mitzuführen. Das Tanken geht zügig, viel schneller als das Laden an einer E-Säule. Beim Einsatz grün erzeugten Wasserstoffs entstehen auch keine klimaschädlichen Abgase.

Doch Lehle plädiert dafür, den knappen Ökostrom nur in besonderen Fällen zur Herstellung des Wasserstoffs einzusetzen. „Der wenige grüne Wasserstoff, den wir in absehbarer Zukunft zur Verfügung haben, muss da eingesetzt werden, wo es aufgrund der erforderlichen Energiedichte nicht anders geht. Zum Beispiel im Flugverkehr, in der Industrie und vielleicht auch bei Lastwagen im Fernverkehr, die täglich viele hundert Kilometer fahren müssen. Alles andere wäre Verschwendung.“

Und synthetische Kraftstoffe?

Zu deren Herstellung wird laut Achim Lehle noch viel mehr Energie benötigt. „Und die Verluste sind nochmals deutlich höher.“ Die E-Fuels, so der Begriff für die synthetischen Kraftstoffe, werden mittels Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt.