Das gab es seit Jahren nicht: Nach lang anhaltendem Schneefall von Donnerstag- auf Freitagmorgen liegen in Konstanz und Umgebung laut Deutschem Wetterdienst 31 Zentimeter nasser, schwerer Neuschnee. Die Bäume in der Stadt und den Wäldern ächzen unter der Schneelast; überall wurde am Freitag geräumt und gestreut.
Die Traglufthalle des Tennisclubs Dettingen-Wallhausen ist unter der Schneelast zusammengebrochen, links im Bild müsste sie eigentlich nach oben gewölbt sein. Stattdessen ist sie dort bis auf den Boden durchgesackt und hat Teile der Einrichtung zerstört.
Müllabfuhr stellt Betrieb ein
Wie die Stadt Konstanz auf Facebook mitteilte, stellte die Müllabfuhr aufgrund des Schneechaos am Freitag ihren Betrieb komplett ein. Die Entsorgungsbetriebe könnten leider noch nicht sagen, wann und wie ausgefallene Leerungen nachgeholt werden.
Busverkehr eingeschränkt, Universität wird nicht angefahren
Auch einige Linien des Roten Arnolds mussten aufgrund der Schneelast auf den Bäumen sowie der beengten Situation in kleineren Straßen Umleitungen fahren. Dies teilte Sprecher Christopher Pape auf Anfrage mit. Die Linie 6 endet aktuell an der Haltestelle Wollmatingen/ Rathaus und wendet dort. Die Haltestellen Kindlebildstraße, Feuersteinstraße und ZfP Reichenau können nicht bedient werden.

Bei der Linie 5 entfallen in beide Richtungen die Haltestellen entlang der Eichhornstraße bis zur Therme. Die Linie fährt ab Marktstätte über das Paradies, Sternenplatz und Zähringerplatz bis zur Haltestelle Klinikum und vor dort wieder zur Marktstätte, so Pape.
Linien 11, 4/13 und 13/4 komplett gestrichen
Die Linie 11 war Freitag komplett gestrichen. Auch die Linien 4/13 und 13/4 können aufgrund einer Vollsperrung zwischen Dettingen und Wollmatingen nicht fahren. Die Linie 9 verkehrt ab Zähringerplatz stadteinwärts über das Paradies bis zur Haltestelle Zähringerplatz stadtauswärts. Die Universität ist mit keiner Linie erreichbar.
Die Linie 14 endete zeitweise am Zähringerplatz, nun kann sie das Pfeiferhölzle wieder bedienen.
„Wir hoffen, dass sich die Lage im Laufe des Tages verbessern wird“, so Pape. Er bittet um Verständnis: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun alles Menschenmögliche, um die Fahrgäste sicher ans Ziel zu bringen.“ Fahrgäste sollten nur die Fahrten unternehmen, die notwendig sind.
Auch Bahnfahrer haben längere Reisezeiten
Sowohl die Schweizerischen Bundesbahnen als auch die Deutsche Bahn weisen auf ihren jeweiligen Internetseiten darauf hin, dass es witterungsbedingt zu Einschränkungen im Zugverkehr kommt. Laut Daniele Pallecchi, Pressesprecher der SBB, die auch den Seehas betreiben, mussten und müssen Bahnpassagiere am Freitag mit Zugausfällen und längeren Reisezeiten rechnen. „Wir empfehlen unseren Fahrgästen, vor der Abfahrt eine Fahrplanabfrage auf www.sbb.ch zu machen“, betont Pallecchi.
Im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Konstanz und Kreuzlingen/Kreuzlingen Hafen sei es zu vereinzelten Zugsausfällen und Verspätungen gekommen, so Werner Fritschi, Bereichsleiter Markt bei der SBB-Tochter Thurbo AG.
