Die Aufgabe der Klinikseelsorge ist die psychologische Notversorgung, und zwar für Patienten, Angehörige und medizinisches Personal gleichermaßen. Jede Gruppe hat andere Sorgen und Ängste. „Bei den Angehörigen drehen sich sehr viele Gespräche um die Familie, aber auch um die eigene Gesundheit und um Existenzsorgen“, sagt die evangelische Pfarrerin Louisa Mallig. „Die Patienten selbst müssen sich nach überwundener Krankheit oft neu sortieren und fragen sich, wie sie wieder ans Leben anknüpfen können.“

Kontakt zwischen Patienten und Angehörigen ermöglichen

Bei Pflegern und Ärzten standen laut der katholischen Pastoralreferentin Elisabeth Gnan andere Themen an: Wie kann trotz aller Bestrebungen, die Ausbreitung des Virus zu verhindern, Kontakt zwischen Patienten und Angehörigen ermöglicht werden? Und wie kann weiterhin auf allen Stationen eine gute Sterbebegleitung mit einem würdevollen Abschied erfolgen?

„Darum haben wir sehr gerungen“, erzählt Louisa Mallig. Oft war es dann doch möglich, dass zumindest ein Angehöriger den Sterbenden begleitet. „Wir müssen in allen Fällen verantwortungsvoll abwägen, ob es sich um einen notwendigen Besuch oder nur um ein Bedürfnis handelt“, sagt Gnan.

Kommunikation findet digital statt

Bei ihrer Arbeit nehmen die Seelsorger auch die digitalen Möglichkeiten zu Hilfe. Kontakte finden mitunter über einen Tablet-PC statt. „Das hat die Klinik für Corona-Patienten organisiert, denen es besser geht. Wochenlang sahen sie nur Menschen mit Masken, da ist es für sie schön, zumindest auf dem Gerät ihre Angehörigen zu sprechen“, erzählt Louisa Mallig.

Auch so manche Konferenz innerhalb des Klinikpersonals findet digital statt. „Durch Videotelefonie hatten wir während der stärksten Corona-Phase eine intensivere Vernetzung im Haus als zuvor“, sagt Louisa Mallig. Zwar habe sich die Lage inzwischen entspannt, aber man wisse nie, wie es durch die Lockerung von Bestimmungen weitergehe.

Planungen für eine Klinikkapelle

Die Seelsorger nehmen auch die Bedürfnisse des belasteten Klinikpersonals stärker in den Blick. „Wir hatten einen Oasenraum für die Mitarbeiter eingerichtet“, sagt Mallig. LED-Licht, Musik und anregende Sätze sollten Kraft für den anstrengenden Alltag spenden.

Die Klinikseelsorger waren dort für Gespräche anwesend. Der Raum ist seit kurzem abgebaut. „Aber wenn es mit Corona wieder vermehrt losgehen sollte, können wir ihn schnell erneut einrichten“, so die Pfarrerin. Parallel laufen Planungen für eine Klinikkapelle/Raum der Stille.

„... da kam doch noch etwas Osterstimmung auf“

Zu Ostern ließen sich die Seelsorger einiges einfallen, um den Alltag im Klinikum etwas erträglicher zu gestalten. „Wir ließen mit dem Essen Grußkarten an die Patienten verteilen“, erzählt Elisabeth Gnan. Außerdem organisierten sie einen kleinen Ostergottesdienst im benachbarten Luisenheim.

„Der wurde in die Zimmer des Pflegeheims übertragen“, sagt die 53-Jährige. Drei Bläser spielten zudem Musik im Klinik-Innenhof. „Das Personal schaute aus den Fenstern, da kam doch noch etwas Osterstimmung auf.“ Was sie mit ihrer Arbeit bewirken wollen, formuliert Louisa Mallig so: „Wir möchten in diesen dunklen Zeiten ein bisschen Farbe ins Leben bringen.“

Ihre Kinder geben ihnen Kraft

Geraten sie dabei nicht selbst an ihre Grenzen? „Ich fahre schon manchmal nach Hause und denke: Und jetzt noch die Kinder“, sagt Mallig, Mutter von zwölfjährigen Zwillingen. „Doch die bringen mich sofort auf andere Gedanken und geben mir Kraft.“

Ihrer Kollegin geht es ähnlich: „Wir nutzen gern den Garten, außerdem kochen wir gemeinsam. Das lernen meine 12, 14 und 17 Jahre alten Kinder nun auch endlich“, sagt sie und lacht. Außerdem gehen beide in ihrem Beruf auf. „Ich wollte schon immer den Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Woher und Wohin der Menschen auf den Grund gehen und einen Beruf, in dem ich mit vielen verschiedenen Menschen zu tun habe“, sagt Elisabeth Gnan. „Ihnen einen Impuls und Hoffnung zu geben, macht dankbar.“

Stabilität in unsicheren Zeiten

Auch Louisa Mallig fühlt sich am rechten Platz. Die 39-Jährige stammt aus einer Medizinerfamilie und absolvierte zunächst verschiedene Praktika in Krankenhäusern. „Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Zeit mit den Menschen am wichtigsten ist“, sagt sie rückblickend.

„Wenn ich mit der pflegerischen Arbeit fertig war, habe ich mich oft noch zu den Patienten gesetzt.“ Sie wurde Pfarrerin statt Ärztin. Nun, einige Jahre später, orientiert sie sich immer noch am Bedarf der Mitmenschen. „Wir geben in diesen unsicheren Zeiten Stabilität“, sagt sie.

Zwei leitende Ärzte des Konstanzer Klinikums äußern ihren Dank an die Seelsorge.

Hans-Joachim Kabitz, Chefarzt Klinikum Konstanz.
Hans-Joachim Kabitz, Chefarzt Klinikum Konstanz. | Bild: Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz

So sagt Chefarzt Hans-Joachim Kabitz: „Als Außenstehender kann man sich kaum vorstellen, wie belastend die Gesamtsituation in der Corona-Krise für alle Mitarbeitenden im Gesundheitswesen und natürlich für Patienten und Angehörige ist – unser Team der Seelsorge gemeinsam mit unseren Kriseninterventionalisten leistet hier großartige Arbeit und stellt sicher, dass wir alle die notwendige Unterstützung bekommen. Hierfür bin ich als verantwortlicher Chefarzt unglaublich dankbar!“

Marcus Schuchmann, Ärztlicher Direktor.
Marcus Schuchmann, Ärztlicher Direktor. | Bild: Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz

Der Ärztliche Direktor Marcus Schuchmann sagt: „Notwendige Kontakt- und Besuchsverbote bei der Behandlung von Covid-19-Patienten bedeuten eine große Belastung für alle Beteiligten. Hier hilft die seelsorgerische Begleitung, besser mit der Situation zurechtzukommen.“