Nicht einmal drei Jahre ist es her, da war von 45.000 Euro die Rede, die vielleicht auf 75.000 Euro ansteigen könnten: So viel soll es im Herbst 2019 kosten, die bis dahin als Verein organisierte Konstanzer Musikschule unter das Dach der Stadtverwaltung zu holen.

Nachzulesen ist das in einem Dokument mit der Nummer 2019-4246, und dieses war auch die Grundlage für die Weichenstellung des Gemeinderats. Das Geld war geplant für die Begleitung durch eine Anwaltskanzlei in Stuttgart und für Notar- und anderen Verfahrenskosten.

Zunächst hoffte man, mit 45.000 Euro hinzukommen

Eineinhalb Jahre später schreckt ein neues Dokument einige Stadträte auf. Es trägt nun die Nummer 2021-1272. Es ist die Vorlage an den Gemeinderat vom März 2021. Da heißt es nun, für die Kommunalisierung der Musikschule – so heißt das Vorhaben offiziell – seien auch die bisher als Obergrenze beschlossenen 75.000 Euro nicht ausreichend. Es würden weitere 37.000 Euro gebraucht. Als „Risiko-Worst-Case-Abdeckung“, wie es im amtlichen Papier wörtlich heißt. Also für den schlimmsten aller denkbaren Fälle.

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Nur ein Jahr später wird deutlich: Es kommt offenbar doch noch schlimmer als alles, was denkbar schien. Es ist April 2022, die neuerliche Beschlussvorlage trägt nun die Nummer 2022-2208. Der Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats möge weitere 29.048 Euro freigeben, um neuerliche Kosten für die Veränderungen bei der Musikschule tragen zu können.

Zur öffentlichen Debatte kommt es zunächst nicht, stattdessen findet eine Videokonferenz mit einigen Kommunalpolitikern und dem Musikschul-Chef statt. Doch das Thema bleibt nicht hinter verschlossenen Türen.

Am Ende haben sich die Kosten mindestens verdoppelt

Nun, im Juli 2022, ist klar: Aus zunächst geplanten 45.000 bis höchstens 75.000 Euro sind 141.048 Euro geworden. Ein Verwaltungsvorgang, dem auch Kritiker bescheinigen recht komplex zu sein, hat, je nach Lesart am Ende doppelt oder sogar dreimal so viel gekostet wie geplant. Und wie es die Grundlage für den Beschluss war. SPD-Stadtrat Jan Welsch fasst es in zwei Worte: „Nicht nachvollziehbar.“

Die stehen beide für ein neues Miteinander: Insa Pijanka, Intendatin der Südwestdeutschen Philharmonie, und Dieter Dörrenbächer, Leiter ...
Die stehen beide für ein neues Miteinander: Insa Pijanka, Intendatin der Südwestdeutschen Philharmonie, und Dieter Dörrenbächer, Leiter der Musikschule Konstanz, hier bei einem Gemeinschaftskonzert von Schülern und Profis im Jahr 2021. | Bild: Scherrer, Aurelia

Was war passiert? Die Musikschule, die zwar von der Stadt finanziell stark getragen wird, war als Verein organisiert – eine Form, die nicht so recht zum Inhalt passte. Zugleich hat die Stadt ein großes Engagement im Bereich Musik, die Südwestdeutsche Philharmonie.

Also legte der Gemeinderat fest, dass die Musikschule unter das Dach der Philharmonie geholt werden solle und beide zusammen einen Eigenbetrieb bilden – das ist, vereinfacht gesagt, so etwas zwischen einer Dienststelle und einer städtischen Firma. Dafür brauche es externe Beratung, hieß es 2019, und dem stimmte der Gemeinderat zu.

Eine Stuttgarter Kanzlei erhält den größten Teil der Summe

Der größte Teil der rund 141.000 Euro – es ist laut Stadtverwaltung die Schlussabrechnung – ging dabei an die Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler, eine kleineren Teil machen Notar- und andere Gebühren aus. Und das für einen Vorgang innerhalb einer Stadtverwaltung, die selbst ein Rechtsamt und große Erfahrungen mit Beteiligungen hat.

Roger Tscheulin, CDU-Fraktionschef und selbst Rechtsanwalt, sagt: Das hätte man auch anders machen können. Und der Vorgang solle eine Mahnung sein, „dass wir für solche Prozesse nicht immer solche Beratungsleistungen in Anspruch nehmen können.“

SPD-Mann Jan Welsch, im Hauptberuf ebenfalls Rechtsanwalt, wird noch deutlicher: Bei der Umwandlung der Musikschule gab es nach seinen Worten „Fragen, die sind gar nicht juristischer Natur, die werden dann mit anwaltlichen Stundensätzen geklärt.“ Sehr klare Worte waren das vor wenigen Tagen im Haupt- und Finanzausschuss – die Stadt hätte demnach Geld verschwendet.

Jürgen Faden von den Freien Wählern, sonst häufig mit Spar-Appellen zu hören, zeigte sich irritiert, aber man müsse nun wohl zahlen. Achim Schächtle (FDP) forderte für die Zukunft: „Weniger Gutachter und weniger Beratung, mehr gesunder Menschenverstand!“

Schon 2019 waren mehr Transparenz und Kontrolle gewünscht

Die Vertreter der Verwaltung, Andreas Osner als zuständiger Bürgermeister, Michael Schwarz als Kämmerer, Oberbürgermeister Uli Burchardt, widersprachen in der Sitzung nicht. Weitere Kosten sollen nicht mehr auflaufen, heißt es in der Vorlage der Verwaltung.

Und das Ziel, warum die Musikschule überhaupt enger an die Verwaltung gebunden werden soll? Unter anderem ging es damals, so steht es in einer amtlichen Ratsvorlage mit Verweis auf bestehende Defizite in diesen Bereichen, um mehr Transparenz und mehr demokratische Kontrolle über eine Einrichtung, die immerhin mit einer dreiviertel Million Euro pro Jahr aus Steuergeldern gefördert wird.

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