Gefahren durch Dachlawinen und herabfallende Äste
An einigen Stellen besteht Gefahr durch Dachlawinen, zum Beispiel in der Niederburg. Wegen der Schneemassen sind nach Angaben der Technischen Betriebe Konstanz einzelne Abschnitte in der Schwaketenstraße, in der Eichhornstraße, in der Honeggerstraße sowie im Salesianerweg gesperrt worden. Probleme bereitet auch die Vielzahl an umgestürzten Bäumen und herabfallenden Ästen, wie es aus einer Mitteilung der Polizei hervorgeht.
Denn: Wird der Schnee auf Bäumen zu schwer, können Äste oder Teile der Baumkrone unvermittelt abbrechen und auf den Boden stürzen. Die Gefahr besteht überall dort, wo Bäume unter den Schneemassen leiden. Sowohl im Wald als auch im Stadtgebiet ist besondere Vorsicht geboten.
OB bittet Bürger, Wald nicht zu betreten
Besonders hoch ist die Gefahr im Wald. Das Kreisforstamt beim Landratsamt Konstanz warnt die Bevölkerung vor dem Betreten des Waldes. Auch der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt schreibt: „Das schöne Wetter lädt dazu ein, den Schnee für einen Spaziergang oder zum Rodeln zu nutzen. Aber bitte meiden Sie Wälder und Parks. Der Schneebruch stellt aktuell eine akute Gefahr dar. Genießen Sie den Schnee, die Sonne und das Wochenende, aber am besten da, wo keine verschneiten Bäume stehen.“
Tage, bis Waldwege wieder begehbar sind
Die Leiterin des Forstreviers Konstanz, Irmgard Weishaupt, und ihr Team waren den ganzen Freitag über damit beschäftigt, vor allem Hauptverkehrsachsen zu räumen. Die Landesstraße L 220 zwischen Dettingen und Wallhausen musste gar gesperrt werden. „Wir sind noch dran, aber in gut zwei Stunden sollte auch diese Straße für den Verkehr freigegeben werden können“, sagte die Forstrevierleiterin kurz vor 16 Uhr auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Auch entlang der L 219 zwischen Allmannsdorf und Litzelstetten werde noch gearbeitet, so Weishaupt. Diese Straße musste jedoch nicht gesperrt werden. Anders als viele Radwege, die derzeit nicht befahren werden können, wie Weishaupt betont: „Und das wird auch noch einige Tage so bleiben.“
Bei einigen Bäumen fehlt nicht viel zur Entwurzelung
Bei vielen Bäumen seien die Kronen bereits abgebrochen. „Wenige Bäume wurden ganz entwurzelt, es kam aber zu vielen Wipfelbrüchen“, erklärt die Forstrevierleiterin. Vielerorts seien auch große Äste heruntergefallen. Und nach wie vor sei die Gefahr für Menschen im Wald groß.
„Bei einigen Bäumen fehlt nicht viel, dass sie entweder ganz entwurzelt werden oder ihr Krone bricht.“ Denn viele Bäume seien aufgrund der Hitze und Trockenheit der vergangenen Jahre geschwächt: „Sie sind weniger widerstandsfähig, da sie nicht die nötige Elastizität im Holz haben.“

Feuerwehr hatte Hunderte Einsätze
Auch die Feuerwehr ist seit Donnerstagmittag im Einsatz. Hauptsächlich wegen herabfallender Äste und umstürzender Bäume. Christopher Kutschker, Pressesprecher der Feuerwehr, sagt: „Am Freitag bis 13 Uhr hatten wir schon über 100 Einsätze.“ Zeitweise seien alle verfügbaren Kräfte im Stadtgebiet unterwegs gewesen. Sie würden vor allem dann gerufen, wenn Bäume drohen, auf Häuser und Autos zu stürzen. Zu Autounfällen hätte sie aber bisher nicht ausrücken müssen. Dass Personen zu Schaden gekommen seien, sei Kutschker ebenfalls nicht bekannt.
Sperrungen oft nicht ernst genommen
Auch ganze Straßen habe die Feuerwehr sperren müssen. Etwa den Weg zwischen der Bodenseetherme und dem Wasserwerk. Kutschker habe allerdings erleben müssen, dass diese Sperrungen nicht immer ernst genommen werden. „Dass ein Ast vom Baum abbricht, passiert so schnell, das merkt man gar nicht“, so Kutschker. Deshalb sein dringender Appell: „Nehmt die Warnungen ernst.“
Noch keine Person verletzt
Bisher ist laut Polizei allerdings noch keine Person in Konstanz und Umgebung zu Schaden gekommen. Vereinzelt sei es jedoch zu Verkehrsunfällen mit Sachschaden und zu Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen gekommen.
Ein Lastwagen steckte bei der Baustelle in Allensbach neben der Fahrbahn im hohen Schnee fest.
Schaden von mehr als 5000 Euro ist bei einem Verkehrsunfall am Donnerstag gegen 20.45 Uhr auf der Kaltbrunner Straße in Allensbach entstanden. Ein 28-jähriger Fahrer eines Opels fuhr nach Angaben der Polizei in Richtung Ortsmitte, als er aufgrund einer den Witterungsverhältnissen nicht angepasster Geschwindigkeit auf der leicht abfälligen Straße auf die Gegenfahrspur rutschte und mit einem entgegenkommenden Daimler-Benz eines 58-jährigen Mannes kollidierte. Verletzt wurde niemand.
Vorausschauende Fahrweise erforderlich
Die Polizei bittet die Verkehrsteilnehmer, den Witterungs- und Straßenbedingungen entsprechend vorsichtig, defensiv und vorausschauend zu fahren. Aktuell gesperrte Wege und Straßen sollten laut Polizei auf keinen Fall genutzt werden.

Räumdienste im Dauereinsatz – kein Ende in Sicht
Bereits seit dem Donnerstag sind die Mitarbeiter der Technischen Betriebe Konstanz (TBK) fast im Dauereinsatz. Laut Andreas Hoffmann, stellvertretender Leiter der Technischen Betriebe, seien alle Mitarbeiter der TBK am Donnerstag zwischen 7.30 Uhr und rund 22 Uhr in wechselnden Schichten im Einsatz gewesen. Auch am Freitag ging es für den Winterdienst früh los: um 4 Uhr morgens. „Ich gehe davon aus, dass wir bis 22.30 Uhr unterwegs sein werden“, so Hoffmann.
Welche Straßen räumt der Winterdienst?
Den Fokus lege die TBK beim Winterdienst auf Hauptverkehrswege, Radstrecken und Buslinien. Die Mainaustraße sowie die Reichenaustraße beispielsweise seien mehrfach geräumt worden. Erst in einem weiteren Schritt könnten Nebenstrecken ebenfalls geräumt werden. „Aber das ist ein Plus, dafür sind wir eigentlich nicht zuständig“, so Hoffmann.
Radstrecke entlang der Bahnlinie gesperrt
Einzelne Strecken hätten trotz des unermüdlichen Einsatzes des Winterdienstes dennoch gesperrt werden müssen. Beispielsweise die Radstrecke des Bodenseeradwegs entlang der Bahnlinie. Hoffmann sagt: „Dort besteht die Gefahr von Schneebruch, und wir können dort nicht räumen.“

Und: Wegen der Sonne, die den Schnee zum Schmelzen bringt, droht es auf den Straßen glatt zu werden. Deswegen sagt Hoffmann: „Die Leute müssen weiterhin aufpassen. Auch wenn geräumt ist, kann es auf den Straßen stellenweise glatt sein.“
Wann lag in Konstanz zuletzt so viel Schnee?
Immer mal wieder komme es auch in Konstanz zu heftigen Schneefällen. Zuletzt vor 15 Jahren. Genauer gesagt am 5. März 2006, so Hanns Ulrich Kümmerle vom Wetterdienst. Damals lag in Konstanz sogar noch etwas mehr Schnee als am Freitag. 41 Zentimeter Neuschnee seien damals gemessen worden. Mit 35 Zentimetern liegt der 24. Februar 1986 auf Platz zwei. Die jetzigen Schneemassen mit 31 Zentimetern schaffen es nur auf Platz fünf der schneereichsten Tage in Konstanz.